Deutschlands schönstes Regionalbuch 2019

Perfektes Gesamtpaket: die "Kleine Sammlung fränkischer Dörfer"

16. September 2019
von Börsenblatt
Es war spannend bis zum Schluss: In der Buchhandlung Ypsilon in Frankfurt am Main fand am Freitagabend die öffentliche Jurysitzung für "Deutschlands schönstes Regionalbuch 2019" statt. Das Rennen machte am Ende die "Kleine Sammlung fränkischer Dörfer", erschienen bei ars vivendi und via Crowdfunding mitfinanziert.

"Heimat erlesen", lautet das Motto der jährlich stattfindenden Regionalbuchtage, zu denen die Jurysitzung mit Preisverleihung den Auftakt bildete. "105 Titel wurden dieses Jahr eingereicht", so, Droste-Verleger Jürgen Kron, Sprecher der IG Regionalia im Börsenverein, "und die Jury hatte bei ihrer ersten Sitzung im Juli die anspruchsvolle Aufgabe, aus dieser großen Auswahl die fünf besten Titel für die Shortlist auszuwählen". Voraussetzung für die Teilnahme: Die Bücher – egal ob Belletristik, Kinderliteratur, Reiseführer oder jede andere Art von Sachbuch – sollten einen regionalen Bezug zu einem Ort oder einer Gegend in Deutschland haben. "Ausgezeichnet werden Titel, bei denen herstellerische Brillanz, regionaler Bezug und Verkäuflichkeit im Buchhandel vor Ort am schönsten zusammenpassen", heißt es auf der Webseite der Regionalbuchtage.

Und genau darum ging es bei der angeregten Jurydiskussion im gut gefüllten Café Ypsilon, das in seinem Schaufenster prominent für den Wettbewerb warb. Jedes der fünf Mitglieder hatte, vom Los bestimmt, die Patenschaft für einen der Shortlist-Kandidaten übernommen und stellte diesen ausführlich vor, bevor auch die anderen Jurymitglieder und das Publikum ihre Eindrücke schildern konnten. Nominiert waren in diesem Jahr:

  • "Spielplatzguide Berlin" von Cindy Ruch (Reisedepeschenverlag)
  • "Marmor für alle" von Jörn Johnsen, Jeanette Kunsmann und Clara Blasius (Mitte Rand Verlag)
  • "Das Schiller-Museum in Weimar" von Klaus Aschenbach, Jürgen Beyer und Jürgen Seifert (M BOOKS)
  • "Frankfurt für Anfänger" von Matthias Arning (Edition Frankfurter Ansichten)
  • "Kleine Sammlung fränkischer Dörfer" von Helmut Haberkamm und Annalena Weber (ars vivendi Verlag)

Eine Jury in Bestform

Souverän und gut gelaunt moderiert von Katharina Hesse, Geschäftsführerin der Stiftung Buchkunst, die gemeinsam mit der IG Regionalia des Börsenvereins den Preis vergibt, entwickelte sich ein kenntnisreiches und unterhaltsames Gespräch darüber, was ein gutes Regionalbuch ausmacht – und was auch im Handel funktioniert. Die Zusammensetzung der Jury erwies sich für die durchaus kontroverse Diskussion als echter Glücksfall, da sie viele Bereiche des Büchermachens und -verkaufens abdeckte. Ihr gehörten an:

  • Andreas Eggenwirth (Koch, Slow Food Aktivist in Frankfurt und Regionaler Netzwerker),
  • Helga-Heinicke-Krabbe (Buchhändlerin, Buchhandlung Libra in Oberursel, und stellv. Sprecherin der IG Regionalia),
  • Dominique Pleimling (Programmleiter Eichborn Verlag),
  • Daniela Pichotta (Herstellerin, S. Fischer Verlag),
  • Gabi Schirrmacher (Verlegerin und Vorjahrssiegerin mit "Public Swimming").

Eine gute Stunde lang ging es nun um Covergestaltung und Buchbindung, Druckqualität und Typografie, den Einsatz von Farbe, das Layout … all das, was ein Buch qualitativ hochwertig und ästhetisch anspruchsvoll macht. Man sprach aber auch über einen sinnvollen Aufbau, eine gute Leserführung, den gelungenen Einsatz von Illustrationen und Bilden – und stets auch über die nicht nur aus Handelssicht wichtige Frage: "Für wen ist das Buch gemacht und wird es in dieser Form sein Publikum finden?"

