"Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne": Dieser Vers aus Hermann Hesses "Stufen" ist in den allgemeinen Sprachgebrauch eingesickert. Er verweist aber auch darauf, wie eng die Rede vom Debüt mit der Schauseite des Buchmarkts verwoben ist: Wie an der Börse werden Wetten auf die Zukunft abgeschlossen. Fast so wichtig wie der Text zwischen den Buchdeckeln sind die Gesichter, die Geschichten der Autoren, der Autorinnen, die auf der Bühne des Literaturbetriebs erstmals in Erscheinung treten. Man erinnere sich an Robert Schneiders Debüt "Schlafes Bruder" (1992), das Reclam Leipzig veröffentlichte – das zuvor von 24 Verlagen abgelehnte Buch wurde zum Welterfolg. Judith Hermann avancierte zur Galionsfigur einer "Fräuleinwunder"-Literatur, nachdem ihr Debüt "Sommerhaus, später" in der Collection S. Fischer erschienen war, samt Renate von Mangoldts berühmtem Autorinnenporträt.
Wenn im Betrieb vom literarischen "Erstling", diesem "Nullmeridian der Autorentätigkeit" (Julia Amslinger), die Rede ist, meint man in der Regel nicht das Gedicht- oder Dramendebüt, sondern den Debütroman, die Königsdisziplin unter den Gattungen. In der Corona-Pandemie hatten es Debüts besonders schwer – so schwer, dass Autorenverbände wie der VS Alarm schlugen. Doch die Verlage investieren nach wie vor in neue Autorinnen und Autoren. Das gilt für Konzerne und Indies gleichermaßen. In glücklichen Momenten gehen literarische Qualität und Markterfolg Hand in Hand – so wie bei Ruth-Maria Thomas’ im Sommer 2024 erschienenem Debüt "Die schönste Version" (Rowohlt), das für den Deutschen Buchpreis und den aspekte-Literaturpreis nominiert war und wochenlang auf der "Spiegel"-Bestsellerliste stand.