Gastspiel von Vito von Eichborn

Bücher zu den Möbeln!

29. Juli 2021
von Börsenblatt

Vito von Eichborn hat neulich in einem Prospekt des Einrichtungshauses XXXLutz geblättert. Dabei hat er ein Produkt vermisst, für das doch (nicht nur) Regale wie gemacht scheinen. Vorschläge zur Nachbesserung.

Sehr geehrte Herren Geschäftsführer des Möbelhauses XXXLutz!

Sie haben mehr als 25 000 Mitarbeiter in 320 Filialen und machen bereits über fünf Milliarden Euro Umsatz – aber ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen, wie Sie den noch steigern können. 

Sie ließen mir in meine ja rundherum kluge »Süddeutsche« einen Prospekt legen. Neugierig blätterte ich durch die 20 Seiten – und fand irgendwo hinter knallrotem Preis und Prozenten versteckt ein einziges kleines Regal, in dem tatsächlich ein paar Bücher standen. In einer Wohnwand hinter einer Glastür fanden sich fünf weitere, jedoch offensichtlich Blindbände. 

Auf Ihrer Website desgleichen – überall stehen locker mal Teller, Vasen, es gibt viel freien Raum (den hätte ich gern) und ein Häufchen Bücher auf einem Sideboard, mit dem Cover nach unten, der Rückenzeilentypo zufolge aus den 50er / 60er Jahren. Vom Flohmarkt? Sogar unter dem Stichwort »Bücherregale« finden sich kaum ebensolche und wenn, dann manche Titel mehrfach, Blindbände oder offensichtlich Titel, die wenig Farbe auf dem Rücken, aber die gleiche Höhe haben mussten.

Meine Herren, Sie legen doch sonst so viel Wert auf perfekte Details – pardon, das mit den Büchern bei Ihnen ist liebloser Pfusch. Es stimmt ja, sogenannte Bildungsbürger stehen nicht mehr hoch im Kurs. Aber ich möchte Sie höflichst darauf hinweisen: Davon gibt es immer noch Millionen! Und auch wenn Ihnen Bildung ja rundherum egal sein kann – viele von diesen Bildungsbürgern haben richtig Kohle. 
Meine Anregung nun: Wenn Sie Ihre Kunden ernst nehmen, die tatsächlich liebevoll Bücher lesen, dann lassen Sie doch Ihre Läden und Prospekte gründlich kuratieren, vielleicht von einer Buchhändlerin? Ich schwöre, wenn das Publikum sich ein wenig wiederfindet, sich in Ihrer Werbung wohnlicher fühlt, werden Ihre Möbel ihm sympathischer. Und in einem Wohnzimmer ohne Bücher fällt einem doch gleich Elke Heidenreichs Spruch ein: »Wer nicht liest, ist doof.«

Sie haben bei XXXLutz jährlich hundert Abiturienten in der Fortbildung und tausend Azubis. Was sollen die angesichts dieser Ignoranz von ihrem Arbeitgeber denken? In Ihren Büroeinrichtungen, sogar auf dem Nachttisch am Superboxspringbett würden sich ausgewählte Bücher gut machen. Und nicht zuletzt im Kinderzimmer! Haben Sie mitbekommen, dass der Kinderbuchmarkt wächst? Wollen Sie die Lesenden unter diesen zukünftigen Möbelkunden mit Nichtachtung strafen? Glauben Sie mir (und dies sei auch ein Hinweis an Ihre offenbar lesemäßig unterentwickelte Marketingabteilung): Lesende Eltern sind eine großartige Zielgruppe. 

Immer noch über die Hälfte der Deutschen liest Bücher – okay, mehr oder weniger häufig. Es gibt fast drei Millionen immatrikulierte Studenten, darunter vermute ich sowohl Lutz-Kunden wie Bücherleser, die Regale nicht für Vasen brauchen. Und wenn Sie das immer noch nicht überzeugt – die Statis­tik beweist: Wer nicht liest, ist gestresster, verdient weniger, erkrankt eher an Alzheimer und gefährdet seine Beziehung. Denken Sie auch an sich selbst!

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