Institut für Handelsforschung

Zukunftsstudie Buchhandel

5. Oktober 2010
Redaktion Börsenblatt
Viele Stammkunden, gute Noten für den Service: Damit kann das unabhängige Sortiment schon heute punkten. Wie sich dieses Kapital nutzen und vermehren lässt, erkundet ZUB – die neue Zukunftsstudie des Kölner Instituts für Handelsforschung.

Zukunftsfähigkeit ist manchmal auch eine Frage der Selbsteinschätzung. Während 40 Prozent der Buchhändler zu Protokoll geben, dass Buchhandelskunden große Sortimente bevorzugen, sehen ihre Kunden die Sache offenbar ganz anders. Gerade mal zwölf Prozent von 5.500 befragten Verbrauchern stimmen der Aussage zu, dass Großflächen bei ihnen generell bessere Karten haben.

Das geht aus der sogenannten Zukunftsstudie hervor, die das Kölner Institut für Handelsforschung im Auftrag des Börsenvereins erstellt hat. Die Untersuchung ruht auf zwei Pfeilern: zum einen auf den Kennzahlen des Kölner Betriebsvergleichs (215 teilnehmende Sortimente, Auswertung im Börsenblatt 38/2010), zum anderen auf den Daten von 55 Buchhandlungen, die sich über den Betriebsvergleich hinaus dezidiert an der Zukunftsstudie beteiligt haben – mit Kundenbefragungen und Standortanalysen für ihr Geschäft.

Diesen 55 Buchhändlern liegt mittlerweile eine individuelle Stärken-und-Schwächen-Analyse ihres Unternehmens vor (Börsenblatt 34/2010). Gleichzeitig hat das IfH die gesammelten Daten verdichtet und interpretiert – um daraus Empfehlungen für den gesamten unabhängigen Buchhandel abzuleiten. Denn der muss sich in einer schwierigen Gemengelage aus Konzentrationsprozess, populärem Online-Shopping und wachsender Digitalisierung behaupten – auch wenn ihm laut IfH oft Kapital und personelle Ressourcen fehlen, um Gegenstrategien zu entwickeln.

Einige Erkenntnisse der 66-Seiten-Studie:

  • Kundenzufriedenheit: Das Sortiment macht seine Sache gut – die meisten Kunden sind ausgesprochen zufrieden mit der Leistung, die sie bekommen. Der Lohn: ein treuer Kundenkreis. Fast 74 Prozent aller befragten Kunden bezeichnen sich selbst als Stammkunde der jeweiligen Buchhandlung.
  • Kundenverhalten: Für fast 45 Prozent der befragten Kunden geben persönliche Buchempfehlungen den wichtigsten Kaufimpuls. 75,5 Prozent verbringen "gerne viel Zeit in einer Buchhandlung, um zu stöbern". E-Book-Downloads und Social-Media-Netzwerke spielen derzeit keine große Rolle – worauf sich der Buchhandel bei den nachrückenden Generationen aber nicht verlassen sollte. Zumal die Kundenbefragungen für die Zukunftsstudie ohnehin nur Konsumenten erreicht haben, die dem Buchhandel verbunden sind.
  • Standort: "All business is local." An einem guten Standort verzeiht der Kunde der Buchhandlung vieles. An einem schlechten sind erhebliche Anstrengungen notwendig, um aktuelle Kunden zu halten, neue hinzuzugewinnnen.
  • Raum: Größe allein beeindruckt den Kunden nicht – kleinere Buchhandlungen überzeugen auch durch ihr Flair. Angenehme Atmosphäre und Übersichtlichkeit bezeichnen nahezu alle Kunden als wichtig. Wem die Atmosphäre zusagt, der bleibt im Schnitt 15 Minuten im Laden, wem es dort nicht gefällt, der verlässt das Geschäft nach zehn Minuten wieder.
  • Personal: Mehr als 80 Prozent der befragten Kunden halten Freundlichkeit und Fachberatung in der Buchhandlung für sehr wichtig. »Eine gute Performance im Personalbereich ist für den Buchhandelserfolg unabdingbar«, heißt es deshalb in der Studie – zumal hier auch zwei Drittel aller Kosten anfallen (inklusive Unternehmerlohn). Gut ausgebildete, motivierte Mitarbeiter schärfen das Profil gegenüber der Konkurrenz. Laut Kundenbefragung schneidet der Buchhandel hier schon jetzt gut ab, die Studie betont aber auch, dass das Sortiment für eine erfolgreiche Zukunft geschultes Personal braucht, das sich mit Datenbanken, Logistik und Informationsbeschaffung auskennt.
  • Angebot: Hier ist den Kunden an einer großen Auswahl (92 Prozent) und an preisreduzierten Büchern (43 Prozent) gelegen. Fast 30 Prozent der befragten Kunden würden sich mehr günstige Angebote wünschen. Das IfH sieht bei einer entsprechenden Sortimentserweiterung noch "deutliches Potenzial zur Profilierung gegenüber anderen Buchhandlungen". Durchaus denkbar: Gebrauchte Bücher ins Sortiment zu nehmen. Denn: Fast 69 Prozent der befragten Kunden würden den Secondhand-Kauf nicht per se ausschließen. Wasser auf die Mühlen der Hörbuchverlage: Jeder fünfte Kunde wünscht sich eine Erweiterung um Hörbücher, CDs und DVDs.
  • Sonstige Leistungen: Hohe strategische Bedeutung hat der "Bestell- und Versandservice", bei dem die Sortimente laut Studie Luft nach oben haben. Ein Online-Shop steht bei den befragten Kunden nicht im Mittelpunkt, aber: Immer mehr Kunden bereiten sich online auf den Kauf im Laden vor.
Optimierungsbedarf – und zwar erheblichen – macht die Studie bei den betriebswirtschaftlichen Kennzahlen aus. Immerhin: Nach vielen Jahren mit negativen Vorzeichen legt der Buchhandel laut Betriebsvergleich 2009 ein ausgeglichenes Betriebsergebnis vor. Zum Vergleich: Einzelhändler für Uhren und Schmuck bringen es auf ein Betriebsergebnis von 4,4 Prozent, der Schuheinzelhandel schneidet mit minus 3,1 Prozent deutlich schlechter ab als der Buchhandel.

Warum nicht Shop-in-Shop-Konzepte?

Benchmarking nach oben wäre angebracht. Hilfreich auf dem Weg in die Zukunft kann auch die Suche nach Partnern sein. Shop-in-Shop-Konzepte, etwa gemeinsam mit Gastronomie-Unternehmen, sind nach IfH-Analyse eine Möglichkeit, Mieteinnahmen zu erzielen und ein jüngeres Image aufzubauen. "Die Studie bestätigt viele bislang unbelegte Annahmen über die Faktoren für Erfolg und Misserfolg im Sortiment", so das Fazit von Kyra Dreher, im Börsenverein Geschäftsführerin des Sortimenter-Ausschusses: "Wir freuen uns über die überwiegend positiven Rückmeldungen aus dem Kreis der 55 Teilnehmer. Dabei ist das Feedback besonders derjenigen Unternehmen sehr gut, die in ihrem Kurs bestätigt wurden."

Sabine Cronau

"Die Zukunft des deutschen Sortimentsbuchhandels" – so ist die Studie überschrieben, die das Kölner Institut für Handelsforschung im Auftrag des Börsenvereins erstellt hat. Die Analyse steht Mitgliedsunternehmen online zur Verfügung unter: www.boersenverein.de.