"Das Kleine im Großen suchen – und umgekehrt" (frei nach Jean Paul)

Als letztes Jurymitglied war Dominique Pleimling an der Reihe, der mit großem Engagement für sein Patenbuch „Kleine Sammlung fränkischer Dörfer“ warb. "Ein überaus regionales Buch, das aus meiner Sicht eine überregionale Bedeutung hat", so Pleimling.

Der Schriftsteller Helmut Haberkamm hat für den Band 20 sehr kleine Dörfer in Franken – maximal 100 Einwohner – besucht und seine Eindrücke aus vielen Gesprächen in literarische Reportagen verwandelt. Das Buch enthalte zwar viele Anekdoten, so der Eichborn-Programmleiter, es sei aber kein Pointenbuch, der Autor nehme sein Sujet durchaus ernst. Konzipiert und mit Dorfplänen, Infografiken und Statistiken illustriert hat das Buch die Grafikdesignerin Annalena Weber, die selbst aus Franken stammt. "Schön und übersichtlich", "toller Stil", "sehr gelungene Grafiken", "schönes Gesamtpaket" und " …hat sogar ein Lesebändchen!" waren nur einige der fast unisono positiven Reaktionen auf das Buch aus dem Verlag ars vivendi.

Und dann wurde es spannend. Nach Abschluss der Jurydiskussion wurden in zwei Abstimmungen zunächst die besten drei und daraus dann der Gewinner des Abends ermittelt. Am Ende gab es ein klares Votum für "Kleine Sammlung fränkischer Dörfer" (224 Seiten, Hardcover, Halbleinen, 25 Euro).

Perfekte Zusammenarbeit

Buchdesignerin Annalena Weber und ihre Lektorin von ars vivendi, Magdalena Haid, die für die Veranstaltung aus Hamburg und Cadolzburg angereist waren, freuten sich sehr über die Auszeichnung. Annalena Weber hat – von der ersten Idee bis zum fertigen Buch – über sechs Jahre an dem Projekt gearbeitet und war über die Zusammenarbeit mit dem Autor Helmut Haberkamm sehr glücklich, der einen ganz eigenen Blick auf die dörflichen Strukturen gerichtet habe. Ein Ansatz, den man sich auch gut für andere ländliche Regionen vorstellen könnte. "Wir wollten das Buch unbedingt machen", erzählt Magdalena Haid, "und wir haben dafür einen ganz neuen Weg via Crowdfunding eingeschlagen. Damit konnten wir die schöne Ausstattung des Buches mitfinanzieren."

Mit leckereren Handkäs‘-Häppchen, Drinks und guten Gesprächen zwischen Büchermachern, Jury und Lesern klang ein gelungener Bücherabend aus. Da die Preisverleihung traditionell am Ort beziehungsweise in der Region des Gewinnertitels stattfindet, darf man gespannt sein, in welchem fränkischen Dorf sich Jury, Nominierte und Publikum zur Auftaktveranstaltung 2020 treffen werden.

Auftakt der Regionalbuchtage

Die Auszeichnung ist der Auftakt der bundesweiten Regionalbuchtage "Heimat erlesen" vom 15. bis 30. September. Im Rahmen der Regionalbuchtage laden Buchhandlungen und Verlage in ganz Deutschland dazu ein, gemeinsam Heimat neu zu entdecken.

Unter dem Dach von JETZT EIN BUCH!, der bundesweiten Initiative der deutschen Buchbranche, und in Zusammenarbeit mit den im Börsenverein organisierten Regionalbuch-Verlagen stellen sich Buchhandlungen als Ort der Heimat vor und veranstalten Lesungen, Dinner, Filmabende, Vorträge oder auch Stadtführungen. Damit rücken sie regionale Titel und Autoren und Autorinnen in die öffentliche Aufmerksamkeit.

Weitere Infos unter https://www.jetzteinbuch.de/regionalbuchtage/