Einige Monate lang habe ich ihn geshadowt. Ich war zu seiner Nachfolgerin gewählt und hatte vier Monate Zeit, von ihm zu lernen – und da gab es viel, was man von ihm lernen konnte: Ruhe bewahren, vor allem dann, wenn es rund geht. Das große Ganze im Blick behalten. Überparteilichkeit im Sinne von spartenneutral agieren. Souveränität und Gelassenheit.
Ich saß im Saal bei allen Veranstaltungen, bei denen er im Rahmen seiner letzten Buchmesse 2019 Reden hielt und Grußworte. Ich schrieb eine "Gebrauchsanweisung für das Vorsteheramt" und war dankbar, von ihm lernen zu dürfen.
Dann kam Corona, die Ehrenmitgliedschaft durfte ich ihm erst mit zwei Jahren Verspätung verleihen, wir hatten aber einen heiteren Abend im Sommer seines ersten Nicht-mehr-Vorsteher-Jahres bei uns im Garten zusammen. Ich hatte mit Ratschlägen und Feedback zu meiner Art der Amtsführung gerechnet, aber da kannte ich ihn schlecht: Heiner Riethmüller übernimmt Verantwortung vom ersten bis zum letzten Moment, dann aber lässt er los – und überlässt anderen das Feld: Im Börsenverein, in seinen Buchhandlungen, vielleicht auch irgendwann in der SPD in Tübingen. Aber bevor es so weit ist, setzt er auch hier Maßstäbe, ist auch hier Vorbild. Denn mit seinem politischen Engagement hat er sich noch mal neu erfunden. Wieder ehrenamtlich. Wieder ganz im Dienst der Sache im Ausschuss für Kultur, Bildung und Soziales sowie im Ausschuss für Planung, Verkehr und Stadtentwicklung. Und wieder lerne ich von ihm!