Interview mit DK-Verlegerin Monika Schlitzer

"Der Kochbuchmarkt entwickelt sich in der Pandemie rasant"

17. Februar 2021
von Sabine Cronau

Matthaes dockt mit seinen Sterneköchen beim Verlag von Jamie Oliver an: Warum legt sich der Münchner Ratgeberverlag DK ein Imprint für Kochprofis zu? Verlegerin Monika Schlitzer über Markenkerne und glückliche Fügung.

Wir planen mit acht bis zehn Novitäten pro Jahr – mit einem Schwerpunkt in der zweiten Jahreshälfte.

Monika Schlitzer, DK-Verlegerin

Die Gastronomie leidet besonders unter der Corona-Krise. Ist es da nicht mutig, ausgerechnet einen Verlag zu übernehmen, der Fachbücher für Profiköche macht? (mehr zur Übernahme hier)

Ach, wissen Sie, die Verlegerei erfordert immer Mut. Bei seiner bisherigen Heimat, der Frankfurter Fachverlagsgruppe dfv, war das Matthaes-Buchprogramm eher eine Randerscheinung. Das ist bei einem reinen Buchverlag wie DK natürlich anders. Der Kochbuchmarkt entwickelt sich in der Corona-Krise rasant nach oben. Ich bin mir sicher, bei uns werden die Matthaes-Titel den Weg zu den Leser*innen finden. Es wäre einfach zu schade gewesen, wenn das Programm eingestellt worden wäre.

Matthaes hat vor einigen Jahren schon einmal versucht, sich für den Buchhandel und den breiten Kochbuchmarkt zu öffnen. Das hat damals nicht so recht geklappt. Stehen die Chancen unter dem Dach von DK besser?

Der Versuch, der damals in der Tat nicht funktioniert hat, bestätigt wieder einmal, dass Verlage ihrem Markenkern treu bleiben sollten. Und der Markenkern von Matthaes ist nun mal ein Kochbuchprogramm im Premiumsegment für das kulinarische Fachpublikum und ambitionierte Hobbyköche, hochpreisig und anspruchsvoll ausgestattet. Genau das soll es bei DK auch bleiben. 

Bei DK können wir von den vielen Kontakten profitieren, die Matthaes-Verlagsleiterin Bruni Thiemeyer in die kulinarische Szene hat.

Monika Schlitzer

Sie hoffen im besten Fall auf eine "Osmose" der beiden Kochbuchprogramme von DK und Matthaes. Wie genau könnte das aussehen?

Ganz sicher kann Matthaes von unserer Vertriebsstärke, von der PR-Arbeit und dem starken Marketing für Kochbücher profitieren. Ich rechne mir gute Chancen im Buchhandel aus. Umgekehrt werden wir bei DK von den vielen Kontakten profitieren, die Matthaes-Verlagsleiterin Bruni Thiemeyer in die kulinarische Szene hat. Sie war für mich schon vorher eine wichtige Gesprächspartnerin und gute Kollegin. Jetzt machen wir gemeinsam Kochbücher. Darauf freue ich mich sehr.

Werden noch weitere Matthaes-Mitarbeiter*innen zu Ihnen wechseln?

Nein, nur Bruni Thiemeyer. Aber sie hat ohnehin immer eng mit Freelancern zusammengearbeitet. Von daher ändert sich nicht allzu viel.

Spitzenkoch Heiko Antoniewicz gehört zu den Hausautoren von Matthaes – und legt jetzt bei DK ein Aromen-Kochbuch fürs allgemeine Publikum vor. Wird es solche Fälle künftig öfter geben?

Dieses Buchprojekt ist entstanden, bevor sich die Matthaes-Übernahme überhaupt abgezeichnet hat. Aber natürlich kann es Modellcharakter haben. Bruni Thiemeyers Netzwerk in der Profiszene ist da einfach Gold wert. Das Aromen-Kochbuch von Heiko Antoniewicz geht übrigens gerade durch die Decke – der Sternekoch war am 14. Februar in Tim Mälzers Kochshow "Kitchen Impossible" auf Vox dabei und prompt schnellten die Vormerker unseres Kochbuchs am nächsten Tag in die Höhe.  Von daher: Ja, eine solche Programmarbeit auf zwei Ebenen wird es wohl künftig öfter geben, wenn es sich anbietet.

Sind Sterneköche für das „Herunterbrechen“ ihrer Rezepte empfänglich – oder ist damit auch viel Aufwand für beide Seiten verbunden?

In dem Buch von Heiko Antoniewicz steckt intensive Entwicklungsarbeit – auf beiden Seiten. Es geht ja darum, ein Profi-Thema zugänglich und verständlich für Hobby-Köche aufzubereiten. Und das bedeutet immer auch, Komplexität aus den Rezepten herauszunehmen. Dazu ist sicher nicht jeder Spitzenkoch bereit, Heiko Antoniewicz aber glücklicherweise schon…

Wie viele Bücher sollen künftig unter dem Label von Matthaes erschienen?

Wir planen mit acht bis zehn Novitäten pro Jahr – mit einem Schwerpunkt in der zweiten Jahreshälfte, weil die hochwertigen Kochbücher naturgemäß auch klassische Weihnachtsgeschenke sind. Im Herbst gehen wir mit vier Novitäten, zwei bis drei Neuausgaben und einigen Nachauflagen an den Start. Außerdem erscheint bereits in diesem März ein Matthaes-Titel bei DK als Neuausgabe: "Rind complete. From nose to tail" von Fleischexperte Ludwig (Lucki) Maurer – Tim Mälzers Challenge Partner bei "Kitchen Impossible" im Februar.

Einen neuen Verlag ins Unternehmen zu integrieren, ist für uns bei DK absolutes Neuland. Ich bin gespannt auf die nächsten Monate.

Monika Schlitzer

Will DK weiter durch Zukäufe wachsen – oder haben Sie bei Matthaes einfach die Gunst der Stunde genutzt?

Wir gehen jetzt nicht auf Einkaufstour. Die Matthaes-Übernahme war einfach eine glückliche Fügung und ist durch eine persönliche Verbindung entstanden. Einen neuen Verlag ins Unternehmen zu integrieren, ist für uns bei DK absolutes Neuland. Ich bin gespannt auf die nächsten Monate.

Der Kochbuchmarkt legt in der Pandemie kräftig zu, 2020 laut Media Control sogar um 8 Prozent – die Menschen stehen daheim am Herd statt ins Restaurant oder in die Kantine zu gehen. Kann auch DK von dem Aufwärtstrend profitieren?

Uns freut sehr, dass der Buchhandel das DK Kochbuchprogramm sehr begeistert ein- und dann auch verkauft hat: 2020 liegen wir laut Media Control 37 Prozent über dem Vorjahr 2019. Das neue Jahr 2021 ist insgesamt sehr verhalten gestartet. Das DK Kochbuchprogramm hat aber in den ersten Wochen immerhin noch ein Plus von zarten drei Prozent erzielt. Wir sind sehr optimistisch, dass mit den Kochbüchern, die wir in den nächsten beiden Monaten ausliefern und auch mit den Starköchen im Herbst wieder deutlich positivere Umsatzimpulse für den Buchhandel setzen können, die tollen Bücher von Matthaes werden sicher auch dazu beitragen.