"Ein Meister der kleinen Form"

Ulrich Weinzierl ist tot

16. Januar 2023
von Börsenblatt

Am 13. Januar ist in Wien der Germanist und langjährige Kulturkorrespondent von "FAZ" und "Welt", Ulrich Weinzierl, gestorben. 2001 war er mit dem Alfred-Kerr-Preis für Literaturkritik ausgezeichnet worden.

Ulrich Weinzierl

Seine Spezialität war die sogenannte kleine Form - Glossen, Literatur- und Theaterkritiken. 2001 wurde Ulrich Weinzierl mit dem Alfred-Kerr-Preis für Literaturkritik ausgezeichnet. "Mit Geist, Witz, Stil und herausragender Sachkenntnis gibt er der Kritik ein Beispiel", hieß es in der Begründung für die vom Börsenblatt ausgelobte Auszeichnung. "Was von ihm weiterlebt", schrieb Weinzierl einst über den Kritiker Alfred Polgar, "ist seine Kunst zu formulieren, und wer ihn zitiert, der gesteht, sich für einen bestimmten Sachverhalt keine bessere, treffendere oder entlarvendere Ausdrucksweise vorstellen zu können. Er schrieb für Zeitungen, von Phrasen umgeben, mit ihnen jonglierend, sie zerlegend, sie neu belebend - und in seinen besten Sätzen brachte er das Wort zu sich selbst." Nichts anderes gelte für Ulrich Weinzierl, so Zsolnay-Verleger Herbert Ohrlinger.

"Die Nachricht von Ulrichs Tod ist ein Schock", sagt Ohrlinger, "wir kannten einander fast vierzig Jahre lang und waren, ich wage das zu sagen, miteinander befreundet. Er begleitete das Wohl und Wehe unseres Verlags zuerst aus professioneller Distanz, und ich empfand es als große Wertschätzung, dass ich dann seine Bücher verlegen durfte. Ulrich hätte jetzt wohl gesagt, das Ganze ist eine Frage der Sentimentalität, und dazu bekenne er sich rückhaltlos. Also: Wir haben mit ihm nicht nur einen Autor verloren, sondern einen wunderbaren Menschen und Freund."

Der Sohn der Historikerin Erika Weinzierl und des Physikers Peter Weinzierl promovierte 1977 bei Wendelin Schmidt-Dengler mit einer Arbeit über Alfred Polgar und verfasste wegweisende Bücher über Arthur Schnitzler, Hugo von Hofmannsthal und Stefan Zweig. Zuletzt edierte er 2019 eine vierbändige Ausgabe der Werke von Hermynia Zur Mühlen.

Die Zeitung "Welt" widmet ihrem langjährigen Autor einen ausführlichen, persönlichen Nachruf