Interview zum Jahreswechsel (5): Markus Renk, Wagner'sche Buchhandlung

"Wir sehen uns als 'Cirque du Soleil' des Buchhandels"

10. Dezember 2021
von Sabine Cronau

Österreich ist noch bis zum 13. Dezember im Lockdown. Wie kommt die Wagner'sche Universitätsbuchhandlung in Innsbruck durch diese Zeit? Und wie plant sie für das drohende Pandemie-Jahr 2022? Geschäftsführer Markus Renk über Optimismus, Einschränkungen, Emotionen.

Die Wagner’sche hatte gerade ihr Veranstaltungsgeschäft wieder hochgefahren, dann kam die vierte Corona-Welle - und der Lockdown in Österreich. Wagen Sie sich trotzdem an eine Programmplanung für 2022?
Natürlich, wir geben hier nicht auf! Veranstaltungen sind für uns sehr wichtig, in "normalen" Jahren machen wir alleine in Innsbruck über 50 Veranstaltungen und holen zum Beispiel Autoren wie T. S. Boyle nach Tirol. Veranstaltungen helfen uns, die Stellung als die literarische Buchhandlung zu untermauern. Daher werden wir optimistisch in die Planung gehen und wenn nötige wieder kreativ werden, sollten diese in anderer Form über die Bühne gehen müssen.

Eine leere Buchhandlung im Weihnachtsgeschäft: Wie fühlt sich das an? Und wie entwickelt sich der Umsatz?
Es tut weh! Wir sind aber optimistisch, dass wir auch bei einem verkürzten Weihnachtsgeschäft die fehlenden Umsätze wettmachen können. Wir sind mit einem ordentlichen Polster in den Lockdown gegangen, dies hilft natürlich! Auch können wir über unsere Webshops - alle Filialen betreiben einen eigenen Shop, was gerade in diesen Zeiten wichtig ist - die Umsatzrückgänge weitgehend abfedern. Wenn man sich es genau ansieht, fehlen uns nur die Nonbook-Sortimente und die Lieferungen an die Institutionen und Bildungshäuser. Ich gehe daher optimistisch in die letzten Weihnachtstage!

Wir haben den Umsatz in unseren Webshops seit Beginn der Corona-Krise verachtfacht - und vier neue Standorte eröffnet.

Markus Renk, Geschäftsführer der Wagner'schen, Innsbruck

Buchhandel ohne Einschränkungen: Wird das 2022 wieder möglich sein? Und wie bereiten Sie sich vor, wenn es anders kommt als gedacht?
Ich denke, dass wir auch 2022 mit Einschränkungen leben müssen, die Devise ist daher auch 2022 das Beste aus der Situation zu machen. In jeder Krise stecken auch Chancen! Wir konnten zum Beispiel unseren Webshop-Umsatz seit Corona verachtfachen. Unser Shop ist inzwischen regional verankert, dies hätten wir mit viel Marketinggeld so wohl nicht hingebracht. Auch konnten wir seit Beginn der Pandemie vier neue Standorte öffnen (etwa in der Altstadt von Innsbruck, mehr dazu hier, und zuletzt die Buchhandlung Leporello, mehr dazu hier).

Hat Corona Ihre Buchhandlung und Ihr Geschäftsmodell nachhaltig verändert?
Eigentlich nicht wirklich! Wir versuchten schon vor Corona mit Emotion zu punkten. Ich habe immer gesagt, wir sehen uns als "Cirque du Soleil" des Buchhandels, wir laden den Buchhandel mit unseren Serviceleistungen emotional auf. Dies hat sich auch in der Krise bewährt. Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brennen für das Produkt Buch, so wie ich, das spürt der Kunde.

Ihr größter Wunsch an das kommende Jahr?
Ich sehe derzeit eine große Spaltung in der Gesellschaft. Ich würde mir wünschen, dass die Leute möglichst etwas entschleunigen, mache Dinge etwas gelassener sehen, mehr das Positive beachten. Trotz Pandemie geht es den meisten von uns sehr gut. Am besten ginge das, wenn man viele tolle Bücher liest!

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