Iwanowski: Reisebuchverlag und Reiseveranstalter

Afrika im Herzen

22. Mai 2025
Matthias Glatthor

Reisebuchverlag, Reiseveranstalter und Softwaredienstleister: Das sind die drei Unternehmens-Säulen, die Reiseverleger Michael Iwanowski in Dormagen in über 40 Jahren aufgebaut hat. Ein Blick zurück und auf aktuelle Entwicklungen wie einen möglichen Trump-Effekt bei US-Reisen oder die Welle von Fake-Reiseführern.  

Michael Iwanowski

Michael Iwanowski

"Das schlug ein wie eine Bombe“, erinnert sich ein bestens gelaunter Michael Iwanowski im Gespräch. Es war 1983, und gemeint ist sein erster, selbst geschriebener Reiseführer: "Wüsten, Pads und Elefanten: Handbuch Südwestafrika/Namibia". Eigentlich waren Iwanowski, der Pädagogik, Psychologie und Geografie studiert, und seine Frau Ursula (von Beginn an Geschäftsführerin des Verlags), die ebenfalls ein Lehramtsstudium absolviert hatte, zu dem Zeitpunkt noch verbeamtet im Lehrdienst. Mitte der 70er Jahre, "fing es mit den Fernreisen an", so der Verleger. "Wir sind dann auf eigene Faust gereist, nach Alaska, in die Südsee, ins südliche Afrika oder Indien" – kurz: rund um den Globus. Als Lehrer hatten sie das Einkommen, um sich in den Ferien ihre Reiseträume erfüllen zu können. Ihre Touren sprachen sich herum, und nach und nach nahmen sie Freunde und Bekannte mit. Für diese hatten sie Texte vorbereitet, die sie im großen Koffer mitnahmen und abends verteilten. So entstand am Ende eine Loseblattsammlung. "Das haben wir acht bis zehn Jahre gemacht", blickt Iwanowski, dem man gern zuhört, zurück. Dann kam der Moment, der alles änderte.

Anfang der 80er Jahre befand sich Namibia auf dem Weg in die Unabhängigkeit – und das deutsche Außenministerium schickte immer wieder politische Delegationen ins Land. Im Ministerium war zu Ohren gekommen, dass Michael Iwanowski einen Namibia-Reiseführer hätte. "Sie riefen an und fragten, ob sie 300 Exemplare von meinen Südwestafrika-Büchern haben könnten?" Er hatte kein Buch, sondern nur die genannten Exzerpte, sagte dennoch zu: In zwei, drei Tagen wurde aus dem Stegreif der oben genannte Namibia-Band konzipiert. Gedruckt wurden zunächst 1.000 Stück in einer lokalen Druckerei in Dormagen – 174 Seiten im Schwarzweiß-Druck, mit Schreibmaschine getippt und handgezeichneten Karten. Er möchte "mithelfen, anhand objektiver Fakten und Hintergrundinformationen ein etwas realistischeres Bild dieses Landes zu zeichnen", formulierte er damals im Vorwort.

"Das Buch wurde uns aus der Hand gerissen", bringt er es auf den Punkt – auch, weil es der erste Reisebegleiter zu diesem Land war. Mehrere Nachdrucke folgten. Ein Besuch der Frankfurter Buchmesse im gleichen Jahr führte zum Entschluss, "Iwanowski’s Reisebuchverlag" zu gründen. Zunächst kamen drei bis vier Bücher pro Jahr heraus, die er anfangs zum größten Teil selbst schrieb. Ihre sicheren Beamtenjobs gaben die Iwanowskis schließlich auf. Bereut haben sie das nie, auch wenn sie "durch alle Höhen und Tiefen eines Verlags und der Selbstständigkeit gegangen" sind, wie er verrät. Konnten sie doch so ihren Traum leben.

Cover des Namibia-Buchs: Links die Ausgabe von 1983, rechts die 32. Auflage von 2024

Der Namibia-Reiseband erschien 2024 in 32. Auflage und ist auf 612 Seiten angewachsen. Und klar, besorgt hat ihn Michael Iwanowski. "Der Titel ist seit nunmehr 40 Jahren unser Bestseller." Seit 2012 veröffentlicht man die Reiseführer in Farbe, "auch da nahm unser 'Namibia'-Buch die Pionierrolle ein". 2014 erhielt der Verleger den "Lifetime Award" bei den ITB BuchAwards in Berlin. Der jüngste Meilenstein für den Verlag sei sicher das Facelift des Layouts im vergangenen Jahr. "Wir haben unseren Büchern außen ein moderneres und edleres Erscheinungsbild verliehen", erläutert er. "Gleichzeitig haben wir im Innenteil die Übersichtlichkeit noch erhöht, nun sind alle relevanten Informationen noch leichter zu finden." Dazu sollen auch die gelben und grünen Infoseiten in einem intensiven Farbton beitragen, die sich schon im Buchblock hervorheben.

