Auszeichnung des deutschen PEN-Zentrums

Kesten-Preis an Irena Brežná

17. August 2021
von Börsenblatt

Die Autorin Irena Brežná erhält den mit 10.000 Euro dotierten Hermann Kesten-Preis 2021 des deutschen PEN-Zentrums. Neben ihr werden auch Günter Wallraff und Lina Attalah nachträglich geehrt.

"Literatur als politisches Statement"

Ralf Nestmeyer, Vizepräsident des deutschen PEN-Zentrums, sagt in der Mitteilung zur Preisvergabe: "Mit Irena Brežná ehren wir nicht nur eine Schriftstellerin, deren Werk durch die eigenen Migrationserfahrungen geprägt ist, sondern vor allem eine engagierte Autorin, die sich Zeit ihres Lebens unermüdlich für Gerechtigkeit und Freiheit eingesetzt und den Dissidenten und Verfolgten in Osteuropa eine Stimme gegeben hat. Mit ihren eigenen Texten kämpfte sie beharrlich gegen das Gebot des Schweigens und des Nichthandelns. Literatur als politisches Statement, sprachbewusst und sprachmächtig zugleich."

Hessens Kunst- und Kulturministerin Angela Dorn ergänzt: "In Irena Brežnás Texten finden viele Kulturen zueinander, messen sich, vergleichen sich miteinander. Die Mitgliedschaft bei Amnesty International hat ihre Denk- und Schreibweise tief geprägt. Sie reist mit wachen Augen durch die Welt, sucht den Kontakt zu Überlebenskünstlerinnen, Kriegsopfern und Kriegsherren, prangert Unrecht an und gibt den Verfolgten in ihren Büchern und Artikeln eine Stimme. Sie schreibt gegen Ungerechtigkeit, Gewalt und das Vergessen an. Ihr Engagement beinhaltet mehr als das, was im journalistischen Beruf, auch im Kriegsjournalismus, üblich und alltäglich ist. Das macht sie zu einer sehr würdigen Hermann-Kesten-Preisträgerin – und zu einer Frau, von der wir lernen können, kritisch Stellung zu nehmen."

Zur Preisträgerin

Irena Brežná wurde 1950 in Bratislava geboren. Nach der Okkupation der Tschechoslowakei 1968 emigrierte sie mit den Eltern in die Schweiz und fand Zuflucht in einer neuen Sprache. An der Universität Basel schloss sie ihr Studium in Slawistik, Philosophie und Psychologie ab. Sie arbeitete als Journalistin für deutschsprachige Medien, als Kriegsreporterin und Schriftstellerin. Zudem war sie Psychologin, Dolmetscherin, Russischlehrerin, Menschenrechtlerin und humanitäre Helferin.

Brežná engagierte sich für die Solidarność-Bewegung in Polen. Im Rahmen von Amnesty International unterstützte sie Dissidenten im Ostblock, begann journalistisch zu arbeiten und erste Bücher zu veröffentlichen.

1988 gelang ihr die Verschiffung von über 10.000 gesammelten Büchern aus der französisch-sprachigen Schweiz (Weltliteratur, Grammatiken, Geographie- und Geschichtsbücher etc.) nach Guinea, um dort für die Bevölkerung eine Bibliothek zu eröffnen.

Irena Brežná ist Autorin von zehn Büchern, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden, und erhielt zwölf Preise für Publizistik und Literatur, in Deutschland, der Schweiz und der Slowakei, u.a. den "Zürcher Journalistenpreis", zweimal den "EMMA-Journalistinnenpreis" und den "Theodor-Wolff-Preis". Für ihren kontrovers aufgenommenen Roman "Die undankbare Fremde" über die eigene Emigrationserfahrung sowie die heutiger Flüchtlinge und Arbeitsmigranten wurde sie sowohl mit dem "Slowakischen Literaturpreis Dominik Tatarka" wie auch 2012 mit dem "Schweizer Literaturpreis" ausgezeichnet. Ihr letztes Buch "Wie ich auf die Welt kam. In der Sprache zu Hause" erschien 2018 beim Rotpunktverlag in Zürich.
 

Preisverleihung: Irena Brežná, Günter Wallraff und Lina Attalah werden geehrt

Die Verleihung des Preises findet am 18. November um 18.30 Uhr im Staatstheater Darmstadt statt. Neben der aktuellen Kesten-Preisträgerin werden auch Günter Wallraff (Hermann Kesten-Preisträger 2020) sowie die Chefredakteurin Lina Attalah mit ihrer ägyptische Online-Zeitung "Mada Masr" (Hermann Kesten-Förderpreis 2020) geehrt. Durch den Abend führt der Publizist und Philosoph Michel Friedman.

Zum Preis

Der Hermann Kesten-Preis würdigt Persönlichkeiten, die sich im Sinne der Charta des internationalen PEN in besonderer Weise für verfolgte und inhaftierte Schriftsteller und Journalistinnen einsetzen. Zu den bisherigen Preisträgerinnen und Preisträgern gehören Günter Grass, Anna Politkowskaja, Liu Xiaobo, Can Dündar und Erdem Gül, Gioconda Belli sowie Philippe Lançon.

Erstmals im Jahre 2000 stiftete das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst ein Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro. Der Hermann Kesten-Förderpreis, welcher alle zwei Jahre verliehen wird, ist mit 3.000 Euro dotiert, die ebenfalls vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst bereitgestellt werden. Weitere Informationen: www.pen-deutschland.de/de/kesten-preis/