Meinung: E-Books

Ein Stolperstein sind wir selbst

11. November 2010
Redaktion Börsenblatt
Warum und wie sich der Buchhandel im Geschäft mit E-Books engagieren soll. Von Susanne Martin, Schiller Buchhandlung, Stuttgart-Vaihingen.

Haben kleinere Buchhandlungen eine Zukunft im digitalen Markt? Wie lange wird es dauern, bis der Umsatz mit E-Books so zunimmt und die Rückgänge im Printbereich so groß werden, dass viele Buchhandlungen sie nicht mehr kompensieren können? Brauchen Verlage uns Buchhandlungen eigentlich noch, ist es nicht viel attraktiver, sich den Umsatz direkt ins Haus zu holen?

Als Inhaberin einer klassischen Stadtteilbuchhandlung muss ich mir diese Fragen spätestens jetzt stellen, auch wenn wir an den E-Book-Markt noch keine nennenswerten Umsätze verlieren. Seit es die E-Reader gibt, haben wir 13 Sony-Reader in unserer Buchhandlung verkauft, über unseren Libri-Shop wurden 140 E-Books heruntergeladen. Das ist wenig, aber es zeigt: Auch in einer Buchhandlung wie unserer gibt es interessierte Kundinnen und Kunden.

Ich stelle mir vor, dass die Schiller Buchhandlung in einigen Jahren weiterhin gedruckte Bücher verkaufen wird, daneben aber auch digitale Buchausgaben. Es wird nicht die E-Book-Käufer und die Print-Kundinnen geben, sehr viele Vielleser werden Sowohl-als-auch-Käufer sein. Dass die E-Books, von denen ich hier rede, nicht mehr nur digitalisierte Texte sein werden, sondern E-Books, die einen Mehrwert über das gedruckte Buch hinaus haben, versteht sich von selbst.

So könnte in Zukunft der Alltag einer kleineren Buchhandlung aussehen, doch auf dem Weg dorthin gibt es einige Stolpersteine. DRM und Pricing gehören dazu. Ein weiterer großer Stolperstein heißt Geld. Unsere National Player haben die Mittel, schöne digitale Zukunftsszenarien zu entwickeln und können sie auch bezahlen. Wir haben sie nicht. Wir sind angewiesen auf Angebote, die uns unsere Handelspartner machen, also Großhändler, Verlage und vielleicht der Börsenverein.

Aber auch wir Buchhändler sind gefordert und können nicht nur Forderungen stellen. Wer heute keine ansprechende Homepage hat, über die er die E-Book-Brosamen einsammeln kann, ist selber schuld. Wer immer noch zögert, wenigstens einen Reader gut sichtbar in seiner Buchhandlung aufzustellen, um damit zu signalisieren: Wir können das auch! –, der muss sich nicht wundern, wenn seine Kunden ihn nicht nach E-Books fragen.

Ein Minimum an Investition in die Zukunft muss man von jedem erwarten. Und so, wie ich hin und wieder ein neues Regal oder Dekomaterial für den Laden kaufe, so muss ich eben auch in eine funktionale Homepage mit E-Book-Shop und Ansichtsreader investieren. Wenn wir wirklich versuchen wollen, Inhalte in allen Formen zu verkaufen, dann müssen wir uns mit dem Thema beschäftigen, im Team Mitarbeiter sensibilisieren und fit machen. Wir benötigen aber auch bezahlbare Fortbildungen, in denen es um ganz konkrete Inhalte geht. In Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen stoße ich oft auf eine erschreckende Zurückhaltung und viel Resignation. Das mag zum Teil auch daran liegen, dass wir noch keine nennenswerten Einbußen haben, aber darauf möchte ich mich nicht verlassen. Jede Buchhändlerin sollte sich überlegen, wie viele Shell-Atlanten und Straßenkarten sie vor 15 Jahren verkauft hat und wie viele es heute noch sind. Im Fall der Navigationssysteme gab es für uns keine Chance, zu partizipieren – bei den E-Books sollten wir es nicht darauf ankommen lassen.

Der letzte Stolperstein auf dem Weg in eine digitale Zukunft für kleinere Buchhandlungen sind also wir selbst. Wenn wir das Thema nicht ernst nehmen, bekommen wir ein Problem. Wir müssen mit unseren Handelspartnern reden, unsere Bedürfnisse artikulieren. Und deutlich machen, dass wir die digitalen Umsätze brauchen, damit wir weiterhin Bücher verkaufen können, die es nach landläufiger Meinung noch lange geben wird. Das mag unbequem sein für beide Seiten – aber es führt kein Weg daran vorbei.

Der Text basiert auf einem Vortrag auf dem Fachkongress Homer 3.0 in Berlin.