Das Buchbranchen-Update

Rechtsformen für Buchhandlungen +++ Erfolgreiche WUB +++ Brisantes KI-Urteil

17. November 2025
Redaktion Börsenblatt

Der Börsenblatt-Podcast "Die Nachlese" fasst zum Wochenanfang kompakt zusammen, was in der Buchbranche los war. Diese Woche mit den Themen "Rechtsformen für Buchhandlungen", "Erfolgreiche WUB" und "Brisantes KI-Urteil".

Nachlese Podcast-Cover (Mock-up)

Die Nachlese erscheint jeden Montag

GbR, GmbH, UG oder Genossenschaft? Wer eine Buchhandlung gründet oder übernimmt, muss sich für eine Rechtsform entscheiden. Die Unterschiede zwischen diesen Rechtsformen sind ziemlich krass, etwa was die Entscheidungsbefugnis angeht, die Haftung, das notwendige Startkapital, die Gründungskosten oder die laufenden Kosten. Das Börsenblatt hat mit Buchhändler:innen und mit Betriebsberaterin Ellen Braun über Vorteile und Nachteile der verschiedenen Modelle gesprochen und herausgefunden: So manche Buchhändler haben die Rechtsform schon gewechselt. Viele spannende Details dazu gibt's auf Börsenblatt online. Den Link findet ihr in den Shownotes. 

1.072 Indie-Buchhandlungen haben sich von 1. bis 8. November an der Woche unabhängiger Buchhandlungen beteiligt: "Eine grandiose Festwoche, in der die Leistungen der Buchhandlungen sichtbar geworden sind", zieht Buchhändlerin Dorothee Junck vom Orgateam auf boersenblatt.net eine erste Bilanz. Die Social-Media-Kanäle seien "explodiert", die Bookstore Crawls in Hannover, Bremen und Frankfurt hätten großes Potenzial für Nachahmer im kommenden Jahr. Die Regionalpresse habe über, Zitat, "Die schönste Massenbewegung der Buchbranche" stark berichtet. Auf boersenblatt.net gibt's mehr Details und eine Bildergalerie zur WUB. 

Und sonst? 

Es betrifft unter anderem Songs von Helene Fischer und Rolf Zuckowski: OpenAI wurde wegen der Nutzung gemapflichtiger Liedtexte durch ChatGPT verurteilt. Das Verfahren könnte die Praxis generativer KI in Europa grundlegend beeinflussen – von Musik über Literatur bis Journalismus. Das Landgericht München sah es als erwiesen an, dass ChatGPT Liedtexte "memorisiert" und teils "exakt" oder "weitgehend identisch" ausgegeben hatte. Damit liege eine urheberrechtlich relevante Vervielfältigung vor. OpenAI darf laut Urteil keine Texte speichern und über seine Modelle ausgeben, muss Schadenersatz leisten und Informationen über Nutzung und Erträge offenlegen. Wichtig: Das Urteil ist nicht rechtskräftig – und dürfte in weiteren Instanzen die Gerichte weiterhin beschäftigen. Dass OpenAI das Urteil anfechten wird, gilt als sicher. Geklagt hatte die Gema wegen 9 bekannter Songs. Das Börsenblatt bleibt für euch dran. 

Und auch bei Verlagen gibt es Neues in Sachen KI: Der Börsenverein hat gemeinsam mit der IG Digital eine Handreichung vorgestellt, mit der Verlage den Einsatz generativer KI künftig freiwillig transparenter machen können. Darin geht es vor allem darum, verschiedene Einsatzarten von KI klar zu unterscheiden – vom Assistenztool bis zum vollständig KI-generierten Inhalt. Ein Ampel- oder Siegelsystem lehnt die Arbeitsgruppe ab, weil der KI-Einsatz je nach Genre und Produktionsprozess zu unterschiedlich ist. Die Handreichung soll Verlagen helfen, eine eigene Haltung zum KI-Einsatz zu entwickeln und eine einheitliche Sprache dafür zu finden.

