"Anfang des Jahres kontaktierte uns Nina Sillem mit der Ankündigung eines 'besonderen Projekts' – ein unveröffentlichtes Manuskript Sebastian Haffners, das sie als Agentin vertrete", so Jo Lendle gegenüber Börsenblatt online (11. Juni). "Vier Minuten später waren das Lektorat und ich in der Lektüre versunken. Leider reißen einen aus diesem freudvollen Zustand sofort die sogenannten Sitzungen heraus, die ja in Wirklichkeit – so zumindest schien es mir nun – nichts als Ablenkungen vom Wesentlichen sind. In diesem Fall also vom Manuskript. Unser prioritätensicherer Lektor Florian Kessler meldete sich bereits am Ende der Besprechung und sagte, er habe einfach heimlich nebenher gelesen und finde das spektakulär. Das ging uns anderen, als wir endlich auch soweit waren, nicht anders. Wir bereiteten also ein Angebot vor, das durchaus einen gewissen Aplomb haben durfte, was in diesem Fall nicht allein Geld bedeutete, sondern ganz wesentlich Liebe. Wir hatten Glück. Ich traf Oliver Pretzel – Haffners Sohn – in London und lernte in ihm einen ungeheuer interessanten und interessierten Menschen kennen, dem diese Veröffentlichung aus dem Nachlass ebenso viel bedeutet wie David Brandt, seinem Neffen."
Von Anfang an sei klar gewesen, dass Haffners Familie die sorgfältige, vertrauensvolle Arbeit am großen Erbe wichtig sei. "Wir beschlossen, das Buch noch vor dem Sommer zu bringen, was den Verlag hier und da etwas zum Glühen brachte, aber ohne Glut wird so etwas auch nicht gut", fährt Lendle fort. "Das ganze Haus hat sich mit Inbrunst ins Zeug gelegt, von der Herstellung bis zum Vertrieb. Um so erfreulicher, dass sich bereits vor Erscheinen derart viele Buchhändlerinnen und nach Erscheinen so viele Leser von der Lektüre haben entzünden lassen. Man denkt immer, es vorher zu wissen – aber um ehrlich zu sein, ist dieses Wissen im Nachhinein doch erheblich belastbarer als im Wunschtraum vorab."
Hanser habe eine Startauflage von 25.000 Exemplaren gedruckt, "was sich bereits vor Auslieferung als ungenügend erwies". Mittlerweile sei die vierte Auflage im Druck, aber seit Erscheinen sei ja auch schon eine ganze Woche vergangen.