Börsenverein

Wie Verlage den Einsatz von KI freiwillig offenlegen wollen

7. November 2025
Redaktion Börsenblatt

Transparenz statt Pflicht: Am Mittwoch präsentierten Mitglieder des Ausschusses für Verlage und der IG Digital während der Fachausschuss-Sitzungen ihre erarbeitete Handreichung für die Offenlegung des Einsatzes von KI. Anna Härle, PR-Managerin des Börsenvereins, sprach mit Nicola Bartels vom Ausschuss für Verlage über die Hintergründe der Handreichung.

Nicola Bartels stellt das Konzept vor

Nicola Bartels stellt das Konzept vor

Anwendungen mit künstlicher Intelligenz halten Einzug in die unterschiedlichsten Lebens- und Arbeitsbereiche. Längst sind sie auch in der Buchbranche angekommen. Entsprechend gibt es aus Handel und Leserschaft immer mehr Stimmen, die wissen möchten, inwiefern KI bei ihren Büchern zum Einsatz kam – wie auch in der kürzlich veröffentlichten Charta zu Künstlichen Intelligenz der EIBF gefordert. Gesetzlich existiert bislang keine Kennzeichnungsvorschrift. Um dem Wunsch auf freiwilliger Basis entgegenzukommen, nahmen sich nun Mitglieder des Ausschusses für Verlage und der IG Digital der Fragestellung an, wie Verlage mehr Transparenz schaffen können. Am Mittwoch präsentierten sie während der Fachausschuss-Sitzungen ihre erarbeitete Handreichung, die Verlagen ab sofort im Digitalen Wissens-Hub des Börsenvereins zur Verfügung steht.

Nicola Bartels

Nicola Bartels

Frau Bartels, warum hat sich der Ausschuss für Verlage entschieden, das Thema eigeninitiativ anzupacken?

Künstliche Intelligenz eröffnet neue Wege zur Erstellung und Bearbeitung von Inhalten, wirft aber auch Fragen hinsichtlich Originalität, ethischer Verantwortung und der Folgen für kreative Berufsfelder auf. Das ist nicht nur bei den Herstellenden der kreativen Werke angekommen, sondern auch bei denen, die sie verkaufen und kaufen. Den Einsatz von künstlicher Intelligenz muss man allerdings sehr differenziert betrachten. Es gibt es nicht nur Schwarz oder Weiß, sondern viele verschiedene Einsatzfälle, die je nach Verlagsprofil unterschiedlich zu beurteilen sind. Wir wollten Verlagen innerhalb des facettenreichen Einsatzes von KI mehr Orientierung bieten und sie damit zum Beispiel auch bei der Erarbeitung einer Selbsterklärung unterstützen. Diese Herausforderung haben wir proaktiv mit geballter Branchenexpertise angepackt – und dafür die IG Digital direkt mit ins Boot geholt.

Und um was handelt es sich nun bei der erarbeiteten Handreichung?

Die Handreichung ist ein Wegweiser für Verlage, eine verlagseigene Haltung im Umgang mit KI zu entwickeln. Sie soll unterstützen, über Verlagshäuser hinweg eine möglichst sinnvolle und einheitliche Klassifizierung und Sprache zu finden.

Wir haben uns gefragt: Welche Einsatzfälle existieren in Verlagen wirklich und welche davon wären potentiell kennzeichnungsrelevant? Der Fokus unserer Betrachtungen liegt auf dem Einsatz generativer KI, assistive Anwendungen, wie KI-unterstützte Auflagenplanung, haben wir ausgeklammert. Die Handreichung enthält eine Klassifizierung verschiedener Möglichkeiten, wie generative KI bei der Erstellung verlagseigener Produkte genutzt werden kann. Sie kann insbesondere kleine und mittlere Verlage unterstützen, verschiedene Anwendungsfälle von KI zu unterscheiden und einzuordnen und zeigt Möglichkeiten auf, den Einsatz von KI transparent und passend zum eigenen Verlagsprofil zu definieren und zu kommunizieren. Das Raster bietet Verlagen zudem eine Hilfestellung, mit Urheber*innen ein gemeinsames Verständnis des Einsatzes von KI zu erlangen und eigene Richtlinien zu formulieren, die klare Handlungsempfehlungen und Verbote enthalten.

Natürlich entwickeln sich die Möglichkeiten von KI stetig weiter. Insofern ist die Handreichung als eine Momentaufnahme anzusehen, die allerdings kontinuierlich überprüft beziehungsweise bei Bedarf vom Börsenverein angepasst wird.

Warum gibt es keine einfachere Kennzeichnung wie ein Ampel-System oder ein Siegel?

Das Thema ist hochkomplex und es gibt ganz unterschiedliche Einsatzfälle. Wurde KI nur am Rande zur Assistenz eingesetzt? Oder wurde der Text bzw. die Bildwelt durch KI bearbeitet oder sogar komplett durch KI generiert? Das macht einen Unterschied in der Bewertung, und es sollte zudem berücksichtigt werden, um welches Genre oder Format – also Sach-, Kinderbuch oder Belletristik, Print oder Hörbuch – es sich handelt.

Ein Siegel oder eine Ampel könnte all diese Schattierungen nicht abbilden. Hinzu kommt, dass ein Siegel von einer unabhängigen Stelle verifiziert werden müsste. Und wäre bei der Ampel dann ein komplett KI-generierter Inhalt immer gleich rot – also tunlichst zu meiden und per se schlechter als Menschengemachtes?

Wir glauben, dass jeder Verlag sich dazu individuell positionieren muss – und haben uns deswegen gefragt: Wie können wir die jetzige Situation als Chance für Verlage und Buchhandel erschließen, um ihre Kompetenz in Qualitätssicherung und Beratung zu stärken und herauszustellen? Jeder Verlag steht in der Verantwortung, seine eigene Haltung zur Nutzung von KI zu entwickeln. Wir wollen dabei mit der Handreichung bestmöglich unterstützen – durch geteiltes Know-how, Offenheit für individuelle Lösungen und so, dass am Ende möglichst gut zu verstehen ist, was in der Publikation drinsteckt.