Fast ein Jahr lang war Schriftsteller Boualem Sansal in Haft, nun ist er endlich frei. Der Friedenspreisträger und seine Frau wurden vergangene Woche von einem außenpolitischen Berater des Bundespräsidenten in Algier abgeholt und nach Berlin gebracht. Dort wird der 81-Jährige jetzt medizinisch behandelt. "Welche Strapazen jemand aushalten muss, der zu Unrecht inhaftiert und verurteilt wird, ist kaum vorstellbar", sagte Börsenvereinsvorsteher Sebastian Guggolz. Zur Freilassung kam es durch viele Bemühungen, darunter ein Gnadengesuch von Bundespräsident Walter Steinmeier. 

Literaturfestivals boomen, das zeigte sich jetzt auch beim Göttinger Literaturherbst, der gerade zu Ende gegangen ist. Die Göttinger haben den bisherigen Besucherrekord schon zur Festivalhalbzeit geknackt: Mit mehr als 24.600 Besucher:innen wurde der Höchstwert von 2023 übertroffen, bis Festival-Ende zählten die Veranstalter mehr als 27.500 Besucher:innen bei rund 80 Veranstaltungen. Stars wie Otto Waalkes, Angela Merkel und Caroline Wahl füllten die Hallen, auch eine Günter-Grass-Ausstellung in Zusammenarbeit mit dem Steidl-Verlag zog die Massen an. 

Halle war am vorletzten Wochenende Schauplatz der rechten Büchermesse SeitenWechsel - und des WIR-Festivals, mit dem sich die Zivilgesellschaft gegen die Veranstaltung abgrenzen wollte. 100 Verlage stellten bei SeitenWechsel aus. Das WIR-Festival zählte seit September 400 Veranstaltungen. Unser Reporter Nils Kahlefendt war vor Ort – seine Reportage gibt's online. 

Steht das Comic-Festival von Angoulême vor dem Aus? Mehr als 40 Comic-Verlage, darunter auch deutsche Häuser wie Carlsen und Reprodukt, drohen mit einem Boykott. Hintergrund ist massive Kritik am bisherigen Organisator 9 Art+ und dessen Leiter Franck Bondoux. Gegen den werden in der französischen Presse wirklich schwere Vorwürfe erhoben. Worum geht's? Die Rede ist von undurchsichtiger Buchführung über toxisches Management bis hin zu Vetternwirtschaft und der Entlassung einer Mitarbeiterin nach einer Vergewaltigungsanzeige. Das nächste Festival soll vom 29. Januar bis 1. Februar stattfinden – ob es dazu kommt, ist aktuell komplett offen. 

Literaturpreise 
Der Booker Prize geht dieses Jahr an David Szalay für seinen Roman "Was nicht gesagt werden kann", in deutscher Übersetzung bei Claasen erschienen. Der Originaltitel heißt: "Flesh". Der Autor lebt in Wien und wurde bereits 2016 für "Was ein Mann ist" nominiert. Das Preisgeld beträgt umgerechnet rund 57.000 Euro. 

Dimitré Dinev erhält für "Zeit der Mutigen" den Österreichischen Buchpreis 2025. Das Buch ist bei Kein & Aber erschienen. Der Debütpreis geht an Miriam Unterthiner für "Blutbrot" (edition laurin). Der Hauptpreis ist mit 20.000 Euro dotiert, der Debütpreis mit 10.000 Euro. 

Die Autorin Eva Biringer wird für ihr Buch "Unversehrt. Frauen und Schmerz" mit dem NDR Sachbuchpreis 2025 ausgezeichnet. Preisgeld hier: 15.000 Euro. 

Der Open Mike-Preis für junge Literatur wurde vergeben. Ein Preis für Lyrik ging an Nea Schmidt für ihren Text "Lorem ipsum". Ein zweiter Preis für Prosa an Hannah Beckmann für "Fortuna". Beide Autorinnen erhalten ein Preisgeld in Höhe von 2.500 Euro. 

Verlage 

Der Berliner Verlagspreis wurde am 9. November im Deutschen Theater verliehen. Der Große Berliner Verlagspreis ging dabei an den MÄRZ Verlag, die zwei Berliner Verlagspreise an den BeBra Verlag und den Kraus Verlag. Insgesamt ist der Preis mit 68.000 Euro dotiert. 

