Die Sonntagsfrage

Schwarz bewegte Literatur in Recklinghausen – wie war‘s, Frau Berhanu?

12. Juni 2022
von Börsenblatt

Rahel Berhanu hat Ende Mai das „Schwarze Literaturfestival“ in Recklinghausen besucht. Hat sich das gelohnt? Wie war die Resonanz? Wurden durch das Festival neue Leser:innen gewonnen? Was waren die Highlights und wie geht es weiter? Rahel Berhanu, Initiatorin der Frankfurter Veranstaltung „Schwarz bewegt(e) Literatur“ und Politikerin bei Volt, hat Antworten.

Rahel Berhanu

Mit „Resonanzen - Schwarzes Literaturfestival“, kuratiert von der Schriftstellerin und politischen Aktivistin Sharon Dodua Otoo, wurde ein Festival ins Leben gerufen, das bereits lange überfällig war. 

Beim Schwarzen Literaturfestival haben sechs, vorher noch nicht bekannte, Autor*innen ihre unveröffentlichten Kurzgeschichten vorgelesen. Leider war ich nur an 2 von 3 Tagen anwesend, aber die beiden Tage haben mir gezeigt, was mir bei anderen Literaturveranstaltungen fehlt: Es ist die Schwarze Perspektive

Sharon Dodua Otoo sagt zum Ursprung des Festivalnamens: „Resonanz ist ein schönes Wort um das zu beschreiben, was Schwarzen Menschen in mehrheitlich weißen Räumen fehlt.“. Bei dem Festival ging es also um die Sichtbarmachung dieser Menschen und das ist ihr gelungen. Die Veranstaltung hat es geschafft, die Schwarze Perspektive als Anlass für die Veranstaltung zu zelebrieren, ohne die Autor*innen darauf zu reduzieren. Denn auch Schwarz-sein ist vielfältig! Sie hat einen geschützten Raum geschaffen für Literatur, die wahrscheinlich sonst nicht die breite Öffentlichkeit erreicht. 

Büchertisch auf dem Festival "Schwarz bewegt(e) Literatur"

Tsitsi Dangarembga hat in ihrem Grußwort die Geschichte von Dualla Misipo erzählt, der als erster Schwarzer literarischer Autor in Deutschland bekannt ist. Damit hat sie aufgezeigt, dass es bereits im 19. Jahrhundert in Deutschland „Schwarze Literatur“ gab. Deswegen waren für mich auch die Büchertische und die TWM Bibliothek (Theodor Wonja Michael Bibliothek) ein Highlight. Hier wurde deutlich, wie vielfältig Schwarze Kultur ist und dass diese bereits eine sehr lange Geschichte hat. 

Auch die Art und Weise wie die Jury, die ebenfalls aus vier Schwarzen Personen bestand, die Kurzgeschichten bewertet hat, war neu für mich. Sie haben die einzelnen Texte kommentiert ohne zu richten und haben mit ihren Beiträgen Bedeutungsschichten eröffnet, die sonst für die Zuhörer*innen verborgen geblieben wären.

Ich hoffe, dass dieses Festival nächstes Jahr wieder stattfindet und dass es in Zukunft mehr Repräsentation von Schwarzen Autor*innen bei anderen Veranstaltungen geben wird. Ich denke das ist noch ein weiter Weg. In dem Grußwort von Pierrette Herzberger-Fofana, EU-Abgeordnete in der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz, ist deutlich geworden, dass es tiefgreifende strukturelle Veränderungen braucht, wie zum Beispiel neue Studienfächer für Schwarze Literatur.