Nix Neues, sagen Sie – E-Reader und Computerdisplays sind schließlich schon ein alter, sogar ziemlich angegrabbelter Messehut? Stimmt, aber hier geht es nicht um zierliche kleine Lesegeräte oder handliche Laptops, sondern um Flachbildschirme der Größenklasse XXL, die sonst nur auf der Funkausstellung oder beim Mediamarkt rumstehen.
„Die Welt, wie Sie sie kennen, wird es nicht mehr geben", orakelt es düster auf dem Monitor am Random-House-Stand, während sich das Buchcover für Justin Cronins Roman „Der Übergang" wie von Zauberhand ein- und wieder ausblendet. Und man selber denkt: wie wahr. Ein paar Gänge weiter zappelt bei Dorling Kindersley Bestsellerkoch Jamie Oliver über den Bildschirm, tonlos, wie eine ferngesteuerte, leicht überdrehte Küchenmarionette. Und dann, in Halle 4, kommt der wahre Kulturschock: Sogar bei Schirmer Mosel hängt ein Flachbildschirm an der Wand – flirrende Reklame für einen Prachtband über die Kunst der deutschen Renaissance. Cranach, in Pixel und Zoll bemessen?
Haptik schlägt Optik – auf der Buchmesse 2010 gilt das schon mal nicht. Stattdessen wird jede zweite Koje aufgemöbelt via Mattscheibe. Video kills the Reading Star. Vielleicht machen wir uns ja auch alle ganz falsche Vorstellungen vom Lesen der Zukunft und weder E-Reader noch Apples iPad sind die Lesewerkzeuge von morgen. Stattdessen rücken sich die Bücherfreunde zuhause bequem den Sessel zurecht, stellen ein Glas Wein auf den Tisch und blättern sich dann im Heimkinoformat durch den aktuellen Bestseller. Lesen in großen Dimensionen – wo war doch gleich der Ausknopf?