Meinungsfreiheit

Kesten-Preis an Meena Kandasamy

19. September 2022
von Börsenblatt

Die Dichterin Meena Kadasamy aus Indien erhält den Hermann Kesten-Preis des deutschen PEN 2022. Das Preisgeld wurde dieses Jahr vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst auf 20.000 Euro, also um das Doppelte, erhöht. Der Förderpreis geht an das Portal „Weiter Schreiben“ für Literat:innen aus Krisengebieten.

Meena Kandasamy

Meena Kandasamy ist eine furchtlose Kämpferin für Demokratie und Menschenrechte, für das freie Wort und gegen die Unterdrückung von Landlosen, Minderheiten und Dalit in Indien; keine ‚Ms Angenehm‘, eher eine ‚Ms Militancy‘, wie eines ihrer Bücher heißt“, so Cornelia Zetzsche, Vizepräsidentin des deutschen PEN-Zentrums. „Mit Empathie, analytischer Schärfe und literarischem Furor fährt sie durch patriarchale, feudale Strukturen und benennt in Reden und Schriften Gewalt gegen Frauen, Folgen eines ungezügelten Kapitalismus und ein Massaker an Bauern in Südindien.“

1984 in Chennai (damals Madras)/ Tamil Nadu geboren, kommt Meena Kandasamy aus einer Dalit-Familie. Die Eltern waren Akademiker, aber als Kastenlose der Diffamierung und Benachteiligung ausgesetzt. Das hat die Tochter geprägt.

Ihre Romane erzählen von politisch-historischen und zugleich höchst aktuellen Ereignissen. Mit „Ayaankali“ übersetzte sie den oppositionellen Aktivisten und Dalit-Führer Thirumavalan aus Tamil Nadu ins Englische, später auch tamilische Dichterinnen, die – wie sie – gegen die Unterdrückung von Frauen, gegen Ausbeutung, gegen Klasse, Kaste und Rassismus kämpfen.

Meena Kandasamy ist eine wortgewandte Schriftstellerin, Übersetzerin und Herausgeberin der englischsprachigen Zeitschrift „The Dalit“, Feministin und Aktivistin für Rede- und Pressefreiheit. Lange wohnte sie in London, jetzt lebt sie wieder in Indien. Auf Deutsch liegen ihre Bücher bei CulturBooks und Wunderhorn vor: „Schläge. Ein Porträt der Autorin als junge Ehefrau“ (2020) und „Reis und Asche“ (2016).

Förderpreis für das Projekt „Weiter Schreiben. jetzt“

Die literarische Plattform bietet in Deutschland lebende Autor:innen aus Kriegs- und Krisengebieten eine Perspektive, weiter zu schreiben und gelesen zu werden. In Tandems mit deutschsprachigen Kolleg*Innen veröffentlichen sie Lyrik, Prosa und Briefwechsel, organisieren Begegnungen verschiedenster Art, auch Veranstaltungen. Gegründet wurde die Initiative 2017, künstlerisch geleitet wird es von der Autorin Annika Reich und der Literaturwissenschaftlerin Ines Kappert. Entstanden sind ein Printmagazin, einen Podcast, ein Hörbuch und eine Anthologie mit dem Titel „Das Herz verlässt keinen Ort, an dem es hängt“.

„Aus einem Projekt für Geflüchtete wurde „Weiter Schreiben“ über die Jahre zu einem spannenden, nachdenklichen, berührenden, interkulturellen Austausch, der die bundesrepublikanische Wirklichkeit weitet. Das zivilgesellschaftliche Engagement für verfolgte Autor*innen motiviert, hinterfragt Klischees, öffnet Fenster in die Welt“, heißt es in der Jurybegründung. Der Förderpreis ist mit 5.000 Euro dotiert.

„Meena Kandasamy und die Organisation ,Weiter Schreiben‘ sind sehr würdige Preisträgerinnen des Hermann Kesten-Preises und des Hermann Kesten-Förderpreises sowie eine unschätzbare Bereicherung der Literaturlandschaft“, so die hessische Kunst- und Kulturministerin Angela Dorn.

Der Hermann Kesten-Preis würdigt Persönlichkeiten, die sich im Sinne der Charta des internationalen PEN in besonderer Weise für verfolgte und inhaftierte Schriftsteller und Journalistinnen einsetzen. Zu den bisherigen Preisträgerinnen und Preisträgern gehören Günter Grass, Anna Politkowskaja, Liu Xiaobo, Can Dündar und Erdem Gül, Gioconda Belli sowie Philippe Lançon.

Die Verleihung der Preise findet am 15. November um 19 Uhr in den Kammerspielen des Staatstheaters Darmstadt statt.