Die Buchhandlungen hatten gedrängt, Ullstein hat zügig reagiert: Die dritte Auflage von SenLinYus Bestseller "Alchemised" bei Forever wird wieder mit Farbschnitt gedruckt. Die dritte Auflage mit 60.000 Exemplaren wird in Kürze ausgeliefert. Die jetzt schon in der Herstellung befindliche vierte Auflage (immerhin 25.000 Exemplare) soll die Verfügbarkeit des Bestsellers vor allem im Weihnachtsgeschäft sichern. Eine Ullstein-Sprecherin sagte gegenüber dem Börsenblatt: "Sehr viele Leser:innen haben sich bei ihren Buchhändler:innen und direkt bei uns gemeldet, ob es nicht doch noch Exemplare aus der begehrten ersten Auflage mit Farbschnitt gibt. Wir haben uns daher entschieden, diesem großen Wunsch der Leser:innen nachzukommen: Ab der dritten Auflage wird es 'Alchemised' wieder und dauerhaft mit einem Farbschnitt geben." 

Thieme ordnet seine Buchauslieferung neu: Ab 1. Oktober 2026 übernimmt Müller - Die lila Logistik die Distribution der Bücher des Verlags für medizinische Fachinformationen. Bislang werden die Bücher von Kolibri360 von Zeitfracht Medien ausgeliefert.  

Der Bertelsmann-Aufsichtsrat hat Thomas Coesfeld zum Nachfolger von Thomas Rabe als Vorstandsvorsitzenden berufen. Außerdem wird Clément Schwebig als designierter CEO der RTL Group in den Vorstand aufgenommen. 

Nachfolge geglückt: Joachim Weidler übergibt nach vier Jahrzehnten das Programm des Weidler Buchverlags Berlin zum 1. Januar 2026 an den ebenfalls in Berlin ansässigen Verlag für wissenschaftliche Literatur Frank & Timme. Das Portfolio umfasst geistes- und sozialwissenschaftliche Titel. 

Buchhandel 

Viele Buchhandlungen kämpfen mit steigenden Kosten und versuchen zu sparen, wo es nur geht. Das zeigt jetzt auch der Jahresbetriebsvergleich 2024, den das Institut für Handelsforschung im Auftrag des Börsenvereins erstellt hat.  Die Umsätze sind demnach gestiegen, die Kosten leicht gesunken: Trotzdem, so richtig rosig ist das Bild von der Lage im Buchhandel nicht.  Details dazu auf boersenblatt.net, den Link findet ihr in den Shownotes.  

Kurz notiert

Die New-Adult-Romance-Reihe "Because of You" von Nadine Kerger wird verfilmt. Regisseur Martin Schreier, bekannt für die Amazon-Prime-Serie "Maxton Hall", übernimmt die Umsetzung. Die Dreharbeiten starten 2027 in Babelsberg. 

Die Tonies sehen sich auf dem richtigen Weg: Nach der Markteinführung der Toniebox 2 und Tonieplay ist der Umsatz im Jahresverlauf deutlich nach oben gegangen. Besonders stark ist das dritte Quartal mit einem Plus von 52,3 Prozent. Auch in Deutschland gab's ein Wachstum von mehr als 15 Prozent. 

Am 8. Dezember ist Krimitag. Rund 200 Autor:innen des Vereins für deutschsprachige Kriminalliteratur Syndikat treten dann bei Benefizlesungen in vielen Städten auf und lesen für den guten Zweck, beziehungsweise, für viele gute Zwecke. Letztes Jahr kamen so rund 30.000 Euro zusammen. 

Die Nordischen Literaturtage, ein viertägiges Festival ab dem 24. November, werden vom Literaturhaus Hamburg organisiert. Zu Gast sind Autor:innen aus Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden. 

Libreka wird exklusiver E-Book-Lieferant für Zeitfracht Medien. Über 1.000 Handelskunden erhalten damit Zugang zu mehr als 5 Millionen E-Books.

Beim Buchwert-Regionaltreffen im Rowohlt Verlag Hamburg stand die Zukunft der Buchhandlung als "Dritter Ort" im Mittelpunkt. Rund 30 Buchhändler:innen tauschten sich über Kundenbindung, Wohlfühlatmosphäre und wirtschaftliche Perspektiven aus. 

Buchwissenschaftlerin Karolina Ulrich hat sich in ihrer Masterarbeit mit Influencer-Ratgebern bei GU beschäftigt. Dafür hat sie jetzt den Hugendubel-Preis erhalten, der mit 1.000 Euro dotiert ist. Herzlichen Glückwunsch!