Kolumne von Sarah Omphalius

Wie geht bewerben in der Buchbranche?

18. Juni 2021
von Börsenblatt

Es gibt sehr viele Ausbildungswege, die in die Buchbranche führen können. Für Studierende sind Erfahrungen durch Praktika, Projektarbeiten und Nebenjobs besonders wichtig. Doch welche Kriterien muss ein gelungenes Bewerbungsschreiben erfüllen, um die Chancen auf eine solche Gelegenheit in der deutschen Buchbranche zu erhöhen?

Von Coaches und Karriere-Websites wird Bewerber*innen immer geraten, den Lebenslauf so kurz wie möglich zu halten. „Der Personaler nimmt sich höchstens 10 Sekunden für deine Bewerbung Zeit. Wenn er dann nicht sieht, was er möchte, kommt deine Bewerbung sofort in den Papierkorb! Um Gottes Willen, verschreck ihn nicht mit einer zweiten Seite!“ ist ein Rat, den ich bereits mehrfach erhalten habe. Ebenso sieht es bei Zertifikaten aus. „Bloß nicht mit mehr Papier belasten, lieber warten, bis der Personaler danach fragt.“ Auch beim Motivationsschreiben, wird zu einem „Key-word-Anschreiben“ geraten, dass möglichst viele Schlüsselbegriffe aus der Stellenausschreibung enthält.

Standartisierter Lebenslauf oder individuelle Bewerbung?

Deshalb war ich erstaunt, als sich Dagmar Flesch vom Arena Verlag, in einem Gespräch sehr deutlich gegen diese standardisierten Bewerbungen aussprach. Die Normierung führt nicht zwangsläufig zu besserer Vergleichbarkeit der Bewerbungen, sondern zu allgemeiner Ratlosigkeit. „Die Bewerber*innen erscheinen uns alle völlig gleich. Wie sollen wir da herausfinden, wer wirklich zu uns passt.“, erklärt Frau Flesch.

Es ist leicht nachzuvollziehen, woher diese Diskrepanz stammt. Größere Verlage arbeiten vor allem in den USA zunehmend mit schwacher KI, um die Bewerbungen vorzusortieren. Diese Technologien bevorzugen genormte Bewerbungsschreiben. Sie vergleichen zum Beispiel, wie oft Wörter aus der Stellenausschreibung auch im Motivationsschreiben vorkommen, um die Kompatibilität der Bewerber*innen zu prüfen.

Diese Vorgehensweise ist auch in Deutschland, wenn auch nicht im Verlagswesen, in einigen Branchen schon Alltag. Da das Bewerbungscoaching in der Regel nicht branchenspezifisch durchgeführt wird, kommt es zu diesen für den Bedarf der deutschen Verlage nicht unbedingt passenden Aussagen.

Die Normierung führt nicht zwangsläufig zu besserer Vergleichbarkeit der Bewerbungen, sondern zu allgemeiner Ratlosigkeit.

Branchenbezogene Hilfestellung

Die Buchbranche in Deutschland lebt von Projektarbeit, Austausch mit Selbstständigen, etc. Es ist quasi systemimmanent, dass man viel Erfahrung durch Praktika und Messejobs sammelt und zu Beginn der Berufslaufbahn häufiger den Arbeitsplatz wechselt. Die dort erworbenen Fähigkeiten könnten genau für die aktuell angestrebte Stelle wichtig sein. Deshalb sollte man sich nicht kleinlichst daranhalten, seinen Lebenslauf auf eine einzige Seite zu begrenzen. Wichtiger ist sicherlich, eine zielgerichtete Auswahl zu treffen. Sind die gemachten Erfahrungen eine sinnvolle Basis für den angestrebten Job? Wenn das zutrifft, darf der Lebenslauf durchaus auch mal zwei Seiten lang sein. Wichtig ist bei der Bewerbung, die eigenen individuellen Stärken in den Vordergrund zu stellen.

Die Buchbranche bietet dabei auch Hilfestellungen. So gibt es häufig die Option der Initiativbewerbungen. Einerseits bestätigt das, meiner Meinung nach, ebenfalls den Wunsch nach Individualität beim Bewerbungsverfahren. Andererseits machen Firmen und Verlage in diesem Zusammenhang genauere Angaben zu den Inhalten, die sie bei einer Bewerbung nicht missen möchten. An solchen Leitfäden kann man sich auch bei Bewerbungen auf konkrete Stellen orientieren. Auf der Website der Börsenvereinsgruppe wird zum Beispiel außerdem der weitere Bewerbungsprozess in ihren Unternehmen beschrieben.

Man sollte sich nicht kleinlichst daranhalten, seinen Lebenslauf auf eine einzige Seite zu begrenzen.

"Mit einer großen Portion Wissensdurst und Leidenschaft"

Der mediacampus frankfurt gibt sogar Kurse zum Thema. Die Referentinnen Judith Hoffmann und Elena Appel empfehlen, bei einem einseitigen Anschreiben vor allem darauf zu achten, Parallelen zwischen bisheriger Erfahrung und der neuen Tätigkeit herzustellen. Dabei handele es sich auf keinen Fall um einen ausformulierten Lebenslauf, sondern das Schreiben soll Soft Skills indirekt beschreiben und vor allem die eigene Motivation zeigen.

Mir hat besonders gut die Empfehlung von Elena Appel, Referentin Weiterbildung beim mediacampus und Referentin Berufsbildung beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels, gefallen: „Lassen Sie sich nicht unterkriegen, nicht jede Bewerbung muss erfolgreich sein. Bleiben Sie dran und trauen Sie sich, sich bei den Jobs zu bewerben, auf die Sie wirklich Lust haben. Mit einer großen Portion Wissensdurst und Leidenschaft, kann man sich durchaus auch auf eine Stellenausschreibung bewerben, bei welcher man auf den ersten Blick nicht alle Kriterien zu 100% erfüllt.“

Unsere Kolumnistin

Sarah Omphalius ist 22 Jahre alt und studiert seit 2018 Buchwissenschaft und Komparatistik an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Während eines Auslandssemesters an der Universidad Complutense de Madrid verschaffte sie sich außerdem Einblicke in den Studiengang der Mediendokumentation. Sie engagiert sich aktiv bei den Jungen Verlags- und Medienmenschen. Dort moderiert Sarah Omphalius inzwischen das Team des jährlich stattfindenden Weiterbildungstags.