Ticker zur Buchmesse

So lief der zweite Fachbesucher-Tag

17. Oktober 2019
von Börsenblatt
"Werden Mensch und Roboter letztlich verschmelzen?" und "Wie kann man erwünschtes Verhalten hervorrufen?" sind nur zwei Fragen, die uns am zweiten Fachbesucher-Tag der weltgrößten Bücherschau beschäftigt haben.    
9.00 Uhr 

Der Tag und unser Live-Ticker startet mit einem kleinen Rückblick auf den gestrigen Abend. Jakuta Alikavazovics Roman „Das Fortschreiten der Nacht“ ist der Gewinnertitel für Hauptpreis und Melusine-Huss-Preis der Hotlist. Nils Kahlefendt war bei der Preisverleihung durch den unermüdlich erfindungsreichen Verein Hotlist dabei. Hier können Sie seinen Bericht lesen

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9.15 Uhr

Auch unser erstes Video ist inzwischen fertig. Florian Valerius hat gestern den Börsenblatt Young Excellence Award 2019 erhalten.

9.30 Uhr

"70 Jahre Porsche Sportwagen" - so heißt ein Buch, das die Edition Porsche Museum mit nach Frankfurt gebracht hat. Auf 303 Seiten wird die Geschichte der Marke aus Zuffenhausen vorgestellt, die die Autowelt seit Jahr und Tag absorbiert. Der Mythos Porsche wird in Halle 4.1 J 109 aber noch ganz anders lebendig: mit einem echten Porsche 911 Carrera RS 2.7, Baujahr 1972.  

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10.10 Uhr

Werden sich Mensch und Roboter lieben und letztendlich verschmelzen? Der russische Digitalkünstler Sargon Khinoev beschäftigt sich mit dem Diskurs des menschlich-technischen Verhältnisses und versucht, die Erotik zwischen Mensch und Roboter aus den Fesseln der Utopie zu befreien. Mehr dieser bewegten und bewegenden Bilder gibt es in Halle 4.1 bei The Arts+.

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10.20 Uhr

Erwünschtes Verhalten hervorrufen: Dafür gibt es mehrere sogenannte Behavioral Design Methoden, etwa das Hostile Design (feindseliges Design). So setzt der Londoner Stadtteil Camden Stahlstacheln ein, um Obdachlose vom Schlafen an öffentlichen Plätzen abzuhalten. "Das kann man nicht machen", "Das sollte man so machen" - auf der Buchmesse können Besucher ihre Meinung dazu abgeben, in Halle 4.1 bei The Arts+. 

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11.10 Uhr 

Über 30 Gemeinden versorgt der Bücherbus der norwegischen Provinz Oppland im Normalfall. Für den Ehrengast-Auftritt hat er auf der Agora halt gemacht - mit dabei: allerhand Märchen und Lesungen für Kinder.

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11.30 Uhr

Singular Plurality − das ist das Motto von Kanada, dem Buchmessegastland 2010. Die Gespräche mit Kanada würden seit 1990 laufen, sagte Messedirektor Juergen Boos bei der ersten PK des Gastlands im Pavilion, 30 Jahre später sei es nun schon so weit. 200 Werke kanadischer Autoren sollen bis zur nächsten Buchmesse ins Deutsche übersetzt sein, kündigte die Gastlandverantwortliche Caroline Fortin an. Schönster Programmpunkt: Musik von der Cellistin Chris Derksen (siehe Foto).

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12.00 Uhr

Großes Besucherinteresse an der Retail Stage zum Thema Nachhaltigkeit in der Buchproduktion: Auf dem Podium Ernst Gugler (Geschäftsführer Gugler), Markus Hatzer (Verleger Löwenzahn), Dr. Nadja Kneissler (Delius Klasing Verlagsleitung Buch) und Stefanie Langner (Herstellungsleiterin S. Fischer) gaben die Diskussionsteilnehmer Einblicke, wie das Thema das Arbeiten in ihren Häusern verändert hat. Langner erzählte, S. Fischer setzt den Fokus auf die Reduzierung von CO2-Emissionen und habe bereits CO2-Einsparungen verzeichnen können. Der Löwenzahnverlag machte einen umfassenden Relaunch und produziert alle Titel klimapositiv nach dem Ökodruck-Standard Cradle to Cradle bei der Druckerei Gugler. Nicht nur das Drucken ist bei Gugler umweltschonend: das Gebäude ist fast vollständig aus recycelten oder abbaubaren Materialien gebaut, es gibt einen Gemüsegarten und Schafe. Bei Delius Klasing sei einiges im Wandel seit der Produktion eines Titels in Zusammenarbeit mit Fridays for future, so Kneissler. Keine internen Flüge mehr, Jobräder und verschiedene andere Maßnahmen wurden eingeführt. 

