Osiander und eBuch klagen gegen Springer

Ein E-Book, zwei Versionen: Rechtsstreit um harten Kopierschutz

16. Juli 2015
von Börsenblatt
Die Buchhandlung Osiander zieht gemeinsam mit der Genossenschaft eBuch gegen den Wissenschaftsverlag Springer vor Gericht: Beide wollen damit die juristische Grundsatzfrage klären, ob E-Books, die mit unterschiedlichem Kopierschutz ausgestattet sind, zum selben Preis angeboten werden dürfen.

Aus Sicht der Kläger geht es in dem Verfahren um einen Verstoß gegen das Preisbindungsgesetz. Zum Hintergrund: Der Springer-Verlag hatte über seinen Online-Shop springer.com einen Titel zur Baukonstruktionslehre im PDF-Format angeboten, ausgestattet mit einem digitalen Wasserzeichen, dem so genannten weichen Kopierschutz. Osiander dagegen konnte, so wie andere Händler, seine Kunden über den Dienstleister libreka! nur mit einer E-Book-Version beliefern, die über harten Kopierschutz mit Digital Rights Management (DRM) verfügte.

Das Kaufen und Lesen eines solchen E-Books sei für Letztabnehmer kompliziert und zeitaufwändig, argumentieren die beiden Kläger – und schränke die Nutzungsmöglichkeiten des Kunden stark ein, etwa bei der Möglichkeit des Ausdrucks, der Benutzungsdauer und den „Copy-and-Paste“-Funktionen. Beide Versionen wurden jedoch zum selben Preis von 42,99 Euro angeboten.

Letztlich sehen die klagenden Buchhändler in der Einräumung erheblich weitergehender Nutzungsmöglichkeiten beim E-Book ohne DRM einen geldähnlichen wirtschaftlichen Vorteil, der auf den gebundenen Buchpreis anzurechnen sei. Außerdem kritisieren Osiander und eBuch einen unzulässigen Preiswettbewerb, der mit dem Preisbindungsgesetz nicht vereinbar sei. Denn angesichts des besseren, günstigeren Angebots im Verlagsshop werde der Kunde ähnliches von allen 160.000 Titeln erwarten, die in der „Springer eBook-Collection“ zu haben seien.

Osiander und eBuch schickten dem Springer-Verlag daraufhin im März über die Kanzlei v. Nieding Ehrlinger Marquardt eine Abmahnung. Die Berliner Rechtsanwälte haben die Genossenschaft schon mehrfach in Preisbindungsverfahren vertreten. Springer gab keine Unterlassungserklärung ab, weil aus Sicht des Verlags kein Preisbindungsverstoß vorliegt. Das Unternehmen hat jedoch auch anderen Plattformen den Weg geebnet, das E-Book mit weichem Kopierschutz an den Handel weiterzugeben, unter anderem auf Intervention des Börsenvereins. libreka! prüft nach Angaben von Jörg Gerschlauer, Marketing- und Vertriebsleiter bei der Börsenvereinstochter MVB, gerade eine Umsetzung der entsprechenden Anforderungen.

Allerdings werden die Nutzer der Springer-E-Books mit digitalem Wasserzeichen offenbar nicht über eine Nummer identifiziert, sondern grundsätzlich via E-Mail-Adresse oder Benutzername – was Osiander-Geschäftsführer Hermann-Arndt Riethmüller ebenfalls kritisiert. Schließlich sind es die Daten seiner eigenen Kunden, die dabei erfasst würden.

Unabhängig davon erhofft sich Riethmüller nun von dem Hamburger Gerichtsverfahren „die grundsätzliche Klärung einer spannenden Frage“. Neue Medien würden eben auch neue Rechtsprobleme aufwerfen. Ähnlich wie bei den Club- oder Taschenbuchausgaben gedruckter Titel gehe es letztlich darum, wie unterschiedliche Ausgaben im E-Book-Format rechtlich zu bewerten seien. Springer wollte sich auf Anfrage nicht näher zu dem Rechtsstreit äußern.