Spiegel Buchpreis 2025 an Rachel Kushner

"Für einen tiefschürfenden Ideenroman zu witzig"

21. November 2025
Matthias Glatthor

Dass die US-Autorin Rachel Kushner für "See der Schöpfung" (Rowohlt) den ersten Spiegel Buchpreis gewinnt, hatten die Hamburger bereits am Vormittag des 20. November gemeldet. Die Preisverleihung folgte abends im Spiegel-Haus. Das Börsenblatt war dabei.

Bei der Preisverleihung im Spiegel-Haus (v.l.): Dirk Kurbjuweit, Rachel Kushner und Laudatorin Eva Horn

Bei der Preisverleihung im Spiegel-Haus (v.l.): Dirk Kurbjuweit, Rachel Kushner, die das eingerahmte Spiegel-Cover erhielt, und Laudatorin Eva Horn

Bei der Preisverleihung ab 19 Uhr im Spiegel-Haus im kalten Hamburg, draußen gab es Minusgrade, waren Rachel Kushner und ihre Übersetzerin Bettina Abarbanell anwesend. Ein sympathisches Duo. Das Spannungslevel hielt sich zwar in Grenzen, da die Preisträgerin des undotierten Spiegel Buchpreises schon vorab feststand. Dennoch wurde es ein schöner Abend in lockerer Atmosphäre. Als Räumlichkeit hatte man die Kantine im Erdgeschoss gewählt. "Am Mittag haben wir hier noch gegessen", erzählte Julia Pollak, Spiegel-Verlag Unternehmenskommunikation, mit einem Augenzwinkern – am Abend wurde ein schickes Ambiente für den Buchpreis geschaffen. Bei gedämpften Licht war viel Spiegel-Rot zu sehen, auf Displays wurden die 20 nominierten Bücher präsentiert. Zum Hineinblättern waren alle auch auf einem runden Tisch am Eingang ausgelegt. Vor der kleinen Bühne am anderen Ende waren Stuhlreihen für rund 140 Gäste aufgebaut. Ungefähr so viele Menschen hatten sich auch eingefunden, etliche davon von "Spiegel" und Rowohlt Verlag. Auf die Sponsoren genialokal.de und Media Control wurde deutlich hingewiesen.

"Warum sagst Du denn nichts?"

An der Bar gab es für die Ankommenden Getränke, schnell bildeten sich Gesprächsgruppen – bis theatermäßig Gongschläge darauf hinwiesen, dass es an der Zeit sei, die Plätze einzunehmen. Das Grußwort sprach Spiegel-Chefredakteur Dirk Kurbjuweit: "Dies ist eine Premiere, mir ist ganz feierlich zumute", hob er an, und betonte nach vereinzeltem Lachen aus dem Plenum: "Das meine ich ernst". Warum noch ein Buchpreis? Die Frage, die auch kritische Stimmen aus den Feuilletons gestellt hatten, beantworte er damit, das der Spiegel schon immer dem Buchmarkt stark verbunden gewesen sei – über eigene Literaturkritiker und die Spiegel-Bestsellerliste. Die Idee zum Spiegel Buchpreis für Belletristik als Ergänzung kam ihm im Frühjahr, es sollte ein internationaler Wettbewerb sein – das sei ein Novum hierzulande. Was literarische Qualität sei, könne er als "Wirtschaftsmann" nicht genau beurteilen, für ihn sei ein gutes Buch beim Lesen mit einem Gefühl verbunden, "dieses Gefühl heißt Überwältigung".

Anschaulich schilderte er als Beispiel seine Begegnung mit "Horcynus Orca" (S. Fischer, 2015; Ü: Moshe Kahn) von Stefano D'Arrigo, einen über 1.400 Seiten starken Roman über sizilianische Fischer im Zweiten Weltkrieg – den er in einem Sizilien-Urlaub verschlang und darin quasi versank (obwohl er sich gar nicht für sizilianische Fischer im Zweiten Weltkrieg interessiere). "Warum sagst Du denn nichts? Warum redest Du so merkwürdig?", hatte ihn seine damalige Frau auf der Terrasse gefragt (er hatte sich den Tonfall der Fischer angeeignet). Auch Kushners Buch habe er in Syrakus ("zum Glück ohne Familie"), sein Lieblingsurlaubsziel, gelesen, war ebenfalls überwältigt – verriet, dass er während der Lektüre kaum aus seinem Hotelzimmer kam. "Vielen Dank für meine neuen Gefährten".

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