Kundenmonitor Deutschland 2022

Digital unterwegs und unzufrieden

8. September 2022
von Börsenblatt

Viele Kundinnen und Kunden erleben im digitalen Raum Enttäuschungen. Vor allem Banken und Versicherungen sorgen für Frust. Der Handel steht recht gut da, sagen die Forscher.

Die steigende Nutzung von Onlinelösungen führe bei Verbrauchern zu neuen Leistungsfeldern, an denen sie ihre Zufriedenheit mit Handels- und Dienstleistungsunternehmen festmachen. Bislang hätten die vor Ort erbrachten Leistungen der Mitarbeiter stark im Beurteilungsfokus gestanden. Das ändert sich laut Kundenmonitor Deutschland gerade dramatisch. Mit der Einführung digitaler Lösungen wie Onlineportale, Apps und Selfscanning müssten nun vielfältige Nutzertypen gleichermaßen begeistert werden. Das gelingt oft nicht. Die Ergebnisse des Kundenmonitor Deutschland 2022 bescheinigen dem Einzelhandel aber erste Erfolge in der Umsetzung, während Banken und private Krankenversicherungen massiv in der Kundengunst verloren haben.

Situation im Einzelhandel

von 1,83 nochmals um zwei Basispunkte in der Kundenzufriedenheit auf ein Allzeithoch. dm-drogerie markt behauptet etwa seine Topposition mit signifikantem Unterschied zum Durchschnitt. In einem ansonsten stabilen Wettbewerbsumfeld kann einzig Müller seine Zufriedenheit insgesamt sowie bei Merkmalen zur Website, zum Onlineshop und zur App deutlich steigern. Dies zahlt sich in höheren Zustimmungen zum Merkmal „Müller bietet zeitgemäße Lösungen zur Digitalisierung an“ aus.

Bei Lebensmittelmärkten geht die Schere auseinander: Die signifikant niedrigeren Zufriedenheiten von Edeka und Rewe führen insgesamt zum Verlust von sieben Basispunkten bei den Vollsortimentern. Aldi und Lidl tragen mit ihren überdurchschnittlichen Bewertungen dagegen weiter zur Stabilisierung der Discounternoten bei. Aldi Süd geht dabei knapp vor Lidl über die Ziellinie. Mit leichten Steigerungen verteidigt Globus, dicht gefolgt von den E-Centern den Spitzenplatz bei den Großflächen. Für den LEH insgesamt bedenklich entwickeln sich jedoch die in den letzten Monaten stark nachlassende Kundenbegeisterung und die sinkende Preis-Leistung-Beurteilung.

Die Gesamtzufriedenheit bei Bau- und Heimwerkermärkten ist mit einem Mittelwert von 2,21 von hoher Stabilität geprägt. Hornbach und Globus Fachmärkte teilen sich wertgleich den Spitzenplatz. Die Detailanalyse der 58 abgefragten Einzelmerkmale zeigt zwar deutliche Unterschiede in der Schwerpunktsetzung einzelner Baumärkte, jedoch auf Branchenebene ebenfalls eine hohe Wertekonstanz. Die gesteigerten Kundenbeurteilungen zu Wartezeit an der Kasse und bei Websiteinhalten sowie Inspiration machen deutlich, dass für Baumärkte Online- wie Filialprozesse gleichermaßen weiter für Qualitätsverbesserungen im Fokus stehen. Ein weiterer Beleg für eine gelungene Anpassung an neue Herausforderungen der Kunden: Obi als größter Filialist verbessert sich bei einzelnen Websitemerkmalen wie Tipps und Tricks zur Verwendung der Produkte sowie Inspiration ebenso wie bei der Qualität der fachlichen Beratung im Markt signifikant.  

Banken und Vesicherungen haben Nachholbedarf

Die Banken avancieren im Kundenmonitor 2022 mit einem Zufriedenheitswert von 2,27 zur Negativstory. Die Rückgänge spiegeln sich dabei nicht allein bei den von Finanzrahmenbedingungen wie Niedrig-/Negativzinsen geprägten Preis-Leistungs-Bewertungen wider.

Vielmehr kommen Banken zusätzlich bei klassischen Basisqualitäten unter Druck:

  • Transparenz der Kontoführungsgebühren
  • Verständlichkeit der Unterlagen
  • Angebot an Geldausgabeautomaten
  • wahrgenomme Filialleistung

Für Wartezeiten bei Call Center-Anrufen sind die niedrigsten Werte aller Zufriedenheitsmerkmale und für die Beratungsqualität des persönlichen Ansprechpartners die größten Verluste zum Vorjahr nachweisbar.

Verstärkt werden diese vermehrten Enttäuschungen der Kunden durch signifikant sinkende Bewertungen für:

  • Online Banking
  • Mobile Banking
  • und für die Zufriedenheit mit den gebotenen App-Lösungen.

Die privaten Krankenversicherungen scheinen auf veränderte (digitale) Kundenerwartungen ebenfalls nicht genügend vorbereitet zu sein. Gründe hierfür sind einerseits in Preis-Leistungs-Defiziten bei privaten Krankenversicherungen zu finden, andererseits in stark nachlassenden Erreichbarkeiten und steigenden Wartezeiten bei telefonischen Anfragen. Darüber hinaus spielen sie bei Zufriedenheit mit dem persönlichen Kundenbereich im Netz und den Apps trotz höherer Nutzungsquoten in einer niedrigen Werteliga.

Wichtige Erkenntnisse des Kundenmonitors zusammengefasst:

Pluspunkte kann der Handel sammeln durch das Stärken folgender Punkte:

  • Transparenz
  • Geringe Wartezeit am Telefon
  • Einfache Recherchemöglichkeiten für Produkte online
  • Relevante persönliche Empfehlungen auf der Fläche und auf digitalen Kanälen
  • Leicht bedienbare Onlineshops – idealerweise in Form von Apps
  • Services wo möglich auch digital zugänglich machen
  • Ein klarer Mehrwert vor den Einkauf Ort
  • Hoch qualifiziertes Personal

Digitale Kundenprofile

Der Kundenmonitor Deutschland 2022 hat auch ein digitales Profil der Verbraucher:innen erstellt:

Demnach konnten sich bereits die Hälfte der Verbraucher bereits vorstellen, in einem vollautomatisierten Supermarkt einzukaufen. Die Akzeptanz dürfte durch die steigende Zahl entsprechender Märkte (Vorreiter ist aktuell tegut) weiter steigen.

Zur Studie:

Für Best Practice Projekte in verschiedenen Branchen erhebt der Kundenmonitor Deutschland der ServiceBaromter AG jährlich zentrale Kennzahlen zur Zufriedenheit, zu erkannten Wettbewerbsvorteilen und zur Weiterempfehlung von Kunden sowie zu zentralen Verbrauchertrends. Die Studie 2022 basiert auf insgesamt 27.687 Befragten (Bevölkerung ab 16 Jahre, quotiert, über Online Access Panel). Die Detailberichte liefern Ergebnisse für einzelne Unternehmen und deren Wettbewerbern. Für die Ausgabe 2022 wurden 15 Branchen untersucht.