"Literatur, die uns alle angeht"

Christine Lavant Preis 2025 für Ulrike Draesner

17. September 2025
Redaktion Börsenblatt

Die Lyrikerin, Romanautorin, Essayistin und Übersetzerin Ulrike Draesner erhält den mit 15.000 Euro dotierten Christine Lavant Preis 2025. Sie gehöre zu den profiliertesten Schriftstellerinnen des deutschen Sprachraums, so die Jury.

Foto von Ulrike Draesner

Ulrike Draesner

In der Begründung der Jury heißt es weiter: "Ulrike Draesner überzeugte mit ihrem ebenso vielfältigen wie umfangreichen Gesamtwerk. Sowohl ihre Gedichtbände als auch ihre Romane gehören seit Jahrzehnten zum Lesenswertesten, was die deutschsprachige Gegenwartsliteratur zu bieten hat.

Mit Themen wie Erinnerung und Körperlichkeit, Vertreibung und Flucht sowie Neuinterpretationen von Geschichte und Mythen aus Frauenperspektive behandelt die Autorin im Großen wie im Kleinen die drängenden Fragen unserer Zeit. Ihre Freude am Erzählen und der auch physischen Wirkmacht poetischer Sprache ist ansteckend, fast unmerklich werden dabei die Grenzen unserer Wahrnehmung von Literatur und Welt erweitert.

Ulrike Draesners Bücher sind sprachlich anspruchsvoll, aber nie überfordernd, lehrreich, aber nie belehrend. Ob sie nun das Entstehen menschlichen Sprechens in einem mehrspaltigen Versepos darstellt oder heiter über die Wechseljahre philosophiert: Sie schreibt Literatur, die uns alle angeht, Literatur, die man gerne rezipiert, kurz: Literatur, wie sie heute gebraucht wird."

Der sechsköpfigen gehörten Manfred Müller, Gudrun Hamböck, Andreas Unterweger, Erich Klein, Alma Vallazza und Karin S. Wozonig an, wie die Internationale Christine Lavant Gesellschaft mitteilt.

Zur Preisträgerin:

Ulrike Draesner stammt aus München. Sie studierte an den Universitäten München, Salamanca und Oxford Anglistik, Germanistik und Philosophie und arbeitete als wissenschaftliche Assistentin am Münchner Institut für Deutsche Philologie. Im Jahre 1993 gab sie ihre wissenschaftliche Laufbahn zugunsten der schriftstellerischen Arbeit auf. Seit 2018 ist sie Professorin für Deutsche Literatur und Erasmus-Koordinatorin am Deutschen Literaturinstitut Leipzig.

Draesner verfasst in erster Linie Lyrik und Prosa. Sie arbeitet häufig zusammen mit bildenden Künstlern und Schriftstellerkollegen an sogenannten "intermedialen" Projekten. Dabei treten Draesners Texte mit Kunstformen wie Bildhauerei, Aktionskunst und Musik in ein Spannungsverhältnis. Bis jetzt liegen weit über 20 Buchveröffentlichungen vor, u.a. "Subsong" (Gedichte, 2014), "Eine Frau wird älter. Ein Aufbruch" (2018), "Schwitters" (Roman, 2018), "doggerland" (Gedicht, 2021), "Die Verwandelten" (Roman, 2023). Im Sommer dieses Jahres sind "penelopes sch( )iff. postepos" über den größten Mythos der abendländischen Kulturgeschichte im Penguin Verlag erschienen sowie im Wallstein Verlag ihre Göttinger Lichtenberg-Poetik-Vorlesung unter dem Titel "Sich ein Herz fassen".

Ihr Werk wurde mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet, u.a. dem Eichendorff-Literaturpreis, dem Gertrud-Kolmar-Preis, der Frankfurter Poetik-Dozentur, dem Usedomer Literaturpreis. Im Jahre 2021 erhielt Draesner den mit 50.000 Euro dotierten Großen Preis des Deutschen Literaturfonds

Ulrike Draesner ist auch als Übersetzerin tätig. Von ihr stammen auch einige Übersetzungen aus dem Englischen, darunter zwei Bände der 2020 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichneten amerikanischen Lyrikerin Louise Glück.

Matinee und Preisverleihung

Die Preisverleihung findet am Sonntag, den 5. Oktober 2025, um 11 Uhr im RadioKulturhaus in Wien statt und wird von herausragenden Künstlern und Künstlerinnen gestaltet: die international bekannte Film- und Theaterschauspielerin Sophie von Kessel wird Lyrik und Prosa von Christine Lavant lesen. Drei Musiker – Edgar Unterkirchner am Saxophon, Hannah Senfter an der Harfe und Tonč Feinig am Piano – werden die Matinee musikalisch umrahmen. ORF Kulturchef Martin Traxl moderiert.

Der Christine Lavant Preis für Lyrik und Prosa würdigt Schriftsteller und Schriftstellerinnen, die in ihrem literarischen Schaffen – so wie Christine Lavant – einen hohen ästhetischen Anspruch mit humaner Haltung und gesellschaftskritischem Blick vereinen. 2025 wird die Auszeichnung bereits zum 10. Mal vergeben. Die bisherigen Preisträger und Preisträgerinnen sind Kathrin Schmidt, Bodo Hell, Claus Merz, Angela Krauß, Judith Schalansky, Maja Haderlap, Alois Hotschnig, Yevgeniy Breyger und 2024 Ann Cotten.

Weitere Informationen zur Internationalen Christine Lavant Gesellschaft finden sich auf der Website www.christine-lavant.com