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Von Königen und Kriegern

26. Oktober 2020
von Marcus Schuster

Souveränität kann man lernen, sagt die Personalentwicklerin Walburga Ludwig. Ihr »Souveränitäts-Code« arbeitet mit sieben Archetypen, die jeder in sich trägt und deren sinnvolle Kombination uns selbstbewusst auftreten lässt, wenn wir sie bewusst wahrnehmen.  

Viele Menschen kennen das Gefühl: Die besten Argumente fallen einem immer erst nach dem Kundengespräch oder der Diskussion mit dem Chef ein. In Ihrem Buch »Einfach souverän werden« (Haufe) zeigen Sie, wie jeder selbstbewusstes Auftreten lernen kann. Wirklich jeder?
Ja. Wir haben einen feinen inneren Seismografen, der uns sehr schnell sagt, wenn wir uns nicht souverän fühlen. Allein dieses Gefühl setzt die meisten in Bewegung, es bei der nächsten Gelegenheit besser zu machen.

Sie haben einen »Souveränitäts-Code« entwickelt, der mit sieben Archetypen nach Vorbild des Psychologen Carl Gustav Jung arbeitet: vom König und der Königin über Krieger und Kriegerin bis zu Heiler und Heilerin. Wie funktioniert das?
Die Archetypen und die ihnen zugeschriebenen Eigenschaften sind nicht nur starke Bilder, sie sind als menschheitsübergreifende Erfahrung in jedem Einzelnen von uns angelegt, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung. Souverän ist man vor allem dann, wenn man alle sieben Aspekte je nach Situation variabel ausleben kann. Man kann lernen zu spüren, welcher Archetypus gerade gefragt ist beziehungsweise am ehesten zum selbst gesteckten Ziel führt. 

Also sind die lauten Kollegen, die in der ersten Reihe stehen, nicht unbedingt immer die erfolgreicheren?
Nein. Jeder Mensch kann seine eigene Souveränität finden, abseits von dem gesellschaftlichen Bild, das wir gemeinhin von Souveränität haben. Auch wer auf ruhige Art agiert und nicht sofort aus der Hüfte schießt, kann Souveränität ausstrahlen.

Wie erleben Sie Souveränität bei Führungskräften in diesen ungewissen Zeiten?
Führung und überhaupt berufliche Kommunikation entwickeln sich gerade wie unter einem Brennglas. Es gibt Personen, die werden durch die Krise noch souveräner, sie wachsen quasi über sich hinaus. Andere laufen irritiert durch die Gegend oder ziehen sich zurück. Das Bild, wie Souveränität gelebt – oder eben nicht gelebt – wird, kommt aktuell sehr scharf rüber.

Sie schreiben: »Je mehr die funktionale Macht der persönlichen Autorität weicht, desto größere Bedeutung bekommt eine souveräne Persönlichkeit.« Heißt das, dass sich in virtuellen Arbeitsbeziehungen erst die wahre Führungsstärke zeigt?
Führungssituationen ändern sich durch Corona massiv. Normale Führungsmittel wie bisher, egal ob hierarchisch oder kooperativ, stehen derzeit nicht im gewohnten Rahmen zur Verfügung. Deshalb kommt es nun auf die persönliche Souveränität an, Irritationen für sich zu registrieren und ohne Vorwürfe neue Wege zu gehen. Es geht darum, die Art des Kontakts neu aufzubauen und die bisher übliche Großraumbeschallung in eine neue Form der Fürsorge umzuwandeln. In vielen Unternehmen sind Einzelrücksprachen wieder das Mittel der Wahl. Führungskräfte können sich jetzt nicht mehr nur auf das Fachliche konzentrieren, sondern müssen menschliche Führungsaspekte mit reinnehmen – und dafür braucht es eine ganz andere Art der Ansprache auf den digitalen Plattformen. Übrigens betrifft Souveränität nicht nur das Individuum, sondern es gibt auch so etwas wie Teamsouveränität oder die Souveränität einer Organisationseinheit – auch diese werden gerade bei vielen Unternehmen neu sortiert.

Souveränität betrifft nicht nur das Individuum, sondern es gibt auch so etwas wie Teamsouveränität.  

Walburga Ludwig