Emotional starke Eröffnungsfeier der 62. Frankfurter Buchmesse

Historischer Hammerschlag

6. Oktober 2010
Redaktion Börsenblatt
Mit dem Attribut "historisch" soll man sparsam umgehen. Die feierliche Eröffnung der Buchmesse im Frankfurter Congress Center hatte allerdings einen historischen Moment: als nämlich am Ende des Programms die Präsidentin Argentiniens, Cristina Fernández de Kirchner, ein altehrwürdiges Ritual neu erfand...

Sie hatte zum Schluss ihrer Rede einen Hammer auf dem Rednerpult entdeckt, jenen Hammer, mit dem (was sie nicht wissen musste) ungefähr seit Ewigkeiten der Vorsteher des Börsenvereins jeweils die Buchmesse eröffnet, hielt ihn hoch und fragte, ob sie mit dem Werkzeug nun irgendetwas tun solle. Woraufhin Vorsteher Gottfried Honnefelder aufs Podium eilte, in deutscher Sprache und unübersetzt einen kurzen Abriss der Geschichte des bevorstehenden Rituals gab (was Frau Präsidentin trotz europäischer Familienwurzeln nicht verstehen musste) und spontan den Vorschlag machte, man möge nun gemeinsam den Hammerschlag vornehmen. Gesagt, getan, da ließ sich Präsidentin Fernández de Kirchner nicht lange bitten.

Mit großem Applaus für den ersten doppelhändigen Hammerschlag in der Geschichte der Bücher lesenden Menschheit endete eine insgesamt emotionsstarke Eröffnungsfeier. Zuvor hatte Honnefelder an die Adresse der Bundespolitik den Appell gerichtet, nun endlich auch für E-Books den reduzierten Mehrwertsteuersatz gelten zu lassen und so eine steuersystematisch unplausible Systemlücke zu schließen, wie dies in anderen Ländern der EU wie Frankreich, Spanien, Schweden und den Niederlanden bereits umgesetzt werde. Auch hatte der Vorsteher "rechtsstaatliche Verhältnisse im Internet" angemahnt, auf die die Buchbranche dringend angewiesen sei, wenn nicht der Schutz geistigen Eigentums insgesamt Schaden leiden solle.

Das nahm Bundesaußenminister Guido Westerwelle gern als Vorlage auf, als er in seiner Rede betonte, Gesellschaften dürften "den Schutz des geistigen Eigentums nicht geringer achten als den des dinglichen Eigentums". Man wolle regierungsseitig alles dafür tun, dass für das Buch und den Handel mit ihm weiterhin gute Rahmenbedingungen bestehen bleiben, versicherte der Vizekanzler. Westerwelle wörtlich: "Wer das geistige Eigentum nicht schützt, der wird den Geist verlieren."

Ein außergewöhnlicher Punkt auf dem Programm der Eröffnungsfeier war die Ehrung der Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth. Ihr verlieh der Vorsteher des Börsenvereins die Plakette "Der Förderin des Buches" für ihre langjährigen Verdienste um das Buch und das Lesen und für ihren kulturpolitischen Gestaltungswillen auch in Zeiten rückläufiger kommunaler Finanzen.

Einige Reden sind online nachzulesen: Die Rede von Buchmessedirektor Juergen Boos, die Ansprache der Schriftstellerin Griselda Gambaro und die Rede von Börsenvereinsvorsteher Gottfried Honnefelder.