Liebe Frau Dr. Grütters,
liebe Jury, die über die Vergabe des Deutschen Buchhandlungspreises entscheidet, natürlich können Sie sagen "Ach, die sind doch nur beleidigt, weil sie leer ausgegangen sind" und unseren Brief sofort wegwerfen.
Und es stimmt: wir sind auch wirklich sehr traurig, dass wir 2016 und 2017 nicht nominiert worden sind. Denn wenn wir unseren Kundinnen und Kunden glauben, dann sind wir doch die beste Buchhandlung der Welt.
Ich gönne unseren Kolleginnen und Kollegen wirklich jeden Preis dieser Welt, aber angesichts der Nominierungsliste drängen sich mir zwei Fragen auf und auf die hätte ich so gerne eine Antwort:
- Kann es wirklich sein, dass von 117 nominierten Buchhandlungen 12 in Berlin und 8 in Hamburg ansässig sind? Das sind zusammen immerhin 17 % der Nominierungen. Und in den Vorjahren war es genau so, nur noch berlinlastiger.
Der Bevölkerungsanteil der zwei Städte entspricht gerade mal 6,5 % der deutschen Gesamtbevölkerung und das sollte doch vielleicht auch irgendwie eine Rolle spielen?
Aber vielleicht beflügeln sich die Kolleginnen und Kollegen auf engstem Raum ja zu kulturellen Großtaten, die wir in unserem kleinen Vorort einer 160.000-Einwohner-Stadt nicht leisten, obwohl wir wie die Grubenponys arbeiten, um Buchkultur lebendig zu halten.
Was mir seit drei Jahren schmerzlich fehlt, ist eine Antwort auf die Frage: Was sind die Kriterien für die Vergabe des Preises?
Über eine Antwort würde ich mich und mit mir vermutlich alle anderen großartigen Buchhandlungen, die nicht nominiert wurden, freuen.
Herzliche, wenn auch irritierte, Grüße aus der Provinz
Brigitta Lange
P.S. Immerhin: dieser Brief hat für Sie ja einen Vorteil: Sie können jede weitere Bewerbung unsererseits direkt ablehnen, denn wir sind ja die Nörglerinnen aus dem Ruhrgebiet.
ARCHIV: Hier finden Sie alle Nominierten beim Deutschen Buchhandlungspreis 2017
Nachtrag (3. August, 14:50 Uhr):
Hier finden Sie die offiziellen Auswahlkritieren laut den Statuten des Deutschen Buchhandlungspreises:
auszeichnungswürdiges kulturelles Veranstaltungsprogramm: z. B. Lesungen und Kooperationen mit anderen Kulturträgern oder Bildungsinstitutionen, durch die das kulturelle Leben vor Ort bereichert wird;
• auszeichnungswürdiges literarisches Sortiment: z. B. breit gefächertes Sortiment mit erkennbarer Verfügbarkeit von Backlisttiteln, breites Angebot kleinerer und unabhängiger Verlage - auch im Kinderbuchbereich, Ausführungen von Einzelbestellungen, fremdsprachige Literatur;
• auszeichnungswürdige Lese- und/oder Literaturförderung: z. B. Lesungen, Autorenworkshops, Lesezirkel, Beteiligung mit Veranstaltungen im bundesweiten Vorlesewettbewerb, Kooperationen mit Bildungsinstitutionen, Kindergärten, Schulen, Kirchen; Bücherkisten/Lesekoffer für Kinder etc.;
• auszeichnungswürdiges innovatives Geschäftsmodell: z. B. vorbildhaftes Verkaufskonzept zur Verzahnung von E-Commerce und stationärem Buchhandel; herausragende Neugründung mit Nischenkonzept, besondere Kundenbindungsmaßnahmen, Internetauftritt. Dabei muss der kulturelle Bezug sichergestellt sein
Und wie oft trifft sich die Jury? Alles wichtige Menschen, deren Zeit wahrscheinlich begrenzt ist- guckt sich jeder von ihnen jede Bewerbung an? Jeden Blog, jeden Internetauftritt? Oder gibt es schon eine Vorauswahl anhand des Angeklickten bei der Onlinewerbung?
