50. Ausgabe des "Weltempfängers"

"Nachhilfe" in puncto Diversität

23. April 2021
von Matthias Glatthor

Literatur aus Afrika, Asien, Lateinamerika und der arabischen Welt hierzulande bekannt zu machen, dem hat sich die Litprom-Bestenliste verschrieben. Es gibt sie seit rund zwölf Jahren, im Frühjahr erschien die 50. Ausgabe des verdienstvollen "Weltempfängers". Am 24. und 25. April präsentiert der "Weltempfänger" nun die Litprom-Literaturtage 2021 als Online-Veranstaltung.

Der "Weltempfänger", die Bestenliste für außereuropäische Literaturen, wurde 2008 von Ilija Trojanow angeregt, der bis vor Kurzem dann Mitglied der Jury war. Litprom, 1980 gegründet als "Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika", hatte den Vorschlag seines langjährigen Mitglieds gerne aufgegriffen. Seit nunmehr rund zwölf Jahren erscheint der "Weltempfänger" viermal jährlich. Berücksichtigt werden alle Genres: Roman, Erzählungen, Gedichte, Graphic Novels und Kriminalromane. Zudem rekrutiert sich seit 2013, als Litprom den 1987 gegründeten LiBeraturpreis übernommen hat, die Shortlist dieses Preises aus Autor*innen der Weltempfänger-Listen eines Jahrgangs. Die Gewinnerin wird jeweils durch ein Publikumsvotum bestimmt.

Im Frühling ist der 50. Weltempfänger erscheinen – ein Grund zu einer kleinen Bilanz.

50 Weltempfänger in Zahlen

  • 350 Titel standen bisher insgesamt auf der Litprom-Bestenliste
  • 102 davon stammten von Autorinnen. Dazu sagt die Anita Djafari, Litprom-Geschäftsleiterin von 2009 bis 2020: "Egal, wie oft wir was zählen, wir landen immer bei einer Frauenquote von 25 bis 30 Prozent. Es wird allmählich besser, am Anfang gab es manchmal keine oder nur bis zu zwei Autorinnen auf dem Weltempfänger, inzwischen sind es meistens drei bis vier."
  • Top 3 der Länder mit den meisten Autor*innen auf dem Weltempfänger: 1. Argentinien – 2. Südafrika – 3. Indien. Das erklärt sich laut Anita Djafari aus der Größe der jeweiligen Industrien der Länder.
  • 78 Titel hatten eine Übersetzungsförderung von Litprom erhalten. Hier gebe es nicht so viele Überschneidungen, wie man denken würde, so Djafari. Zum einen hätten einige Länder eigene Förderprogramme, die sie im Zuge ihres Ehrengastauftritts auf der Frankfurter Buchmesse aufgelegt haben (etwa Argentinien oder Brasilien), zum anderen würden längst nicht alle Verlage Anträge bei Litprom stellen. Außerdem berücksichtige der Weltempfänger auch Autor*innen aus Israel, der Türkei, Korea und Japan, Länder, die bis vor kurzem nicht im Übersetzungsförderprogramm von Litprom waren.

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Wie viele Autor*innen standen mit ihrer ersten deutschen Ausgabe auf dem Weltempfänger? "Da gibt es keine verlässlichen Zahlen, aber es ist ein sehr großer Teil", sagt Djafari. "Beispiele sind Eduardo Halfon, der seit der ersten Erwähnung auf dem Weltempfänger mit seinem ersten auf Deutsch erschienenen Buch mehrere Titel vorgelegt hat, ebenso Juan Gabriel Vasquez." Es würden aber auch Neuauflagen von länger vergriffenen Titeln berücksichtigt.

Für welche Autor*innen war der Weltempfänger für einen Erfolg auf dem deutschen Buchmarkt hilfreich? "Erfolgsgeschichten haben meist mehrere Ursachen. Mit Fug und Recht kann der Weltempfänger aber für Fariba Vafi aus dem Iran eine solche reklamieren. Ohne die Förderung, einen Platz auf dem Weltempfänger und die Auszeichnung mit dem LiBeraturpreis, wäre sie hierzulande überhaupt nicht bekannt geworden. Jetzt ist sie mit einem Stipendium beim DAAD in Berlin für ein Jahr. Das ist besonders interessant, weil sie nicht im Exil lebt, sondern immer im Iran geblieben ist", so Djafari

Der Weltempfänger – heute immer noch wichtig?

Hier betont Anita Djafari: "Ich meine, dass der Weltempfänger heute eine noch viel größere Relevanz hat. Es gibt den Ruf nach Diversität und den Anspruch, aber das spiegelt sich nicht im Handel und Käuferverhalten wider. Da braucht es noch kräftige Nachhilfe."

Litprom-Literaturtage

Die Litprom-Literaturtage 2021 am 24. und 25. April stehen unter dem Motto "Global vernetzt oder jede*r für sich?", finden online im Literaturhaus Frankfurt statt – und werden vom "Weltempfänger" präsentiert. In Kooperation mit dem Literaturhaus Frankfurt. Das Programm wird kuratiert von Barbara Weidle und Zoë Beck.

Es geht um Vernetzung und Einsamkeit — zwei Seiten einer Medaille in der globalisierten Gesellschaft. Wie verbinden wir uns miteinander in einer sich ständig im Ausnahmezustand befindlichen Welt? Und die Autor*innen erzählen von der sich verändernden Rolle der Frauen, dem Kampf um das wirtschaftliche Überleben, Rassismus und moderner Sklaverei, Vernetzung und Unterwegssein.

Gäste sind:

  • Yvonne Adhiambo Owuor – Kenia
  • Larissa Bender (Übersetzerin aus dem Arabischen)
  • Katja Cassing (Übersetzerin aus dem Japanischen)
  • Helon Habila – Nigeria / USA
  • Gudrun Ingratubun (Buchkünstlerin)
  • Mieko Kawakami - Japan
  • Intan Paramaditha – Indonesien / Australien
  • Pilar Quintana – Kolumbien
  • Annika Reich – Deutschland
  • Samanta Schweblin – Argentinien / Deutschland
  • Zukiswa Wanner – Südafrika

Der Ticketverkauf läuft über das Literaturhaus Frankfurt.