Presseschau

Haus der Kulturen, Games Convention

23. August 2007
Redaktion Börsenblatt
In den Feuilletons wird heute das wiedereröffnete Haus der Kulturen in Berlin gewürdigt. Ebenfalls Thema: die Games Convention in Leipzig.
"Schwangere Auster, demokratischer Geist" - Harry Nutt schreibt in der "Frankfurter Rundschau" über den neuen Glanz im Haus der Kulturen: Als die Feiergesellschaft am Dienstag von Straßenjazz begleitet ins wieder eröffnete Haus der Kulturen der Welt einzog, bestanden diesbezüglich keine Zweifel mehr. Nach einem Jahr Umbaupause nimmt das Botschaftsgebäude hiesiger auswärtiger Kulturpolitik seine Geschäfte mit einem New York-Festival wieder auf, ein Asien-Pazifik-Programm wird folgen. Acht Millionen Euro hat der Umbau gekostet, der das stets etwas muffig wirkende Haus deutlich durchlüftet hat. Dass man das wohl auch programmatisch verstehen soll, deutete Kulturstaatsminister Bernd Neumann an, in dessen Regie sich das Haus der Kulturen der Welt befindet. Mit direkter Adressierung an den Hausherrn Bernd Scheerer wünschte sich Neumann für die Zukunft eine stärkere Vernetzung mit den anderen kulturellen Einrichtungen der Stadt. So melden Politiker im Gewand feierlichen Redens ihren Steuerungsbedarf an. Bernd Scheerer hingegen beließ es bei philosophischen Überlegungen zu Haus und Welt. "Das Falsche ist das Wahre" - Thomas Lindemann war für die "Frankfurter Rundschau" auf der Games Convention, die heute in Leipzig ihre Tore öffnet: Dass Kunstwerke mit dem Format Video spielen, ist seit Nam June Paik und bis hin zu Doug Aitkens übergroß Schlafenden an der MoMa-Fassade Teil der Kunstszene, also schon ein halbes Jahrhundert lang. Nun ist erstmals in großem Stil zu sehen, wozu das Medium Computerspiel Künstler der ganzen Welt angeregt hat. Nicht alles davon ist verkabelt und digitalisiert - manchmal reicht auch Wolle. So kann man in Leipzig etwa eine Mütze aufsetzen, die in einen langen Wollschlauch blicken lässt, sie erinnert an die "one minute sculptures" von Erwin Wurm. Gestrickt hat sie der Brite Joe Malia für einen unsinnigen Zweck: Genau eine Playstation Portable passt hinein. Mit der Mütze ist jemand, der in der U-Bahn sein tragbares Videospiel benutzen will, allein mit der virtuellen Welt. Zumindest führt das Kunstwerk ihm diese Implikation seines Tuns vor. Die Zürcher Professorin Margarete Jahrmann macht sich sogar selbst zum Exponat: Auf ihrem Körper, genau genommen ihrem technisch umgebauten kleinen Schwarzen, können Gäste der Ausstellung - falls sie sich konzentrieren mögen - mit Lichtpunkten das Videospiel-Tennis Pong spielen.Zusammengestellt hat das alles Andreas Lange, Leiter des Berliner Computerspielemuseums. Der Religionswissenschaftler ist einer der wenigen und wohl der wichtigste deutsche Kurator, der sich ganz dem Videospiel widmet. Anerkennung findet er damit noch nicht - sein Museum ist in der Hauptstadt eingelagert und sucht neue Räume. ... In vier Tagen werden knapp 200.000 Besucher ihre Werke ansehen und ausprobieren. Spätestens wenn man sich das, was hier in eine grellbunte Spielemesse eingebettet ist, in einem großen Museum vorstellt - es ist dem Berliner Gropiusbau oder der Frankfurter Schirn würdig - sieht man eine große, lebendige Aktionskunst vor sich, die in den nächsten Jahren für Überraschungen sorgen könnte. Lange glaubt daran ohnehin - er sieht die ganze Kulturanthropologie auf seiner Seite: "Das Spielen ist eine urmenschliche Eigenschaft, sie ist das, was uns vom Tier unterscheidet. Das wird gerade wiederentdeckt."