Blick in den Namibia-Band von 1983 (links oben), eine spätere Ausgabe und das E-Book

Der Verlag hat etwa 80 Individual-Reiseführer im Programm, die regelmäßig aktualisiert und "renoviert" werden. Mehr sollen es nicht unbedingt werden. "Diese Ausdifferenzierung, die war mal ganz gut angedacht, aber die ist heute nicht mehr wirtschaftlich", so die klare Meinung von Iwanowski. Man brauche nicht noch das 20. Paris-Reisebuch.

Das Unternehmens-Domizil in Dormagen

Das alles stemmt man in Dormagen mit einem kleinen Team von vier festen Mitarbeiter:innen, das von circa einem Dutzend freier Lektor:innen, Grafiker:innen und Kartograph:innen unterstützt wird. "Nicht zuletzt vertrauen wir circa 30 Autor:innen in aller Welt, dass sie immer ein Ohr am Puls des Lebens und der Zeit in ihren Lieblingsdestinationen haben und bei unseren Neuauflagen und Novitäten immer die aktuellsten Informationen, Tipps und Geschichten zu ihren Ländern mit den Leser:innen teilen." Aber die Qualität müsse stimmen. Jeder Band erscheint zudem als E-Book, die Karten lassen sich per QR-Code auf jedem portablen Gerät herunterladen. So komme man vor Ort auch ohne Internet-Verbindung aus.

Blick ins Innere des Verlagsgebäudes

 

Ich will nicht der sein, der die letzte Bar in weiß-der-Kuckuck-wo entdeckt. Und bevor das gedruckt ist, gibt es sie nicht mehr.

Michael Iwanowski

Da das Verlagsteam selbst gern auf Reisen geht und etliche Autor:innen auch beruflich als Studienreiseleiter:innen unterwegs sind, "haben alle an unseren Büchern Beteiligten ein gutes Gespür dafür, was auf Reisen wichtig ist". Hinzu komme das Feedback von Reisenden, das man für die nächste Auflage eines Titels gegebenenfalls nutzt. Trends durch Social Media renne man nicht nach. "Ich will nicht der sein, der die letzte Bar in weiß-der-Kuckuck-wo entdeckt. Und bevor das gedruckt ist, gibt es sie nicht mehr." Darauf verzichte man, das könne das Internet viel besser leisten.

Apropos Höhen und Tiefen: Zuletzt in der Corona-Pandemie "war alles auf null gesetzt", danach ging es auf einem niedrigeren Niveau weiter. Die Kosten sind gestiegen, der Absatz von gedruckten Reiseführern sinkt allgemein. Auch Iwanowski reagiert hier mit einer Preiserhöhung: "Wir sind bei den dicken Büchern an die 30 Euro gegangen." Das verrät er noch: Zum 1. Oktober wechselt man in der Verlagsauslieferung von Zeitfracht zu Prolit. Zudem ist man seit Jahren beim Spezialvertrieb Geocenter in Stuttgart, dessen Vertreter den Buchhandel besuchen.

Fake-Reiseführer sind absoluter Schrott.

Michael Iwanowski

Fake-Reiseführer – ein Problem?

Auf den großen Online-Plattformen treiben vermehrt KI-generierte Fake-Reiseführer ihr Unwesen. Michael Iwanowski war hier natürlich neugierig und hat sich solche Titel zu Destinationen besorgt, die er gut kennt. Sein Eindruck: Diese seien der "letzte Quatsch", "absoluter Schrott" – zusammengewürfelt und zu teuer. Man könne diese Titel oftmals bereits an den generischen Covern erkennen, meint er, spätestens beim Klappentext werde es dann überdeutlich. "Ich traue unseren Kund:innen die Medienkompetenz zu, solch offensichtliche Geldmacherei im Internet sofort zu durchschauen und einen guten Reiseführer, der von einem/einer sach- und landeskundigen Autor:in geschrieben wurde, schon vor dem Kauf von einem künstlichen Machwerk unterscheiden zu können." Aber was, wenn die Fake-Reiseführer immer ausgefeilter werden? Das seien ungelegte Eier in der jetzigen Zeit, sich schon jetzt aufzuregen, gebe er auf. "Da lebt man gesünder."

Von all meinen Reisen haben meine Afrika-Aufenthalte den tiefsten und nachhaltigsten Eindruck bei mir hinterlassen.

