Die Presse zur Leipziger Buchmesse

Nur eine Absage oder tatsächlich ein Ende?

10. Februar 2022
von Börsenblatt

Die Absage der Leipziger Buchmesse hat in der Presse ein unterschiedliches Echo ausgelöst. Während zahlreiche Stimmen den Verlust betrauern, wachsen bei anderen Zweifel, ob das Messeformat in der derzeitigen Form noch zukunftstauglich ist.

Vor allem mittelgroße und kleine Verlage sieht die "Berliner Zeitung" von der Messeabsage betroffen. Sie hätten in besonderem Maße "von der Werbewirkung der Veranstaltung profitiert". Der dritte Ausfall in Folge bedeute einen großen "Verlust an Sichtbarkeit". Wenn die großen Verlage nicht mehr in Standflächen investierten, würden sich die vielen kleinen Kojen der anderen Verlage für die Veranstalter nicht mehr rechnen. Hinter die Ankündigung, dass die Messe 2023 wieder stattfinden soll, setzt der Autor des Artikels ein Fragezeichen: "Braucht man sie wirklich noch im vierten Jahr?"

Gerrit Bartels nennt im "Tagesspiegel" die "mangelnde Planbarkeit" und die Gefährdung der Mitarbeiter durch die Pandemie als Gründe, vermutet aber, dass sich mancher Verlag gefragt hat, nicht zuletzt nach der Frankfurter Buchmesse 2021, ob Aufwand und Ertrag eines Messeauftritts noch in einem ordentlichen Verhältnis stehen. Die Verlage gingen dazu über, Messeausfälle durch andere Aktivitäten zu kompensieren. "Messen könnten bald nicht mehr die Fix- und Höhepunkte einer Buchsaison darstellen", so Bartels' Befürchtung.

Die ambivalente Rolle der großen Verlagsgruppen analysiert Felix Stephan in der "Süddeutschen Zeitung". "In einem Moment großer Fragilität” (Hauke Hückstädt) zeigten große Verlage ein zweites Gesicht. Viele trauten ihnen zu, die Leipziger Buchmesse komplett beendet zu haben, und zwar ein für allemal. Helge Malchow, der langjährige Verleger und jetzige editor at large von Kiepenheuer & Witsch, wird von Stephan mit den Worten zitiert, das Absagemanöver sei ein ”Angriff der Betriebswirtschaftler in den großen Verlagen auf den Kern dessen, was wir als Verleger weiterhin zwingend tun müssen: Bücher ins Gespräch bringen, auch von noch unbekannteren Autorinnen und Autoren.” Es sei ein Trugschluss, ”nun zu sagen: Das machen wir nur noch digital, geht doch auch so.” Dabei gehe ein wesentliches Stück Buchkultur verloren, und zwar, wie er befürchte: ”dauerhaft", so das Zitat Malchows.

"Gibt es überhaupt ein Wiedersehen", fragt die "Mitteldeutsche Zeitung". Die Pandemie erweise sich als "Treiber für kulturelle Entwicklungen", die auch die Leipziger Buchmesse nicht verschonen. Was im Messegewerbe auch digital machbar sei, müsse vielleicht gar nicht mehr analog durchgezogen werden, so die Frage des Autors. Und wenn es schon nur einen westdeutschen Literaturbetrieb gebe, müsse man dann einen Messebetrieb im Osten erhalten? Roman Pliske, Geschäftsführer des Mitteldeutschen Verlags in Halle, sieht die dritte Leipziger bereits als eine endgültige Absage.
„Ich habe die Befürchtung, dass die Leipziger Buchmesse Geschichte ist", heißt es in der "Mitteldeutschen".

"Leipzig schafft sich ab" titelt Mara Delius in der "Welt" und meint damit vor allem die Tatsache, dass große Verlage durch ihre Absage für das Aus der Messe gesorgt hätten. Man müsse abwarten, ob die für 2023 geplante Leipziger Buchmesse noch die Relevanz haben wird, die man ihr bis 2020 attestierte.