Interview mit Klaus-Peter Wolf zum neuen "Rupert"

Wolf: "Ein Krimi ist ein Röntgenbild unserer Gesellschaft"

10. Juni 2021
von Matthias Glatthor

Ostfriesenkrimi-König Klaus-Peter Wolf – der mit seinem zweiten "Rupert undercover" auf Platz 1 unserer Charts steht – verrät im Börsenblatt-Interview, warum ihm das Schreiben der Rupert-Krimis besonders viel Spaß macht, welches gesellschaftliche Thema ihm unter den Nägeln brennt und was er aktuell so alles treibt. 

Herr Wolf, der neue Rupert ist nicht der erste Ihrer Krimis, der von Null auf Platz 1 der Charts einsteigt – haben Sie mittlerweile ein Feier-Ritual entwickelt?
Oh ja, zusammen mit meiner Frau ein Stückchen Kuchen bei "ten Cate" und dazu einen Ostfriesentee.

Wie kamen Sie auf die Idee, Rupert allein loszuschicken?
Das war eine demokratische Entscheidung meiner Leserinnen und Leser. Rupert war eigentlich eine Nebenfigur in meinen Ostfriesenkrimis. Er ist nicht die hellste Kerze auf der Torte, aber er sagt, was er denkt und viele seiner Sprüche sind für die Fans Legende geworden, werden auf T-Shirts oder Einkaufstaschen gedruckt. Man findet sie auf Bierdeckeln, Teetassen und Mousepads. Zum Beispiel: Man muss die Schuld auch mal bei anderen suchen oder Bin ich ein Barhocker, muss ich mit jedem Arsch hier klarkommen? Er hat einen eigenen Fanclub. Viele Fans haben sich gewünscht: Rupert braucht ein eigenes Buch. Als ich damit begann, merkte ich, da ist noch viel mehr Potential und ich begann eine Trilogie.

Können Sie mit Rupert als Hauptfigur anders erzählen?
Oh ja. Ich gehe ja immer ganz in die Perspektive meiner Hauptfigur und versuche, aus ihrer Sicht die Welt zu sehen. Ruperts Sicht ist eine sehr besondere. Auf der Suche nach männlichen Vorbildern ist er im amerikanischen Kino hängen geblieben. Dieses Problem teilen viele Männer mit ihm. Humphrey Bogart und Bruce Willis sind auf der Leinwand vielleicht schön anzusehen, wenn sich ein Mann in der heutigen Gesellschaft aber so verhält, wird er zur lächerlichen Figur. Diese Erfahrung macht Rupert ständig aufs Neue.

Was macht Ihnen besonders Freude am Schreiben der Rupert-Krimis?
Ruperts naiver Blick auf die Welt ermöglicht sehr klare, grundsätzliche Fragen zu gesellschaftlichen Problemen. So wird uns in 'Rupert Undercover – Ostfriesische Jagd" die gescheiterte Gesundheitspolitik der letzten Jahre sinnfällig vorgeführt und auch was im Banken- und Finanzwesen schiefläuft, erfasst Rupert mit seinen naiven Fragen. Die sich ausbreitende Privatisierung aller gesellschaftlichen Bereiche schafft für das organisierte Verbrechen ideale Grundvoraussetzungen. Es werden Milliarden durch Waffenhandel, Drogen und Prostitution steuerfrei verdient und dieses Geld muss ja legalisiert werden. So werden aus Gangsterbossen Manager von Firmen, ja, Vorstandsvorsitzende.

... die Konsequenz in Ihren Augen?
Ich glaube, dass der Roman deutlich macht, dass wir diese gesellschaftliche Entwicklung stoppen müssen, sonst spielt es irgendwann keine Rolle mehr, welche Regierung wir wählen, weil sie ohnehin keine Macht und keinen Einfluss mehr hat, und die privatisierten Bereiche dem organisierten Verbrechen gehören und gehorchen. Insofern ist ein Kriminalroman nicht irgendeine triviale Unterhaltung, sondern ein Röntgenbild unserer Gesellschaft und bietet eine Vision, was passiert, wenn wir es nicht stoppen.

Müssen wir Angst um Rupert haben?
Rupert übernimmt mit Geldern des BKA eine Online-Bank, in der international operierende Verbrecherbanden ihr Geld waschen. So will das BKA die Geldströme kontrollieren. Rupert guckt sehr schnell in Abgründe und natürlich ist sein Leben und das seiner Freunde in großer Gefahr.

Taucht Ann Kathrin Klaasen auch in der Geschichte auf?
Ohne seine ostfriesischen Freunde wäre Rupert geliefert. Aber auf eins kann er sich verlassen: deren Loyalität. Nicht nur Ann Kathrin Klaasen spielt wieder mit, sondern auch Frank Weller und Dr. Bernhard Sommerfeldt.

Ist Ostfriesland nicht zu klein für so viel Verbrechen?
Kriminalromane sollten klar in Zeit und Raum verortet sein. Bei mir ist das so. Es gibt jeden Baum, jedes Café, jedes Haus. Und natürlich sind die Auswirkungen international operierender Verbrecherbanden überall zu spüren. Selbstverständlich auch in Ostfriesland. Es ist viel interessanter, das Verbrechen im wunderschönen Weltnaturerbe geschehen zu lassen, als an einem düsteren, verfallen Industriestandort.

Haben Sie bereits einen weiteren Fall für Rupert im Kopf – oder ist Ann Kathrin Klaasen als nächstes an der Reihe?
Im Februar wird "Ostfriesensturm" erscheinen, der 16. Fall für Ann Kathrin Klaasen. Das Manuskript habe ich bereits im Verlag abgeliefert. Jetzt spreche ich nur noch das Hörbuch ein, es erscheint ja immer gleichzeitig. Und ich schreibe bereits mit großer Freude an "Rupert Undercover" Teil 3.