Vorschau zur 77. Frankfurter Buchmesse

"Was für eine Vielfalt!"

16. September 2025
Jule Heer

Noch knapp ein Monat bis zur Eröffnung der 77. Frankfurter Buchmesse. Im vollen Panoramasaal der Evangelischen Akademie wurde das diesjährige Programm vorgestellt – mit Neuheiten wie der Eröffnungsfeier, dem kulturpolitischen Programm "Frankfurt Calling" und einem erweiterten "Meet the Author"-Bereich.

 

Simone Bühler, Ines Bachor, Torsten Casimir und Juergen Boos

Simone Bühler, Ines Bachor, Torsten Casimir und Juergen Boos

 

Ein Panoramasaal voller Vorfreude

Im bis auf wenige Plätze gefüllten Panoramasaal der Evangelischen Akademie herrschte gespannte Aufmerksamkeit. Kameras klickten, viele Fotos wurden gemacht – und schon der Auftakt ließ aufhorchen: Mit einem herzlichen „Mabuhay!“, dem philippinischen Willkommensgruß, begrüßte Messedirektor Juergen Boos die Gäste.

Angesichts globaler Krisen sei es, so Boos, wichtiger denn je "Räume fürs Zuhören und für Zusammenarbeit" zu schaffen. Die Frankfurter Buchmesse biete genau diesen Ort – als internationaler Handelsplatz für Lizenzen und Rechte, Bühne für gesellschaftliche Debatten und "Festival guter Geschichten".

Ehrengast Philippinen

Die Philippinen treten 2025 als Ehrengastland unter dem poetischen Motto "Fantasie beseelt die Luft" auf. Über 100 Autor:innen, Illustrator:innen, Künstler:innen und Kreative reisen im Oktober nach Frankfurt.

Simone Bühler, Leiterin des Ehrengastprogramms, betonte die große Bandbreite der philippinischen Literatur – sie sei vielfältig, emotional und eröffne komplexe Gespräche. Ein zentrales Werk sei etwa "Noli me tangere" von José Rizal, das die Unabhängigkeitsbewegung des Landes mit in Gang gesetzt habe.

Dass 2025 mehr als 30 deutsche Verlage philippinische Titel übersetzt haben – so viele wie nie zuvor – sei ein starkes Zeichen, so Bühler. Auch in Heidelberg und Berlin finden Veranstaltungen statt. Boos erinnerte daran, dass José Rizal in Heidelberg eine Phase seines Lebens verbrachte. Es sei daher ein gut gewählter Ort: "Jeder gute Filipino muss einmal im Leben nach Heidelberg pilgern", fügte Boos mit einem Lächeln hinzu.

Frankfurt Calling

Was ihm "besonders am Herzen liegt", sagte Boos, sei das neue Programmformat "Frankfurt Calling – Perspectives on Culture and Politics", das auf der neu eingerichteten Centre Stage in Halle 4.1 stattfindet. In Zeiten, in denen weltweit rund 375 Schriftsteller:innen in Haft sitzen, wolle man bewusst die Stimmen derjenigen sichtbar machen, die für Meinungsfreiheit kämpfen. Diskussionen rund um die Kriege in Gaza und der Ukraine, die Rolle von Autoritarismus sowie die Bedeutung von KI für Gesellschaft und Arbeitswelt sollen dort geführt werden – mit hochkarätigen Gästen wie Friedensnobelpreisträgerin Maria Ressa, dem palästinensischen Buchhändler Mahmoud Muna, dem ehemaligen NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und Bundesjustizministerin Stefanie Hubig.

Vielfalt feiern – von New Adult bis Geschichte

Beim Blick auf die Liste der anwesenden Autor:innen, erzählte Boos, habe er sich oft gedacht: "Was für eine Vielfalt! Aber genau das macht unsere Branche aus: alles von New Adult bis Geschichte."

Torsten Casimir, Sprecher der Frankfurter Buchmesse, bedankte sich bei Boos: "Danke für deine Einstimmung. Ich komme vorbei im Oktober." Casimir erzählte zudem von einem besonderen Projekt in der Frankfurter Innenstadt: Der sogenannte "Jeepney Journey", ein bunt bemalter philippinischer Kleinbus – auf den Philippinen ein alltägliches Transportmittel. Zwar dürfe das Fahrzeug wegen einer städtischen Verordnung in Frankfurt nicht fahren, werde auf dem Roßmarkt zur mobilen Bühne. 

Meet the Author

Auch für junge Leser:innen und Fans von TikTok-Literatur und Romantasy gibt es neue Formate. Die Halle 1.2 und die 5.600 Quadratmeter große Festhalle werden zur Heimat von Community-Events und Fanbegegnungen. Im neuen, noch größeren Areal "Meet the Author", das erstmals in der Festhalle angesiedelt ist, werden Autor:innen wie Cassandra Clare, Bianca Iosivoni, Mercedes Ron und andere auftreten. "Dort wird signiert, bis der Arzt kommt und die Sehnenscheidenentzündung behandelt", so Torsten Casimir. Am Samstagabend (18. Oktober) feiert die Messe mit der Verleihung der TikTok Book-Awards den anhaltenden Trend zu Social Reading und digitaler Literaturkultur.

Book-to-Screen, Silent Disco und Kinderliteratur

Im Rahmen des Book-to-Screen Day wird am 17. Oktober der "Preis der Frankfurter Buchmesse für die beste Adaption" verliehen – an den Film 22 Bahnen, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Caroline Wahl. In der Pressekonferenz kam aus dem Publikum die Frage, ob der Filmpreis für "22 Bahnen" vergeben wurde, weil der Film deutlich besser als das Buch sei – so die Ansicht der Fragestellerin, die damit auf die aktuell teils harsche Kritik an Caroline Wahls literarischem Stil einzahlt.

Eine neue Form des Hörerlebnisses bietet die Silent Hörbuch-Disco: Über Kopfhörer können Besucher:innen verschiedene Genres hören – erkennbar durch unterschiedlich farbige Leuchtsignale.

Kinderliteratur rückt die Messe mit der Frankfurt Kids Conference (15.10.) in den Fokus. Unter dem Motto "Children’s Books in a Fragile World" geht es um Leseförderung, politische Einflussnahme und globale Herausforderungen für Kinderbücher. Axel Scheffler, bekannt durch "Der Grüffelo", hält die Keynote. Am Wochenende folgt das Frankfurt Kids Festival – mit Astronautentraining für Kinder. Am Sonntag wird ESA-Astronaut Matthias Maurer auf dem Gelände erwartet.

Rechtehandel, internationale Verlage, strategischer Ausblick

Auch für die Fachbesucher:innen bietet die Messe ein breites Programm: Von KI und Audio bis zu Publishing-Strategien und dem internationalen Rechtehandel. Das Literary Agents & Scouts Centre ist mit 540 Tischen bereits ausgebucht, wie die Veranstalter berichten.

Das Frankfurt Rights Meeting, zentrales Treffen für den internationalen Rechte- und Lizenzhandel, fokussiert sich dieses Jahr besonders auf spanischsprachige Märkte.

Festlicher Auftakt mit Poesie und Musik

Eröffnet wird die Messe am 14. Oktober mit einem neu gestalteten Opening-Event aus Wort und Musik, Licht und Ton – angelehnt an das Motto der Philippinen "Fantasie beseelt die Luft". Auf der Bühne stehen u.a. die Philippine Madrigal Singers, der Frankfurter Künstler Jan Hennig alias Kabuki sowie die Dichterinnen Merlie M. Alunan, Marjorie Evasco und Mookie Katigbak-Lacuesta.