Massive Kritik an Kulturkahlschlag beim BR

"Ein Sender ist keine Marmeladenfabrik"

4. August 2023
von Börsenblatt

Jetzt laufen auch bayerische Verlage und das PEN Zentrum Deutschland Sturm gegen die massiven Kürzungspläne bei den ARD-Rundfunkanstalten. Der Bayerische Rundfunk will am liebsten alle seine Kultursendungen streichen – das sorgt für Empörung.

Ein Radiostudio mti Mikrofon - darüber ein dickes rotes X

Kultur steht bei den Öffentlich-Rechtlichen Sendern seit Jahren auf den Streichlisten

PEN-Zentrum Deutschland mit massiver Kritik

Wie das Börsenblatt unter Berufung auf den PEN Berlin bereits berichtete, will der BR all seine Kulturformate restlos streichen:  „kulturWelt“, „Diwan: Das Büchermagazin“, „2Kulturjournal: Kritik Dialog Essay“, „Nachtstudio“, „radioTexte – die Lesungen“ sowie Hörspiele in Eigenproduktion sollen künftig der Vergangenheit angehören.

Mit markigen Worten geißelt das PEN-Zentrum Deutschland die Sparpläne, denen ab April 2024 sieben Stunden Kultursendungen pro Woche zum Opfer fallen sollen.

„Einzelbeiträge zu Kulturthemen sollen, über den Tag verstreut, in dreistündige Magazine eingespeist werden. Zu befürchten ist, dass Lesungen, Kommentare, Feuilletons und Essays damit ganz aus dem Programm verschwinden bzw. auf Sendezeiten nach 20 Uhr fallen, also dann, wenn im BR die sechsstelligen Hörerzahlen auf unter 10.000 sinken und die Kulturwellen aller Sendeanstalten künftig nur noch ein ARD-Mantelprogramm senden. Eine solche „Weichenstellung“ bedeutet de facto, dass die Kultur aufs Abstellgleis geschoben und zum reinen Nischenprodukt verkommt“, erläutert das PEN-Zentrum und kommt zum Schluss „Für Leser und Hörerinnen wäre Zentralisierung eine fundamentale Verarmung der Informations- und Meinungsvielfalt. Für Buchhändlerinnen und Verleger hieße es weniger Platz für ‚ihre‘ Bücher, für Kritiker und Autorinnen eine massive Einschränkung an Aufträgen! Und erlaubt sei die Frage: Wären die Feuilletons der FAZ, der SZ, der ZEIT überflüssig, weil es die taz gibt?“

Um bei den ARD-Rundfunkanstalten zu sparen, regt das PEN-Zentrum an, bei den Gehältern in den Chefetagen eine „drastische Reduzierung“ vorzunehmen, auch was zusätzliche materielle Leistungen angeht. Außerdem sollen unabhängige Expert*innen zur Kostenkontrolle der Anstalten herangezogen werden.

Umfrage der "Abendzeitung"

  • Gleichzeitig hat sich die „Abendzeitung“ unter Münchner Buch- und Verlagsmenschen umgehört. Zitiert werden u.a. Hanser-Verleger Jo Lendle: „Wer Kultur kürzt, schadet dem Land“.
  • Buchhändlerin Regina Moths attestiert den Entscheidungsträger*innen ein „ungebremstes Desinteresse an sorgfältig abgewogener und kenntnisreicher Kulturberichterstattung“.
  • Alltira-Verleger Alexander Strathern sprach von einer „Katastrophe und einem weiteren Nackenschlag“ für die Kulturbranche.
  • Piper-Verlegerin Felicitas von Lovenberg sprach von einer „Hiobsbotschaft“ und einem „Armutszeugnis, dass diejenigen, die über solche kulturellen Kahlschläge entscheiden, offenbar selbst nicht zum Zielpublikum der Sendungen gehören“.

Das Netzwerk der deutschen Kultur-Rundfunkräte unterstrich in einem Positionspapier den festgesetzten Auftrag der Rundfunkanstalten, bei dem Kulturvermittlung an erster Stelle genannt wird.