Künstliche Intelligenz

"Die KI-Welle reiten"

17. Oktober 2025
Nicola Bardola

Josh Jarrett ist Leiter der Abteilung AI Growth bei John Wiley & Sons, USA. Er verantwortet das rasche Wachstum der KI Anwendungen in seinem Haus, das auch als Dienstleister für andere Verlage und Institutionen auftritt. Auf der Frankfurt Buchmesse erläuterte er, wie „Künstliche Intelligenz die Recherche revolutioniert“.

Josh Jarrett

Laut einer repräsentativen Umfrage nutzten vor einem Jahr 57 Prozent der Forschenden in den USA für ihre Arbeit KI, heute seien es bereits 84 Prozent, so Jarrett. Angesichts dieser Zahlen, also der dramatischen Zunahme von KI-Suchen, sollten sich Verlage der Herausforderung KI stellen. Jarrett spricht von einem Paradigmenwechsel, nur vergleichbar mit den vor rund 30 Jahren beginnenden digitalen Umwälzungen, sieht aber zunächst Ängste: Verlage befürchteten einerseits, dass potentielle Buchkäufer via KI die nicht mehr zu schützenden Inhalte raubten, hielten andererseits eigene Investitionen um dem Datenklau zuvorzukommen für zu hoch. Das Verlagshaus Wiley konnte hingegen dank eines intensiven und frühzeitigen Engagements bereits im Januar 2024 eigene KI-Anwendungen lizensieren und im Oktober anderen Verlagen KI-Partnerschaften anbieten. Hierbei ergänze Wiley bisherige KI-Modelle. Einerseits sorgten neu aufbereitete Metadaten für erfolgreiche Produktsuchen im Netz, indem die Einzigartigkeit der eigenen Inhalte und die Relevanz dieser Texte hervorgehoben werden, andererseits sorgt das Angebot geschlossener Systeme für Datensicherheit und unmittelbaren Gewinnen wie beim traditionellen Buchverkauf.

Jarrett sieht die Verlage bei der Aufbereitung eigener Angebote in direkter Konkurrenz zu den KI-Anbietern. Nach den vier Markführern ChatGPT, Deep Seek, Copilot (Microsoft) und Gemini (Google) folgten noch mindestens ein Dutzend weiterer Anbieter (u.a. Perplexity.ai, BioRender oder Academic AI von Clarivate). Es gehe nun darum, die aktuell besten KI-Systeme für eigene herausragende Inhalte in geschützten Räumen zu nutzen oder – so wie Wiley – eigene KI-basierte Rechercheassistenten für spezifische Anforderungen zu entwickeln. So können Fachfragen innerhalb entsprechend aufbereiteter Fachbücher auf Knopfdruck beantwortet werden. Keine langen Trefferlisten sind die Folge, sondern strukturierte Antworten mit Quellenangaben und Zitiervorschlägen. Die KI nutzt dabei nur verlagseigene Inhalte. Personenbezogene Daten werden nicht verarbeitet. Fragen werden in natürlicher Sprache gestellt, was zu einem dialogischen Zugang zu Fachwissen führt. Prompting Guides helfen zudem, zielführende Prompts zu schreiben. Die Vorreiterrolle hierbei nehmen Wissenschaftsverlage ein: Wiley, Sage, CABI und Universitätsverlage. In Deutschland ist C. H. Beck mit „beck-chat – Intelligente Recherche“ aktiv. „Wir können den Kopf in den Sand stecken und KI ignorieren, wir können unseren Garten einzäunen und hegen und pflegen und hoffen, dass uns die KI-Flut verschont, wir können aber auch die Initiative ergreifen und die KI-Welle reiten“, ermuntert Jarrett das Publikum.