Interview zum Lizenzgeschäft bei C.H.Beck

"Asiatische Sprachen nehmen bei uns wieder mehr Raum ein"

21. Oktober 2023
von Sabine Cronau

Wie entwickelt sich das Lizenzgeschäft? Das haben wir Lizenzexpertinnen im Vorfeld der Messe gefragt - als die Zahlen der Lizenzumfrage 2022 erschienen sind. Susanne Simor von C.H.Beck über "Preempt"-Deals mit China und den Erfolg von Uwe Neumahrs "Schloss der Schriftsteller".

Porträtfoto Susanne Simor

Susanne Simor

Die Buchmesse hält immer auch positive Überraschungen bereit, denn zum Glück ist unser Metier nie ganz im Voraus kalkulierbar.

Susanne Simor, Foreign Rights Director bei C.H.Beck

2022 haben deutsche Verlage durch das einbrechende Russland-Geschäft und die Corona-Beschränkungen in China deutlich weniger Lizenzvereinbarungen abgeschlossen – minus 14 Prozent laut Lizenzumfrage des Börsenvereins. Wie läuft der Lizenzhandel bei Ihnen?

Bei uns zeichnet sich, was China betrifft, dieses Jahr wieder eine deutliche Zunahme an Abschlüssen ab. In den vergangenen Wochen haben uns sehr viele Anfragen aus China erreicht. Bis August haben wir heuer 12 Abschlüsse mit chinesischen Verlagen tätigen können, davon waren zwei Abschlüsse sogar Preempt-Deals, deutlich noch vor Erscheinen der deutschen Originalausgaben.

Dabei ging es um recht ambitionierte Projekte, wie zum Beispiel "Empires" von Ulrike von Hirschhausen und Jörn Leohnhard - eine Globalgeschichte mit immerhin 736 Seiten.

Die jeweiligen Abschlüsse mit China liegen zwar nicht so hoch wie in besten Vor-Corona Jahren, als es beispielsweise möglich war, mit einem einzigen Abschluss eine Summe von 60.000 Dollar an Vorauszahlung zu kassieren, fallen aber doch ins Gewicht und erfreuen auch unsere Autoren.

Auch mit Korea und Japan konnten wir wieder mehr Abschlüsse erzielen als im Vorjahr, das heißt der asiatische Sprachraum insgesamt nimmt im Lizenzgeschäft bei uns wieder mehr Raum ein.

Die meisten Abschlüsse für Uwe Neumahrs "Schloss der Schriftsteller" kamen über Auktionen zustande, weil in fast allen Sprachgebieten mehrere Konkurrenten das Buch akquirieren wollten.

Susanne Simor

Waren andere internationale Lizenzpartner 2022 eher vorsichtig – angesichts steigender Druckkosten und der unsicheren weltpolitischen Lage? Und zeigt sich hier im ersten Halbjahr 2023 eine gewisse Entspannung, sprich steigendes Interesse?

Selbstverständlich macht sich die verunsichernde aktuelle politische Situation auch im Lizenzgeschäft bemerkbar, aber mit international attraktiven Titeln konnten wir die allgemeine Vorsicht auch mal überwinden.

Für Uwe Neumahrs sehr erfolgreichen Titel "Das Schloss der Schriftsteller", der gerade in fünf Sprachen übersetzt wird, konnten wir in diesem Jahr die italienischen und niederländischen Rechte zu durchaus attraktiven Konditionen verkaufen.

Auf vielen Märkten gab es für diesen Titel großes Interesse, denn noch vor Erscheinen der jeweiligen Ausgaben erhielt das Buch hervorragende Besprechungen im Times Literary Supplement und im Corriere della Sera. Die meisten Abschlüsse kamen über Auktionen zustande, weil in fast allen Sprachgebieten mehrere Konkurrenten das Buch akquirieren wollten.

"Kant" von Marcus Willaschek ging für eine Vorauszahlung in fünfstelliger Größenordnung an Harvard University Press.

Susanne Simor

Welches war Ihr umsatzstärkster Deals der vergangenen Monate?

Unser umsatzstärkster Preempt -Deal war ein englischer Abschluss über "Kant" von Marcus Willaschek. Das Buch ging für eine fünfstellige Vorauszahlung an Harvard UP. Einen anderen attraktiven Abschluss konnten wir für diesen Titel über die holländischen Übersetzungsrechte tätigen.

Gibt es auch Lieblingsdeals oder Abschlüsse, die Sie überrascht haben?

Ich freue mich immer besonders, wenn es uns gelingt, den hiesigen Erfolg unserer Titel ins Ausland zu exportieren, was nicht immer einfach ist - zumal bei Titeln, die sich thematisch sehr auf Deutschland beziehen.

So habe ich mich sehr darüber gefreut, dass wir für unseren Bestseller "Die Moskau-Connection. Das Schröder-Netzwerk und Deutschlands Weg in die Abhängigkeit" von Reinhard Bingener und Markus Wehner immerhin zwei Abschlüsse erzielen konnten, einen polnischen und einen schwedischen.

Außerdem freue ich mich sehr über ein gewisses internationales Revival unseres Philosophen Günther Anders, dessen Schriften im Zuge der bedrohlichen politischen Gesamtlage international attraktiver werden. Drei seiner Titel konnten wir jüngst in die Türkei verkaufen.

Wir hoffen sehr, in Frankfurt möglichst viele Lizenzpartner für Friedrich Lengers Buch "Der Preis der Welt. Eine Globalgeschichte des Kapitalismus" zu finden.

Susanne Simor

Das Agentenzentrum auf der Frankfurter Buchmesse war schon lange vorher ausgebucht. Ein gutes Vorzeichen fürs Lizenzgeschäft?

Wir haben im Herbstprogramm heuer einen deutlichen Schwerpunkt auf deutsche Geschichte und Politik, was den Verkauf im Ausland nicht gerade erleichtert.

Kurz vor der Buchmesse ist allerdings auch unser Titel "Der Preis der Welt. Eine Globalgeschichte des Kapitalismus" von Friedrich Lenger erscheinen, der auch international viel Anklang finden sollte, und wir hoffen sehr, möglichst viele Lizenzpartner dafür in Frankfurt zu finden.

Die Buchmesse hält immer auch positive Überraschungen bereit, denn zum Glück ist unser Metier nie ganz im Voraus kalkulierbar.

Nutzen Sie das neue Publishers Rights Centre (PRC), das in Frankfurt direkt neben dem LitAg liegt – als Forum für Lizenzmanager:innen aus den Verlagen?

Wir sind erleichtert darüber, wieder an unserem sehr attraktiv gestalteten Stand in Frankfurt arbeiten zu dürfen, denn dort ist eine Vielzahl unserer Neuerscheinungen vorrätig, auf die wir im Gespräch jederzeit zugreifen können.