Der bayerische Schweizer Degen

26. Juli 2007
Redaktion Börsenblatt
Ole Schultheis, Der Chef der Bücherjolle, wird am 2. August 60. Der Leipziger Verleger Jürgen A. Bach gratuliert dem Mann mit dem doppelten Schliff.
Ein "Schweizer Degen", so habe ich während meiner Ausbildung zum Verlagsbuchhändler gelernt, ist ein besonders befähigter Mensch, der eine Lehre als Drucker und Schriftsetzer erfolgreich absolviert hat. Oder wie eine alte Schrift darüber schreibt: "Schweizer Degen, sprüchwortsweise nennt man diejenigen also, welche meist mehr als eins erlernet, da man sie zu mehrerem gebrauchen kann ...". Ole Schultheis, der in wenigen Tagen 60 Jahre alt wird, hat diesen doppelten Schliff: Er ist nicht nur Sortimenter, sondern war auch über eine lange Zeit seines beruflichen Lebens ein überaus tüchtiger Verleger. Ein Kollege also, auf beiden Seiten unserer Berufsbranche zu Hause. In der Nähe Münchens geboren, machte er zunächst seine Buchhändlerlehre bei Lehmkuhl in München. Danach wechselte er die Seite: Er war Pressechef bei dtv, danach im Vertrieb des Callwey Verlags und leitete von 1977 bis 1990 das Marketing bei dtv. 1991 übernahm er die Verlagsleitung bei dtv junior. Und in dieser Verantwortung habe ich Ole Schultheis kennengelernt, als wir beide unser Engagement in der AvJ begonnen haben. Im Vorstand leiteten wir sechs Jahre diesen effektiven Verband als Schatzmeister und Vorsitzender. Hier haben wir Schultheis als kenntnisreichen, tüchtigen Verlegerkollegen und als engagierten Ehrenamtler kennen und schätzen gelernt. Das Ganze im Blick Was ich an ihm besonders schätzte, ist nicht nur sein gutes und kluges Urteil, seine Fachkenntnisse, seine humorvolle Menschlichkeit, sondern auch seine stets bewiesene und in die Tat umgesetzte Bereitschaft, das Ganze im Blick zu behalten und partikuläre Interessen hintanzustellen.Schultheis war und ist für mich bis in seine Zeiten als stellvertretender Vorsteher ein beispielhafter Kollege, der in seiner ehrenamtlichen Mitarbeit neben der sachlichen Qualifikation besonders auch durch seine Integrität und seinen Einsatz für die gemeinsame Sache Maßstäbe setzte. Nach seiner letzten verlegerischen Tätigkeit als Geschäftsführer des Thienemann Verlags wechselte er 1996 die Seite: Gemeinsam mit seiner Frau Ulrike erwarb er die Bücherjolle in Starnberg. Folgerichtig hat er sich dann auch im Sortimenter-Ausschuss, in der BAG und – das wollen wir keinesfalls vergessen – im bayerischen Landesverband und im Stiftungsrat Friedenspreis engagiert. Neben einem ausgefüllten Arbeitstag in der eigenen Buchhandlung also ein sehr anspruchsvolles ehrenamtliches Engagement, das ihn dann 2001 in den Vorstand des Börsenvereins führte. Bis zu seinem Rücktritt vor wenigen Wochen, ein nicht nur von mir sehr bedauerter Schritt, war er stellvertretender Vorsteher. Sicherlich wird seine Frau Ulrike, eine überaus kenntnisreiche Kinderbuchspezialistin, über die nun reduzierte Belastung nicht unglücklich sein. Dass die Bücherjolle zur Kinderbuchhandlung des Jahres gewählt worden ist, darf hier durchaus erwähnt werden. Wobei Schultheis nicht nur im Kinderbuch zu Hause, sondern auch ein belesener und engagierter Freund der Literatur ist, der sich allerdings auch im Sach- und Kunstbuchbereich bestens auskennt. Und der neben der Literatur dem Theater zugetan ist. In Summe also ein vielseitig engagierter und aktiver, gebildeter Zeitgenosse, mit dem man gerne in geselliger Runde zusammensitzt und über Literatur, Politik, den Börsenverein und sonstige Laster diskutiert. Lieber Ole, für das Lebensschiff und für die Bücherjolle wünsche ich für die nächsten Jahrzehnte, neben der viel zitierten Handbreit Wasser unterm Kiel, auch den oft bewiesenen Weitblick. Herzlichen Glückwunsch von Kajüte zu Kajüte!