Dass es völlig egal ist, ob der Laden Gewinn abwirft, ist ja klar, schließlich handelt es sich um einen Kulturpreis und nicht um einen Wirtschaftspreis, sollte meiner Meinung nach nicht gänzlich außen vor gelassen werden.
man kann zu dem Preis ja stehen, wie man möchte. Aber wenn man sich auf das Spielchen einlässt, dann akzeptiert man doch auch die Regeln und selbstverständlich die Undurchschaubarkeit der Juryentscheidung, so wie es eben immer bei irgendwelchen Juryentscheidungen ist.
Wenn ich es auf Ihrer Webseite richtig sehe, so freuten Sie sich 2015 sehr über den Preis überhaupt, ganz sehr darüber, den Preis selbst bekommen zu haben – besonders aber auch darüber, dass gleich „zwei (!) Buchhandlungen aus Mülheim an der Ruhr“ mit dem Preis bedacht wurden. Die Regeln wurden damals nicht in Frage gestellt.
Nach Ihrer jetzt aufgemachten Rechnung (17% der Nominierten gehören den Metropolstädte Berlin und Hamburg an, deren Bevölkerungsanteil beträgt aber nur 6,5 %) schienen sie 2015 mit dem Schnitt für Mülheim an der Ruhr aber durchaus zufrieden. Der lag damals mit gleich zwei Buchhandlungen aus Mülheim an der Ruhr bei 1,85 % der Nominierten gegenüber einem Bevölkerungsanteil von 0,21% . Wollen Sie mal ausrechnen, was das für eine Quote ergibt - hmmmm?
Der Kölner sagt „Mer muss och jünne künne. Da sind in diesem Jahr eben u.a. wir mit im Spiel, im nächsten Jahr sieht das alles wieder ganz anders aus. Und einige Kollegen sind ja bislang noch so gar nicht ins Spiel gekommen – wo bleibt der Platz für die, wenn in jedem Jahr immer nur die gleichen Nasen nominiert werden...?
Kollegiale Grüße
Jens Bartsch
Buchhandlung Goltsteinstraße
Walter Hanemann / Buchhandlung Thaer Berlin
eine Bewerbungssperre für ausgezeichnete Buchhandlungen wäre gut. 5 Jahre nicht mittun dürfen? Wenn man mal bei den Siegern dabei war?
Das würde die Streuung erweitern, den Bewerbungs-Stress mancher Buchhandlung minimieren, eine Inflation der Preise je Buchhandlung weniger wahrscheinlich machen.
Denn wenn der 20ste Wechselrahmen wo hängt, dann denken die Kunden: "So doll kann die Auszeichnung nicht sein, die wird manchen ja geradezu hinterhergeworfen."
Würde ich Buchhändlerinnen einen Preis verleihen, die sich selbst als "Nörglerinnen" bezeichnen und der Jury erstmal per se unterstellen, BuchhändlerInnen, die sich kritisch zu Wort melden, von vornherein die Teilnahme zu verunmöglichen?
Mit einem klaren "Ja" habe ich mich schwer getan.
Gruß,
Birgit Hempel. Verlagsangestellte und Bücherfrau.
Sie reichen doch nach definierten Kriterien Ihre Bewerbung ein. Und andere Buchhandlungen auch.
Ziel des Preises kann es nicht sein, jedem Buchhändler/jeder Buchhändlerin Geld in die Tasche zu stecken, einfach weil er/sie jetzt auch mal an der Reihe ist.
Und dann der Kracher: Sie waren ja schon dran! Holla!!!
PS: Sie unterstellen, als Nörglerinnen wahrgenommen zu werden um zu unterbinden, dass Sie tatsächlich als solche bezeichnet zu werden. Klappt nicht. Klingt nämlich sehr nach mimimi.