Michael Iwanowski

Seit 40 Jahren auch Reiseveranstalter

Doch kehren wir noch einmal in die 80er Jahre zurück. Hier entstand, vor 40 Jahren, die zweite Säule von Iwanowskis Reisewelt. Nachdem der Verlag so gut gestartet war, kam Michael Iwanowski auf die clevere Idee, "wenn wir das Wissen als Printmedium verkaufen, können wir das ja auch als Reiseveranstaltung verkaufen". Kurzerhand rief er 1985 "Iwanowski’s Individuelles Reisen", der Name ist Programm, ins Leben. Spezialisiert ist man hier auf Afrika und den Nahen Osten. Warum Afrika? "Von all meinen Reisen haben meine Afrika-Aufenthalte den tiefsten und nachhaltigsten Eindruck bei mir hinterlassen, so dass es für mich eine Herzensangelegenheit ist, andere Menschen bei der Verwirklichung ihres afrikanischen Traums zu unterstützen." Die Iwanowskis sind über die Jahre immer wieder selbst nach Afrika gereist, oftmals sechs bis acht Wochen am Stück.

Pro Jahr werden rund 5.000 Reisen vermittelt, Individualreisen, der Umsatz liegt im höheren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich. 15 bis 17 Mitarbeiter:innen kümmern sich um die Reisewünsche. Dieser Bereich trägt zu rund 90 Prozent zum Gesamtumsatz bei Reise bei, vom Verlag kommen etwa 10 Prozent. Eine Querfinanzierung für den Verlag sei nicht nötig, da sich beide Unternehmen erfolgreich am Markt behaupten würden. Das Reisegeschäft sei aber ein wichtiger Background. Zum Reisepaket gehört immer ein Reiseführer. Eine Kooperation des Reiseverlags gibt es zudem mit dem Reiseveranstalter America Unlimited, der Iwanowski-Reiseführer für seine Kund:innen abnimmt.

Aller guten Dinge sind drei: Um 2001/2002 ist das Softwareunternehmen Awato, das 1989 als C+P Systeme GmbH gegründet wurde, von den Iwanowskis übernommen worden. Es hat 12 Mitarbeiter:innen, kümmert sich nebenbei um die IT der anderen Iwanowski-Unternehmen und bietet in erster Linie unternehmensspezifische Softwarelösungen für Großunternehmen der chemischen Industrie. Geschäftsführerin bei Awato ist, wie im Reisebuchverlag, Ursula Iwanowski. Michael Iwanowski hat die Geschäftsführung bei Iwanowski’s Individuelles Reisen inne.

Alle drei Iwanowski-Unternehmen sind im Gebäude in der Salm-Reifferscheidt-Allee 37 in Dormagen untergebracht, das seit 2001 der Verlagssitz ist. Die Immobilie gehört den Iwanowskis, ein Vorteil.

Gibt es einen Trump-Effekt?

In der Iwanowski-Frühjahrsvorschau 2025 wird als erster Titel "USA-Westen" beworben, ärgert es ihn, dass Trump, wie in Medien berichtet, Urlaubern offenbar eine US-Reise vergällt? Das sieht der Verleger, der fast 40 Jahre in Amerika gelebt hat, gelassen: "Das ist unternehmerisches Risiko", aber: "Bisher haben wir noch keine Einbrüche bei den Vorbesteller-Zahlen des Titels feststellen können." Das würde auch der Kooperationspartner America Unlimited bestätigen. Ein Grund: Eine Reise in die USA werde oftmals langfristig geplant. Und Iwanowski betont: "Man darf einen aktuellen Präsidenten nicht gleichsetzen mit der Bevölkerung." Er hat eine klare Haltung zu Trump, setzt auf die demokratische Tradition der USA. Trump werde vergehen und dann komme wieder etwas Neues. Wenn es bei den Reisen in die USA ein Minus geben sollte, wäre es seiner Ansicht nach kein dramatisches.

Wie geht es mit Iwanowski weiter?

Gedanken über eine Nachfolge macht der 76-, bald 77-Jährige sich schon, und sagt nicht ohne ein wenig Stolz: "Es gibt Unternehmen, die an unserem Unternehmen sehr interessiert sind." Für ihn sei das Wichtigste aber nicht das Geld, sondern der Erhalt der Arbeitsplätze und der Mentalität, mit der man bislang arbeite. "Das ist für mich das A und O." In den nächsten vier, fünf Jahren könne es so weit sein. Aus seiner Familie komme niemand für die Nachfolge in Frage. "Ist auch ganz gut so." Er habe immer viel Wert daraufgelegt, dass da eine Trennung sei, dass man die Kinder und Enkelkinder nicht zu etwas zwingt. Man spürt, er ist damit im Reinen. 

Ein Traumprojekt

Ein Titel, auf den er sich freut, ist ein "Grönland"-Reiseführer, der wahrscheinlich 2026 erscheinen soll. "Aber nicht, weil Trump Grönland haben möchte, sondern es ist schon ein langer Traum von mir", schwärmt er. Es wird eine Gemeinschaftsarbeit, auch Michael Iwanowski möchte daran mitschreiben. Seien wir gespannt.