Jahreshauptversammlung Landesverband Nord

Hamburg oder Hannover

7. April 2019
von Börsenblatt
"Brauchen wir zwei Geschäftsstellen?" Das war eines der Themen, über die rund 50 Mitglieder des Börsenvereins Nord im Daniel-Libeskind-Zentralgebäude der Lüneburger Universität diskutierten. Und: Azubis können Fahrtkostenzuschüsse bekommen.

"Die vorläufige Insolvenz von KNV hat vieles durcheinander gewirbelt: Das führt uns vor Augen, welchen Umbrüchen unsere Branche derzeit ausgesetzt ist", sagte Vorsitzende Branka Felba (Missing Link in Bremen) zu Beginn der Jahreshauptversammlung heute morgen. Und der Lüneburger Bürgermeister Ulrich Löb unterstrich: "Wir leben in einer Zeit, in der das angesammelte Wissen stündlich veraltet." Löb dankte den rund 50 Buchhändlern und Verlegern ausdrücklich dafür, sich auch weiter für die Sache des Buchs zu engagieren und wies auf die Bemühungen Lüneburgs hin, eine "lebenswerte Kaufhaus-Innenstadt" mit Geschäften und kurzen Wegen als Gegenstück zum Internethandel zu schaffen.

Auf die Wege wies auch Vorstandsmitglied Christine Kiesecker (buch & Spiel in Geesthacht) hin: "Die sind im Norden oft weit, insbesondere für Auszubildende zu ihrer Berufsschule." Deshalb hat der Vorstand beschlossen, pro Jahr künftig max. 500 Euro Fahrtkostenzuschuss zu geben, wenn der Auszubildende zwischen Wohnort und Berufsschule mehr als 50 km zurücklegen muss und das Mitglied nicht höher als in der Beitragsklasse 12 liegt. Anträge dazu gibt es in den Geschäftsstellen. Auch Dietrich zu Klampen (zu Klampen Verlag) ermunterte die Mitglieder; sich eigeninitiativ zu melden, wenn es Fortbildungsbedarf gebe: "Ideen für Seminarthemen sind willkommen – wir können alles unternehmen, damit wir klüger werden."

Ein Standort soll wegfallen

Die Aktivitäten des Landesverbands gehen weit darüber hinaus, wie die stellvertretende Vorsitzende Susanne Hemming (HGV) zusammenfasste: Seit der Fusion der Landesverbände Bremen-Niedersachsen und Norddeutschland 2015 haben 33 Regionaltreffen mit 600 Mitgliedern stattgefunden, es wurde Lobbyarbeit betrieben, aktiv zum Thema "Buchhandlung kaufen/verkaufen" beraten, Veranstaltungen gefördert, jährlich 50 Vor-Ort-Besuche durchgeführt, bei Fragen zu VG Wort, DSGVO und KNV unterstützt: "Ziel ist: Wir sind immer vor Ort." Allerdings: Braucht es, wie im Fusionsvertrag festgeschrieben, zwei Geschäftsstellen? 2020 laufen die Mietverträge an den Standorten Hamburg und Hannover aus und müssen neu verhandelt werden, informierte Branka Felba und bat um ein Meinungsbild. Dass eine der beiden Geschäftsstellen verzichtbar sei, konnten sich die Mitglieder durchaus vorstellen, denn auch wenn die Finanzen derzeit sehr solide sind, wie Schatzmeister Walter Treppmacher (Decius in Hannover) darlegte, gilt es für möglichere schlechtere Zeiten vorzudenken.

Die Hamburger Geschäftsstelle im Literaturhaus ist vom Ambiente her repräsentativer, die Geschäftsstelle in Hannover nüchtern-zweckmäßig, und so wurden viele Argumente von der räumlichen Nähe der aktuell beschäftigten Mitarbeiter und die Möglichkeit von Telearbeitsplätzen in die Diskussion einbezogen. Buchhändler Wolfgang Erichsen (Erichsen & Niehrenheim in Kiel) warnte vor einer vorschnellen Präjudizierung: "Man muss gut überlegen, welche Standorte besser erreichbar sind, in beiden finden auch Seminare statt. Ein Flensburger und ein Rostocker sind schneller in Hamburg, andere mögen rascher in Hannover sein." Dietrich zu Klampen wies darauf hin, dass de facto keiner in die Geschäftsstelle komme: "Die Mitglieder melden sich alle per Telefon und Mail." Verabschiedet wurde ein Antrag, eine die Geschäftsstellen betreffende Satzungsänderung vorzubereiten und die Mitglieder bei der Jahreshauptversammlung im nächsten Jahr darüber abstimmen zu lassen – und auch darüber, ob Hannover oder Hamburg bleiben soll.

Debatten und Workshops

Vor der Jahreshauptversammlung im Daniel-Libeskind-Bau der Leuphana-Universität hatten gestern Nachmittag sich die beiden Kandidaten für das Amt des Börsenvereinsvorstehers, Karin Schmidt-Friderichs und Stefan Könemann, den Fragen der Mitglieder gestellt; die Antworten sind am kommenden Donnerstag im Börsenblatt nachzulesen. Eine spannende Debatte gab es auch mit der "Zeit"-Feuilletonchefin Iris Radisch, die offen Einblicke in ihre Arbeit und die der Redaktion gab und darüber diskutierte, wie sie bei schwindendem Platz noch über literarische Entwicklungen schreiben und die Vielfalt der Neuerscheinungen berücksichtigen kann. Währenddessen zeigte Buchhändlerin Martina Bergmann (Bücherland Westfalen in Borgholzhausen) in einem Workshop, wie unabhängige Sortimenter ihre Erfahrung und ihre Stärken ausspielen und geschickt in Szene setzen können, um den Kunden zu vermitteln, dass sie in Buchhandlungen besser bedient werden als im Internet oder Buchkaufhäusern. Insgesamt ein, wie die Mitglieder anmerkten, gelungenes Programm.