Die Sonntagsfrage

Wie hat „Im Dickicht“ den Publikumspreis des Buchtrailer Awards gewonnen, Frau Nolting?

24. Januar 2021
von Börsenblatt

Der Verlag „Literatur der Zukunft“ hat mit großem Abstand den Publikumspreis beim Buchtrailer Award gewonnen. Hier erzählt Verlegerin Bettina Nolting, wie es dazu kam.

Wir gratulieren. Hand aufs Herz: Haben Sie mit einem solchen Erfolg gerechnet? „Literatur der Zukunft“ ist ja ein Verlagsname, den viele noch nicht kennen werden.

Ganz offen: nachdem wir auf der Shortlist standen – ja. Wir waren uns jedenfalls sicher, einen spannenden, hochprofessionellen Trailer gedreht zu haben. Einen Trailer übrigens, der bewusst mehr sein sollte als ein bloßer Werbefilm – nämlich ein Miniatur-Kunstwerk, das für sich selber spricht. Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass wir im Abspann nur in sehr dezenter Form auf den Verlag hinweisen. Es ist eine Form von Respekt vor den Usern, die mündig genug sind, ihr Gefallen selbst mit den nötigen Infos zu verknüpfen. Die enorm hohe Zahl an Stimmen – tatsächlich 30,6 Prozent bei zehn Wettbewerbern – gibt dieser Einschätzung offenbar Recht. Worüber wir uns natürlich herzlich freuen!

„Im Dickicht“ ist der Titel des Hörbuchs, zu dem der Trailer entstanden ist. Autor ist Ryunosuke Akutagawa, der vielleicht bedeutendste Autor der japanischen Literatur im frühen 20. Jahrhundert. In Deutschland ist der Autor allerdings viel weniger bekannt als etwa in England oder den USA. Wie kamen Sie darauf seinen Text neu zu veröffentlichen?

Den ersten Impuls gab Markus Kopf, Regisseur und hier auch Hörbuch-Sprecher – er inszeniert seit vielen Jahren in Japan, kennt Land und Leute und schlug uns diesen großartigen Text vor. Dass nicht nur Cineasten Kurosawas Kultfilm „Rashomon“ kennen, zu dem die Erzählung eine Vorlage lieferte, kam motivierend hinzu. Vor allem aber überzeugte uns sofort die expressive Klasse dieser Literatur. Eine dichte Spannung hält sich über die gesamte Textdauer: ein Mord wird aus acht vollkommen verschiedenen Sichtweisen dargestellt. Wo liegt die Wahrheit? – eine Frage von unerhörter Aktualität. Am Ende ist das Zeitlose immer das Zeitgemäße.

Lassen Sie mich noch einmal auf den Trailer und „Literatur der Zukunft“ zurückkommen. Wie sind Sie aufgestellt, wie kann ein kleiner Verlag einen Film wie diesen wirtschaftlich stemmen? Zumal ja auch die Musik eine Vorgeschichte hat …

Der Verlag versteht sich von Anfang an als Künstlernetzwerk. Auch im Falle des vorliegenden Hörbuchs verbindet sich ja der Text mit der subtilen Musik des Jazzschlagzeugers Ben Bönniger. Wir wirken eng zusammen: Autoren, Musiker, Grafiker, Sprecher, Filmer etc., jeder einzelne ein Künstler und exzellenter Fachmann seines Metiers. Nur so ist z.B. erklärlich, wie unter unserem Dach ein solch aufwendiger Trailer entstehen konnte.
Impulsgebend für die Produktion war nicht zuletzt Corona: wir hätten das ganze Jahr über viele Live-Auftritte gehabt, begonnen bei der Leipziger Buchmesse. Eigentlich… Als immer mehr Veranstaltungen abgesagt werden mussten, sind wir auf die digitale Bühne gegangen. Und waren überglücklich, den brillanten jungen Filmer Maximilian Motel gewinnen zu können. Seine Leidenschaft für das Projekt fegte alle materiellen Einschränkungen buchstäblich weg. Indem wir dann – sozusagen als Hauptdarstellerin – noch die großartig ausgebildete Dülmener Wildpferdstute der Trainerin Nina Klegin ins Team holen konnten, lief es im wahrsten Sinne des Wortes wie von selbst.
Apropos: uns erreichten nach Veröffentlichung des Trailers viele Fragen, ob es dem Pferd gut gehe: ja, das tut es! Es war nicht etwa sediert, sondern nur hervorragend trainiert.

Was ist für 2021 weiter geplant?

In der Pipeline sind drei weitere Hörbücher im Crossover von Literatur und Musik, davon eines von unserem Hauptautor Hannes Sonntag, das auch als Print erscheinen wird. Aber im Augenblick liegen digitale Projekte vorn. Warten wir ab, wie und wohin sich die Dinge entwickeln werden.
Natürlich wünschen wir uns unbedingt wieder Bühnenauftritte: als unabhängiges Künstlernetzwerk sind Live-Veranstaltungen zentral für uns. Und auch im Buch-Bereich sind es musik-vernetzte Lesungen, über die wir bevorzugt wahrgenommen werden. Am Ende kommt es darauf an, dass die Mixtur von analoger und digitaler Präsenz intelligent und ausgewogen ist. Ohne Frage haben die hinter uns liegenden Monate die Anteile in Richtung Digitalität verschoben. Mit etwas Abstand betrachtet aber sind wir uns einig, beide Formen in gleicher Weise zu mögen und zu nutzen.

 

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