Innenstadt-Studie des IFH Köln

Passanten würden Innenstädte selten weiterempfehlen

8. Februar 2023
von Börsenblatt

Für Innenstädte vergeben die Besucher:innen durchschnittlich die Schulnote 2 minus, eine leichte Verbesserung der Note gegenüber früheren Bewertungen. Weiterempfehlen für einen Besuch wollen aber nur rund die Hälfte der Befragten die Innenstädte. Das ermittelte die Studie "Vitale Innenstädte 2022" des IFH Köln.

Mit der Studie "Vitale Innenstädte 2022" hat das IFH Köln zum fünften Mal die Attraktivität deutscher Stadtzentren untersucht. In ihren Ortsgrößenklassen schneiden Leipzig, Erfurt, Göttingen, Goslar und Warburg am besten ab, durchschnittlich kommen die Städte aber knapp auf eine gute Bewertung (2,5). Insgesamt hat sich die Bewertung im Laufe der letzten Jahre damit stetig verbessert: So lag die Durchschnittsnote für die Gesamtattraktivität deutscher Innenstädte 2016 noch bei 2,7 – im Jahr 2018 bei 2,6.

Frequenzen noch unter Vor-Corona-Niveau

Die Besucherfrequenzen in den Citys hätten nach den Einbußen in den ersten Jahren der Coronapandemie wieder zulegen können, erreichen aber noch nicht wieder das Niveau von 2019. Einkaufen sei dabei weiter Besuchsmotiv Nummer eins. Doch würden zunehmend auch andere Besuchsgründe in den Vordergrund rücken – in besonderer Weise gelte dies für gastronomische Angebote.

Das zeige sich auch an den Verbesserungswünschen der Passant:innen:

  • Innenstädte sollen ein Begegnungsort sein und zum Verweilen einladen (45 Prozent),
  • aber auch Shoppingangebote (43 Prozent)
  • und Kunst- und Kultur (36 Prozent)
  • sowie Gastronomie (35 Prozent)

sind laut der Befragten wichtige Ansatzpunkte, um Städte attraktiver zu gestalten.

Würden Sie ihre Innenstadt weiterempfehlen?

"In Zeiten von Inflation und wachsendem Onlinehandel brauchen wir eine neue Währung zur Bewertung und Einordnung deutscher Innenstädte – und zwar die Bereitschaft, den Besuch einer Innenstadt als Gesamterlebnis weiterzuempfehlen", so Boris Hedde, Geschäftsführer des IFH KÖLN. "Leider sehen wir das aktuell zu selten." Die Weiterempfehlung sei die härteste und natürlichste Wertschätzung einer Stadt und müsse zunehmen – deutschlandweit.

Die Mehrzahl der deutschen Städte schneide beim Faktor Weiterempfehlung schlecht ab:

  • In rund jeder zweiten Stadt (53 Prozent) überwiegt die Anzahl derer, die die Innenstadt nicht weiterempfehlen würden.
  • Nur jede vierte Stadt (24 Prozent) kann sich über eine hohe Weiterempfehlungsrate ihrer Innenstadt freuen.
  • Tendenziell empfehlen Ältere die von ihnen besuchten Innenstädte eher als Jüngere.

Die wichtigsten Einflussfaktoren auf die Weiterempfehlung sind laut Erhebung an erster Stelle Aufenthaltsqualität, Ambiente und Flair sowie Stadtgestaltung und touristische Attraktivität. Es folgen der Erlebniswert und das Einzelhandelsangebot.

"Die Einflussfaktoren auf die Weiterempfehlung müssen konsequent in den Blick genommen und Maßnahmen aktiv abgeleitet werden. Um unsere Cities lebendig und zukunftsfit zu machen, gilt es, Besuchsanlässe für jegliche Altersklassen und Besuchergruppen – sowohl für die lokale Bevölkerung als auch für auswärtige Besucher:innen – zu schaffen. Erfreulicherweise unterscheiden sich die Erwartungshaltungen der verschiedenen Zielgruppen nicht grundlegend, müssen aber dennoch mit anderen Schwerpunkten ausgestaltet werden", resümiert Markus Preißner, wissenschaftlicher Leiter am IFH KÖLN.

Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), sagt: "Der Einkauf ist nach wie vor der mit Abstand wichtigste Grund für einen Innenstadtbesuch. Das macht deutlich, dass der Einzelhandel bei Bemühungen zur Belebung von Stadtzentren immer als ganz wesentlicher Akteur vor Ort einbezogen sein muss. Gleichzeitig ist die niedrige Weiterempfehlungsrate bei Innenstädten ein besorgniserregendes Signal. Daraus folgt, dass dringend mehr und zielgenauere Maßnahmen für attraktive Innenstädte notwendig sind."

Zur Studie

Wie steht es um deutsche Innenstädte? Was motiviert Besucherinnen und Besucher zu einem Innenstadtbesuch – insbesondere nach dem Einschnitt durch die Coronapandemie? Diese und weitere Fragen stellt das IFH KÖLN in der alle zwei Jahre erscheinenden Untersuchung "Vitale Innenstädte", für die zwischen Mitte September und Mitte November 2022 rund 69.000 Passant:innen in 111 deutschen Innenstädten aller Größenordnungen interviewt wurden. Die Studie "Vitale Innenstädte 2022" beleuchtet auch erstmalig Einflussfaktoren auf die Weiterempfehlungsbereitschaft deutscher Innenstädte.