Jahresbilanz 10: Ulrike Helmer

"Also einfach weiter. Jetzt erst recht"

8. Dezember 2016
von Börsenblatt
Bis zum 31. Dezember kommt auf boersenblatt.net jeden Tag eine Branchenpersönlichkeit zu Wort. Unsere kleine Jahresbilanz, verbunden mit einem Ausblick auf 2017. Heute: die Verlegerin Ulrike Helmer über das Hexen, unvorhergesehenen Geldregen und mehr Aufgeschlossenheit im Buchhandel.

Haben Sie 2016 etwas besonders erlebt?
Ein inspirierendes deutsch-französisches Verlagstreffen im Bereich Geistes- und Sozialwissenschaften in Paris. Alltägliche Highlights wie das kontinuierliche Engagement von Vertreterinnen wie Regina Vogel, Christiane Krause und Ingrid Augenstein oder, im Verlagsbüro, die super Zusammenarbeit mit einer treibenden Kraft unter dreißig.

Was ist Ihnen in diesem Jahr misslungen?
Das Hexen. Darum konnte ich Hillary Clintons wilde Vorgängerin Victoria Woodhull leider nur zwischen zwei Buchdeckeln wiederbeleben. Das ist schade, denn sonst wäre Herr Trump einer höchst beeindruckenden Gegenkandidatin begegnet ...Zum Trost bleibt Antje Schrupps tolle Biografie "Vote for Victoria!" auch nach der Wahl ein echter Gewinn.

Und worüber haben Sie sich gefreut?
Über mehr Aufgeschlossenheit im Buchhandel. Über die Anerkennung durch Autorinnen, die seit Jahren und Jahrzehnten mit "an Bord" sind, in Belletristik wie Theorie. Über Momente wie den auf der Frankfurter Buchmesse: letzter Tag, kurz vor Schluss - allerorten Trubel, Unruhe, Müdigkeit. Da betritt eine Frau den Stand, nimmt einen dicken historischen Roman, sinkt auf die Bank und verliert sich eine satte halbe Stunde in der Lektüre. Das war wirklich berührend zu sehen.

Was wollen Sie 2017 regeln?
Unser 30. Verlagsjubiläum! Für mich heißt das, verstärkt volle Bandbreite zeigen: Politik, aber auch Unterhaltung. - Humor, aber auch Niveau. - Spannung, aber auch Tiefe. Frauen sowieso. Darüber hinaus möchte ich ein, zwei wichtige Titel zum Thema "Frankreich" beitragen, die Sicherung des Verlags, des Teams gewährleisten und an die Zukunft denken.

Welche Voraussetzungen brauchen Sie dafür?
Ein weiterhin aufgeschlossenes Lesepublikum. Wenn unsere Bücher und Themen nicht nur über soziale Medien und Internet auffindbar seinsollen, brauchen wir aber auch Entdeckungsfreude im Buchhandel. Win-Win-Chancen bietet z.B. der "Indiebookday" am 18. März 2017. Wichtig sind mir auch übergreifende Kooperationen mit dem Handel oder mit anderen Verlagen in der Kurt-Wolff-Stiftung.

Bald gibt es Geschenke. Was wünschen Sie sich?
Für die Welt, dass es wolkenbruchartig Aufklärung regnet! Für den Verlag einen warmen Geldregen, etwa in Höhe verlorener VG Wort-Ausschüttungen, aber der fiel bei uns noch nie vom Himmel. Also einfach weiter. Jetzt erst recht.

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