"Was aber hätte ich getan? - In den 80er Jahren absolvierte der Schriftsteller Ingo Schulze den Grundwehrdienst bei der NVA. In der "Süddeutschen Zeitung" schreibt er:
Da ich mich mit 18 Jahren nicht mehr reinen Gewissens auf "christliche Motive" bei einer Verweigerung hätte berufen können, in der DDR bleiben und studieren wollte, trat ich nach dem Abitur den Grundwehrdienst an, im sogenannten "Mot.-Schützenregiment 1" in Oranienburg. Wir waren untergebracht in den früheren SS-Kasernen des ehemaligen KZ Sachsenhausen, auf dessen Lagertor wir sahen, wie auch auf eine Stele mit achtzehn roten Dreiecken, denn Häftlinge aus achtzehn Ländern waren im KZ Sachsenhausen ermordet worden. Die Anzahl der roten Dreiecke war wie geschaffen dafür, unsere 18 Monate daran abzuzählen. Dass ich nicht zu den Grenztruppen kam, war klar. Ein Jahr vor meiner Einberufung hatte die Staatssicherheit meiner Mutter und mir (fälschlicherweise) geplante Republikflucht unterstellt. Außerdem hatten wir Westverwandtschaft. Ich bewunderte und bewundere all jene, die den Mut hatten, den Dienst an der Grenze zu verweigern. Dies war möglich, auch wenn man dann besonders weit entfernt vom Wohnort stationiert wurde. Im Grunde aber gab es für uns alle, die den Fahneneid geleistet hatten und irgendwann mit scharfer Munition auf Wache zogen (um das Regiment zu bewachen, was vor allem hieß, den Alkoholschmuggel der Soldaten zu unterbinden), einen Schießbefehl, wenn auch nach (wenn ich mich richtig erinnere) drei Vorwarnungen. ... Ich weiß nicht, welche Folgen der soeben wiedergefundene Schießbefehl für eine Spezialeinheit der Staatssicherheit in der Praxis hatte. An der Ungeheuerlichkeit der Mauer änderte er so oder so nichts. Die im Zusammenhang mit dieser Meldung genannte Zahl von mehr als 2800 geflohenen Grenzsoldaten überraschte mich allerdings angenehm. Schwierig wird es, wenn man nach den Konsequenzen solch einer Mauer-, Armee-, Schießbefehlerfahrung fragt. Vor etlichen Wochen fand ich in dieser Zeitung unter der Rubrik "Mitten in..." eine Glosse mit der Überschrift: "Long Island". Darin hieß es: "Eine Demonstration. Auf der einen Seite stehen Amerikaner mit Schildern, auf denen es heißt, ,Aliens müssen aus dem Land geworfen werden. ,Sie sprangen über den Zaun, sie brachen das Gesetz. Auf der anderen Seite stehen Mexikaner, die darauf warten, für ein paar Dollar in einem der Strandhäuser den Pool putzen oder Rasen mähen zu dürfen. Die Polizei ist da. Da mischen sich Touristen ein. Ihnen passt nicht, wie hier über Ausländer geredet wird, sie sind selber welche. ,From Germany. Dann müssten sie aber verstehen, sagt der Demonstrant, sie hätten doch damals sogar eine Mauer gebaut, damit keine Fremden einrücken. Das hatte man bisher ganz anders gesehen."
"Buch für Buch" - Franziska Schubert berichtet in der "Frankfurter Rundschau" über den Umzug der Frankfurter Stadtbibliothek:
Für einen Umzug dieser Größenordnung geht es in der Bibliothek erstaunlich still zu. Ein Team von nur zehn Mann bewältigt den Umzug der Zentralbibliothek von der Zeil in die Hasengasse. Insgesamt müssen die Männer nach Berechnungen der Stadtbücherei rund 5500 Meter Medien aus- und wieder einräumen. Pro Tag schafft die sächsische
Speditionsfirma 300 Regalmeter. Lediglich vier Tage benötigte sie für den Umzug der Musikbibliothek. Die Bücher, CDs und Noten werden jedoch nicht wie bei gewöhnlichen Umzügen in Pappkartons verpackt. Stattdessen werden sie auf rückenschonende Rollwagen geladen, die große Ähnlichkeit mit einem Bücherregal haben. Von der Maustaste bis zu Buchreihen ist alles beschriftet, so dass der Bestimmungsort klar ist und nichts verloren gehen kann. Zwei Lastwagen bringen die Bibliotheksbestände, Computerarbeitsplätze und Büroeinrichtungen von 110 Mitarbeitern von dem alten an den neuen Bibliotheksstandort.