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12.30 Uhr

Ravensburger legt um 9,7 Prozent zu: Die Ravensburger AG stellt sich neu auf und wächst im Kinder-und Jugendbuchmarkt: Vorstandsvorsitzender Clemens Maier und sein Team gaben heute Morgen aktuelle Zahlen bekannt.

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12.40 Uhr

Klein, schwarz, praktisch: Den Hauptpreis des NONBOOK AWARDs der Frankfurter Buchmesse erhielt in diesem Jahr das kleinste Produkt unter den Anwärtern: der Magnetbildhalter Pop Up Frame. Hier stellen wir den Sieger ausführlicher vor.

13.00 Uhr 

Falafel, Flammkuchen, asiatisch oder italienisch? Mittagspause auf der Messe. Die Sonne blinzelt durch die Wolken, da macht das Schlangestehen Spaß. Nette Gespräche mit den anderen Hungrigen inklusive. 

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13.05 Uhr 

Menschen mit schwarzen und gelben aufgespannten Regenschirmen auf der Agora - obwohl es nicht regnete? #FreeTheWords stand auf einem Spruchband einer kleinen Rednerrampe. Es handelte sich um eine Mahnwache für die Meinungsfreiheit. Die Teilnehmer drückten ihre Solidarität mit der Hongkonger Freiheitsbewegung aus und forderten die Freilassung des schwedisch-Hongkonger Autors, Verlegers und Buchhändlers Gui Minhai, der vor fünf Jahren in China verschleppt wurde.

Erfreulich war der große Presseandrang, darunter auch etliche TV-Teams. Neben Alexander Skipis sprachen Lam Wing Kee (Hongkonger Buchhändler im Exil), Friedenspreisträger Liao Yiwu (als dessen Übersetzer fungierte sein Freund, der taiwanesische Botschafter in Deutschland) und Jennifer Clement (Präsidentin des PEN International). Clement las eine Grußbotschaft von Gui Minhais Tochter Angela vor, die sich für die Unterstützung in ihrem Kampf um ihren Vater bedankte ("It means so much to me"). Bewegende Momente

Die Mahnwache sollte ein Zeichen setzen für alle, so Alexander Skipis, "die drangsaliert werden oder in Gefängnissen sitzen, nur weil sie ihre Meinung gesagt haben". Er fand auch kritische Worte in Richtung Bundesregierung, diese solle ihre Wirtschafts- und Außenpolitik überdenken, den Menschenrechten oberste Priorität zuordnen. 
Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Amnesty International, die European and International Booksellers Federation (EIBF), die International Publishers Association (IPA), das PEN-Zentrum Deutschland und PEN International hatten die Veranstaltung organisiert. mg

13.10 Uhr

Großer Andrang auch beim Podium „Buch | Lesen | Digital. Die neue Allianz“ im Forum Börsenverein -  moderiert von Börsenblatt-Chefredakteur Torsten Casimir.
Wie hat sich Lesen in den vergangenen 20 Jahren verändert, fragte Casimir in die Runde bestehend aus Sascha Lobo, Gerhard Lauer (Uni Basel), Elisabeth Niggemann (Deutsche Nationalbibliothek) und Thomas Rathnow (Random House).

  • Das Lesen auf dem Smartphone hat wesentlich zugenommen, die digitale Ungeduld verändert die Wahrnehmung und das Schreiben selbst.
  • Das klassische Schreiben ist auf dem Rückzug, auch auf Kosten der Substanz.

Sascha Lobo kritisierte die Preispolitik der Verlagebei digitalen Formaten. Junge Menschen, die man für das Medium Buch gewinnen möchte, könnten mit den Preisvorstellungen der Verlage nichts anfangen. Für den Preis eines E-Books könnten sie sich fünf tolle Game-Apps kaufen.

