Das beste Mittel gegen Piraterie: Ignorieren!

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Was auf den ersten Blick wie eine Absurdität klingt und sicherlich auch sehr pointiert formuliert ist, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als sehr probates Mittel gegen illegale Downloads.
Warum? Nun, solange Verleger ihren Fokus darauf legen, ihre Inhalte zu schützen, stehen zwangsläufig Maßnahmen im Vordergrund, die die Nutzung des Content auf irgendeine Weise einschränken. Sei es durch DRM, durch das Begrenzen von Kopieren und Ausdrucken oder durch zeitliche oder räumliche Einschränkungen. Eine solche Einschränkung der Content-Nutzung ist aber gleichzeitig auch eine Einschränkung des Lesers.
 
Gleichzeitig können wir davon ausgehen, dass jedes E-Book (und ein großer Teil der noch nicht als E-Book veröffentlichten Titel) auch als illegale Raubkopie im Netz herunterladbar ist - ohne irgendeine Einschränkung.
 
Ein Blick in andere Mediengattungen zeigt, dass selbst in Bereichen, in denen der gesamte Content massenhaft illegal verfügbar ist, eine Vielzahl von kommerziellen Anbietern extrem erfolgreich ist. In der Musik sind dies Apple iTunes und Spotify, um nur zwei Beispiele zu nennen.
 
Warum zahlen nun Internet-Nutzer für Inhalte, die sie woanders kostenlos erhalten? Und mehr noch, warum zahlen sie auf diesen Plattformen für Inhalte, die immer schon kostenfrei waren, wie beispielsweise Fernsehserien aus dem Free-TV? Die Antwort ist deutlich einfacher als deren Umsetzung: Komfort heißt das Zauberwort. Der Kunde schätzt das große, in Teilbereichen sogar komplette Medienangebot, die Empfehlungen und Rezensionen, das einfache Payment.
 
Kurzum, diese erfolgreichen Anbieter zeichnen sich allesamt dadurch aus, daß sie den Komfort und den Nutzen für den Kunden ganz klar in den Vordergrund stellen. Sie beschäftigen sich ausschließlich mit den ehrlichen, legal handelnden Kunden und gerade nicht mit der Minderheit, die ohnehin Wege finden, den Content illegal zu verbreiten und zu beziehen.
 
Nur wenige Händler haben die Marktmacht, solche komfortablen Angebote nach eigenen Maßgaben durchzusetzen. Alle anderen müssen sich dem Diktat der Verlage beugen und ihre Titel mit DRM und vielfältigen Restriktionen versehen.
 
Dabei sollten gerade Verlage ein Interesse daran haben, eine möglichst vielfältige Handelslandschaft zu unterstützen. Und dafür sorgen, dass unsere Kunden, die sehr verwöhnt und anspruchsvoll sind, solch komfortable Kaufangebote überall finden.
 
Kurzum, die Fokussierung auf die Piraterieverhinderung verstellt den Blick aufs Wesentliche: den Kunden. Verlage sollten sich ausschließlich auf den Kundennutzen konzentrieren, zur Piraterieverfolgung gibt es den Verband.
 
Ich freue mich auf kritisches Feedback
Ihr Ronald Schild
 
PS: Kennen Sie noch einen Supermarkt, in dem man seine Taschen in Schließfächern im Eingangsbereich verstauen muss, bevor man einkaufen geht?