Buchhandlung Osiander

"Keine Goldklinken an den Türen"

15. März 2012
Redaktion Börsenblatt
Osiander-Geschäftsführer Christian Riethmüller über die Mitarbeiterprämie von 1.000 Euro, das Glück im Süden Deutschlands zu arbeiten und das Aldi-Prinzip im Buchhandel.

Sie zahlen in diesem Jahr eine Jahresprämie. Wie hoch war eigentlich Ihr Jahresbonus?
Die Geschäftsleitung erhält keinen Jahresbonus. Unsere Mitarbeiter bekommen ihren Jahresbonus im Juni mit dem Urlaubsgeld ausgezahlt.

Warum machen Sie das?
Wir haben mit den Mitarbeitern vor fünf Jahren vertraglich vereinbart, dass sie bei einer Umsatzrendite von über drei Prozent 1.000 Euro extra bekommen. Wenn es dem Unternehmen gut geht, dann sollen auch unsere Beschäftigten davon profitieren.

Was passiert, wenn die Geschäft weniger gut laufen?
Für diesen Fall kann die Geschäftsleitung das Urlaubs- und/oder Weihnachtsgeld kürzen, was bisher aber noch nie vorgekommen ist.

Wie haben Sie Osiander fit für den Strukturwandel gemacht?

Wir haben den Strukturwandel nicht bewältigt, sondern sind noch mittendrin. Bisher haben wir jedoch ganz gut auf Veränderungen im Buchgeschäft reagiert. Trotzdem müssen wir fairerweise sagen, dass wird nicht die Probleme haben, die jetzt große Buchhändler wie Thalia oder Hugendubel haben. Wir sind nicht in den teuren Großstädten mit riesengroßen Flächen. Wir sind im Südwesten Deutschlands. Es gibt hier wenig Arbeitslosigkeit, die Wirtschaft boomt, einige Autohersteller sitzen hier. Unsere Buchhandlungen sind in Mittelstädten. In den meisten Fällen ohne große Laden-Konkurrenz, mit bezahlbaren Mieten und vor allem vernünftigen Flächen.

Haben Sie auch Ihr Sortiment verändert?

Wir bieten jetzt mehr Non-Books, Kalender und Postkarten an. Ebenso machen wir wesentlich mehr mit Sonderangeboten und modernem Antiquariat. Zudem haben – als Alleinstellungsmerkmal gegenüber dem Internet – mehr Personal auf der Fläche. Das können wir uns auch eher leisten, da wir in Städten sind, in denen die Mieten nicht hoch sind.

Onlineshop, Non-Books, E-Books: Wie hoch ist deren Beitrag am Umsatz?
Beim Webshop haben wir einen Anteil von vier bis fünf Prozent. Bei den E-Books sind wir im Promillebereich – aber stark wachsend. Und bei den klassischen Non-Books haben wir einen Umsatzanteil von zehn Prozent.

Was sind die Themen, die Sie derzeit bewegen?
Wir wollen die Marke Osiander noch stärker am Markt etablieren. Zu diesem Zweck müssen wir in Südwestdeutschland vernünftig expandieren. Darüber hinaus wollen wir einen perfekten Webauftritt haben, der unsere Ladengeschäfte ergänzt. Auch arbeiten wir an einer guten Strategie für E-Books und E-Reader.

Sie haben mehrere Jahre für Aldi gearbeitet. Was haben Sie vom Discounter für das Buchgeschäft gelernt?
Es macht mehr Spaß ein schönes Buch zu verkaufen als Seife oder Klopapier. Obwohl wir keinen Einfluss auf die Qualität der Bücher haben, muss die Qualität unserer Läden und Mitarbeiter spitze sein. Des Weiteren müssen wir die Kosten niedrig halten - vor allem in den Bereichen, die nicht mit dem Verkauf von Büchern zu tun haben. So ist unsere Verwaltung einfach ausgestattet. Wir haben keine Goldklinken an den Türen.

Worauf achten Sie, wenn Sie eine Buchhandlung übernehmen oder eröffnen?
Wenn wir feststellen, dass die Buchhandlung einen guten Umsatz macht, in einer für uns attraktiven Stadt ist und wir dort die Nummer eins sind, übernehmen wir das Geschäft. Wenn wir einen neuen Laden eröffnen wollen, analysieren wir, ob es in der Stadt Bedarf für zusätzlichen Buchhandel gibt. Wenn wir sehen, dass dort einer einen richtig guten Job macht, gehen wir nicht dorthin. Wir wollen uns keinem unnötigen Verdrängungskampf stellen. Falls es in dieser Stadt einen Laden gibt, der noch einen Buchhandel wie vor 20 Jahren macht, gehen wir gegebenenfalls mit einer guten Fläche hin.

Worüber haben Sie sich zuletzt geärgert?
Über Leute, die grün wählen und bei gesichtslosen amerikanischen Internethändlern bestellen, die ihnen mit Drecksschleudern die Waren nach Hause liefern. Die Menschen sollten lokale Unternehmen mit ihrem Einkauf unterstützen.

Und gefreut?
Am Samstag hatte ich frei. Ich habe mich gefreut, dass ich mit meiner Frau, meinen Töchtern und unserem Pferd an der frischen Luft und in der Natur sein konnte.

Interview: Kemal Calik