Zieht S. Fischer nach Berlin?

Vogel: "Wir werden einen zweiten Standort aufbauen"

1. November 2022
von Torsten Casimir

Eine Frankfurter Befürchtung machte zur Buchmesse die Runde: S. Fischer, der wichtigste Publikumsverlag am Main, wolle die Stadt gen Berlin verlassen. Wie einst Suhrkamp, das lokale Kultur-Trauma. Stimmt das? Wir haben bei Verleger Oliver Vogel nachgefragt. 

Ein Börsenblatt-Interview hat in der Buchstadt Frankfurt hohe Wellen geschlagen: Nachdem der neue verlegerische Geschäftsführer von S. Fischer, Oliver Vogel, zu Beginn der Buchmessewoche angekündigt hatte, den Standort Berlin auszubauen, war das Gerücht zu Gast auf allen Empfängen: Fischer ziehe weg aus Frankfurt. In der Kulturverwaltung und im Literaturbetrieb der Stadt geht seither die Angst vor einem weiteren verlegerischen Brain-Drain um. Von einer bevorstehenden „Provinzialisierung“ ist gar die Rede. Kann man das Schlimmste noch abwenden? 

Auf Nachfrage von Börsenblatt online bestätigt Vogel nun: „Speziell für den S. Fischer Verlag mit seinem Programm aus Literatur und Sachbuch werden wir 2023 in Berlin einen zweiten Standort aufbauen.“ In seinem Interview hatte er das bereits begründet: Ein Verlag mit stark literarischem Profil müsse in der Hauptstadt präsent sein, sagte er. „Da sind die Autor:innen, da finden zufällige Begegnungen statt, nicht nur geplante. Da lernt man Leute kennen, von denen man noch nie etwas gehört hat. Berlin ist, was Literatur und überhaupt das intellektuelle Leben angeht, sehr viel lebendiger als der Rest des Landes.“ 

S. Fischer Verlag, Frankfurt und Berlin

Zugleich stellt Oliver Vogel nun klar: „Die S. Fischer Verlage insgesamt werden weiterhin den Verlagssitz Frankfurt haben.“ Nur für S. Fischer, nicht aber für seine Imprints gilt also die Ansage eines zweiten Standorts. Man firmiert dann wohl künftig als „S. Fischer Verlag, Frankfurt und Berlin“. Nach Räumlichkeiten für den hauptstädtischen Verlagssitz werde derzeit gesucht.  

Im Verlag, das ist aus allen Quellen gleichlautend zu hören, wird derzeit viel miteinander geredet. „Gründlich und intern“, sagt Vogel. Gewiss auch über die Frage, wer nach Berlin geht, gehen möchte, und wer in Frankfurt bleiben will. 

Für den verlegerischen Geschäftsführer, der in Berlin wohnt, steht bereits fest, dass sich ihm diese Frage nicht stellt: „Ich werde zwei echte Schreibtische haben, einen in Frankfurt, einen in Berlin. An beiden werde ich arbeiten.“