Das digitale Thema hat die Buchbranche mit der Wucht einer Kontinentalverschiebung im Zeitraffer erfasst. Die Tektonik der Gutenberg-Welt wird dabei kräftig durcheinandergeschüttelt, und wer nicht schnell reagiert oder Anpassungsstrategien entwickelt, verliert den Boden unter den Füßen oder hinterlässt bald nur noch in einer fossilen Lagerstätte Spuren. Die Buchmesse hat die Turbulenzen im Blick und mit der digitalen Initiative Sparks ein deutliches Zeichen gesetzt: Sie hat mit den Hot Spots Räume für den Austausch und die Kommunikation mit Branchenneulingen geschaffen. Und sie hat erkannt, dass Digitalisierung, neue Workflows und E-Books nicht nur Teil einer technologischen Revolution sind, sondern auch die Inhalte nachhaltig verändern werden. Wie wir morgen erzählen, lesen, produzieren und Storys verkaufen werden, ist die Frage. Technische Details treten da in den Hintergrund; neue Medienformate und Geschäftsmodelle werden wichtiger.
Als kritischen Punkt bezeichnet die Physik die Phase, in der sich zwei Aggregatzustände so einander annähern, dass sie kaum noch unterscheidbar sind. In diesem Phasenübergang befindet sich die Buchbranche. Was noch alt, was schon neu ist, lässt sich nicht leicht entscheiden. Und ebensowenig, was in diesem von Menschen und nicht von Naturgesetzen bestimmten Prozess zu tun ist. Deshalb gibt es auch keine Allheil-Strategie des digitalen Publizierens, die vor Fehlern und mittleren Katastrophen schützt. Es ist ein Stolpern, Experimentieren, unerwartetes Reüssieren, das die Branche in diesen Umbruchjahren erlebt. Auf der Frankfurter Buchmesse 2010 sind wir Zeugen dieses Prozesses.