Urheberrechtsabgaben

Bitkom ruft Politik zum Systemwechsel auf

22. April 2016
von Börsenblatt
Nach dem BGH-Urteil und vor der Reform der Verwertungsgesellschaften schaltet sich der Digitalverband Bitkom in die Debatte ein – und fordert neue Regeln bei der Verteilung der Geräteabgaben. Leistungsschutzrechte für Verlage hält der Verband für überflüssig.   

Urheberrechtsabgaben müssten sich an die Wirklichkeit anpassen, Vergütungsmodelle stärker an den heutigen Angeboten und dem Verhalten der Nutzer orientieren - am Streaming von Inhalten. Früher oder später würde das bisherige Abgabesystem überflüssig, so Bitkom: Das System urheberrechtlicher Abgaben für Geräte und Speichermedien habe sich 50 Jahre nach seiner Einführung überholt.

Geräteabgabe abschaffen? Bitkom schaut in andere Länder

„Mix-Kassetten, gebrannte CDs oder mit Musik oder Videos gefüllte USB-Sticks werden wohl keine ähnlich erfolgreichen Nachfolger haben“, erklärt Bitkom-Urheberrechtsexperte Markus Scheufele in einer Mitteilung an die Medien.

Im vergangenen Jahr nutzten laut Bitkom 76 Prozent der Internetnutzer Video-Streaming und 37 Prozent Musik-Streaming. Der Umsatz mit Video-Streaming ist in Deutschland im Jahr 2015 um 24 Prozent auf 579 Millionen Euro gewachsen, der Umsatz mit Musik-Streaming auf 223 Millionen Euro mehr als verdoppelt.

Beim Streaming gehe es nur noch um den Zugang zu Inhalten, Privatkopien gebe es dort nicht mehr. Dass es auch anders gehe, zeigten Länder wie Spanien oder Finnland, die Abgaben auf Geräte ganz abgeschafft hätten. Deutlich niedrigere Abgaben als in Deutschland würden in Österreich und den Niederlanden fällig, in wieder anderen Ländern würden Alternativmodelle erprobt, „etwa Fondsmodelle, eine staatliche Finanzierung oder die Berücksichtigung der Kopiermöglichkeit beim Verkaufspreis von urheberrechtlich geschützten Inhalten.“

Anders, aber nicht mehr: "Für Verbraucher und Unternehmen muss es kostenneutral sein"

Mit Blick auf das BGH-Urteil von gestern urteilt Bitkom, dass die Verwertungsgesellschaften nun mit Urhebern und Verlagen neu verhandeln müssten – ohne Verbrauchern oder der Wirtschaft etwas aufzuladen: „Eine neue Verteilung der Urheberrechtsabgaben muss für Verbraucher und Unternehmen kostenneutral erfolgen“, so Scheufele, der zugleich betont, dass eine Debatte um neue Leistungsschutzrechte für Verlage dabei überflüssig und nicht ratsam sei. Sollten Verlage wie bisher an den Abgaben beteiligt werden, müsste das auf EU-Ebene in der entsprechenden Richtlinie klargestellt werden.

Bitkom fordert Bundestag zum Systemwechsel auf

Der Bitkom richtet sich mit seinem Appell in erster Linie an die Politik, setzt dabei- als nächstes auf die Reform der Verwertungsgesellschaften, mit der sich der Bundestag (wie angekündigt) sich in der kommenden Woche beschäftigen will. Eine grundlegende Überarbeitung der gerätebezogenen Abgaben sei darin allerdings bislang nicht vorgesehen. Aus Sicht des Bitkom „sollte der Gesetzgeber nicht an alten Strukturen festhalten, sondern einen umfassenden Systemwechsel prüfen.“

Unter www.urheberrechtsabgaben.de bietet Bitkom einen neuen Online-Rechner für die Ermittlung urheberrechtlicher Abgaben auf Geräte und Speichermedien. Scheufele: „Mit dem Online-Rechner wollen wir für mehr Durchblick im Dickicht des Abgabendschungels sorgen.“