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Erlanger Poetenfest: 12.000 Besucher feierten die Literatur

23. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
Mit einem Autorenporträt des israelischen Schriftstellers David Grossman im Erlanger Markgrafentheater ging gestern Abend das 29. Erlanger Poetenfest zu Ende. Dem Abschlussbericht der Veranstalter zufolge kamen weit über 12.000 Besucher vom 27. bis 30. August zu den 60 Veranstaltungen mit 80 Schriftstellern, Literaturkritikern und Publizisten im und rund um den Erlanger Schlossgarten.
Eröffnet wurde das Literaturfestival am 27. August mit der Verleihung des Erlanger Literaturpreises für Poesie als Übersetzung an die beiden Gertrude Stein-Übersetzer Barbara Köhler und Ulf Stolterfoht. Im In der am Freitag anschließenden sechsten Erlanger Übersetzerwerkstatt stellten zehn Literaturübersetzer ihre aktuellen Projekte vor und diskutierten sie mit dem Publikum. Einem der umstrittensten Übersetzer in dieser Runde, dem Tiroler Raoul Schrott, war das erste Autorenporträt des Festivals gewidmet. Seinem Gesprächspartner Alf Mentzer und den 500 Besuchern im Erlanger Markgrafentheater gegenüber bekannte er sich zu den Anstrengungen, die ihm Romane bereiten, im Gegensatz zu Gedichten, die er als „geistige Teilchenbeschleuniger“ bezeichnete.

Im Zentrum des Erlanger Poetenfests standen am Wochenende auch in diesem Jahr die langen Lesenachmittage mit zahlreichen Neuerscheinungen im Erlanger Schlossgarten. Bei durchwachsenem Wetter am Samstag und idealen Open-Air-Bedingungen am Sonntag lauschten Tausende von Besuchern unter anderem den Lesungen von Thomas Glavinic, Ulla Hahn, Robert Menasse, Terézia Mora, Matthias Politycki, Ilma Rakusa und Julia Schoch. Parallel dazu drängten die Zuhörer zu Herta Müller, die ihren neuen Roman „Atemschaukel“ vorstellte, zu Lesungen und Gesprächen mit Inge Jens, die aus ihren „Unvollständigen Erinnerungen“ las, und Ilija Trojanow und Juli Zeh, die ihr Sachbuch „Angriff auf die Freiheit“ vorstellten. Für diese beiden Veranstaltungen musste wegen des Andrangs sogar in größere Säle umgezogen werden. Rekordverdächtig war auch der Ansturm bei den Programmangeboten für Kinder und Jugendliche. Die Lesungen des Jungen Podiums erfreuten sich ebenso großer Beliebtheit wie die Bilderbuch-Lesewiese und das Zelt, in dem der 40. Geburtstag der „Kleinen Raupe Nimmersatt“ gefeiert wurde.

Während am Samstag die „Nacht des Kriminalromans“ mit Ingrid Noll, Heinrich Steinfest und Jan Costin Wagner die Grenze zwischen Genre- und „Hochliteratur“ in Frage stellte, fand im Markgrafentheater ein weiteres Autorenporträt statt: Die Büchner-Preisträgerin Brigitte Kronauer las aus ihrem soeben erschienenen Roman „Zwei schwarze Jäger“ und diskutierte mit Maike Albath über Realität und Künstlichkeit in der Literatur. Höhepunkt und krönender Abschluss des 29. Erlanger Poetenfests war der Auftritt des israelischen Autors David Grossman, der eigens aus Jerusalem angereist war. Verena Auffermann sprach mit ihm über die Absurdität eines Alltags in ständiger Bedrohung, über den schmerzlichen Verlust seines Sohnes im letzten Libanon-Krieg und über den Widerspruch zwischen Pazifismus und der Notwendigkeit der Selbstverteidigung. Ein Abschluss-Abend, der – stellvertretend für ein insgesamt ernstes Poetenfest – aus der persönlichen Betroffenheit heraus, generelle politische und gesellschaftliche Fragestellungen beleuchtete.

Im nächsten Jahr feiert das Erlanger Poetenfest Jubiläum: Das 30. Erlanger Poetenfest findet vom 26. bis 29. August 2010 statt.