Das Potenzial fürs Lesen ist riesig, sagte Gerhard Lauer: Junge Menschen lesen mehr digital als ältere in Print. Thomas Rathnow verteidigte das Geschäftsmodell des Publikumsverlags. Man helfe Autoren, Erlöse zu erzielen. Das Verhältnis Print - Digital liege bei 80 zu 20 - auch in den USA (ohne Preisbindung).
Elisabeth Niggemann beobachtet das veränderte Nutzungsverhalten in den wissenschaftlichen Bibliotheken: Viele kämen, um dort zu arbeiten, auch ohne Bücher. Die Aufenthaltsqualität werde wichtiger. Sascha Lobo versteht sich bei aller Kritik auf die Vermarktung seines neuen Printbuchs „Realitätsschock“: ein geheimes 11. Kapitel kann man per QR-Code im Netz aufrufen. Mit diesem Code geht Lobo auch über die Messe: auf seinem Rücken.
Eine großartige Runde, der man viele Fortsetzungen wünscht. 

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13.50 Uhr

No seat for all asses: Die Anti-Apartheidsbank, gebaut von Frankfurter Schülern. Steht auf der Freifläche. csch

15.40 Uhr 

Im Vorfeld der bundesweiten Woche der unabhängigen Buchhandlungen (2. -11. November) haben die Sortimenter  ihr Lieblingsbuch gekürt: Delia Owens "Der Gesang der Flusskrebse" (hanserblau). hc

16.05 Uhr

"Ein großes Plädoyer fürs Lesen und fürs gedruckte Buch": So beschrieb Andreas Platthaus (F.A.Z.) heute auf der Buchmesse den gerade bei Herder erschienenen Band "Welt bleib wach". Herausgeber Michael Busch (Thalia) erläuterte kurz die aktuelle Situation: "Leser gehen uns verloren - nicht weil das Buch schlecht ist, sondern weil es eine hohe Konzentration erfordert. Dagegen erzählt "Welt bleib wach" von sehr persönlichen Erfahrungen. Vier der 38 Autoren waren in Frankfurt zugegen:

  1. Julia Becker, Verlegerin der Funke Media Gruppe und Enkelin von Jakob Funke: "Das Buch hat den großen Vorteil, dass man sich auf eine Diskussion einlässt, sich Zeit nimmt. Kinder werden durch das Buch in Welten eingeführt, die ihnen vorher verschlossen waren."
  2. Der Islamwissenschaftler Ralph Gabhdan ("Ich habe erst durch Bücher die Welt entdeckt; mit Comics hat es im Internat angefangen. In Deutschland ist die Möglichkeit zu lesen unbegrenzt, in Bibliotheken gibt es alles") wies auf die Unterschiede zu arabischsprachigen Ländern hin, in denen man nicht so auf das Copyright achte: "Kaum ist ein Buch erschienen, stehen die Texte schon im Netz."
  3. Und Joachim Lux, Intendant des Thalia-Theaters in Hamburg: "Die Lektüre mit einem physisch vorhandenen Buch ist etwas ganz anderes als mit einem digitalen Text."
  4. Michael Busch berichtete, wie er als Kind Karl May gelesen hatte: "Wenn man wenig Geld hat, ist das eine gute Möglichkeit, in die Welt zu kommen." Was Busch mit Hinblick auf das Buch und die Lektüre betonte: "Egal, was Du liest - es muss Dir Spaß machen."

hc

16.30 Uhr

Alumni Treffen beim Börsenblatt Young Excellence Award. Zum ersten Mal hat ein Speedmeeting mit den Nominierten aller Jahrgänge stattgefunden. Mit dabei waren auch die Young Talents aus anderen Ländern - zum Beispiel aus den Niederlanden und den USA. Wiederholung garantiert im nächsten Jahr! kuv

17.20 Uhr

Um den "Remissionswahnsinn" − und Wege zu einem effizienten Warenfluss dreht es sich auf einem Podium der Publishing Services & Retail Stage. Thilo Schmid, Geschäftsführer Vertrieb und Marketing bei Oetinger, stellt ein Modell vor, dass seine Verlagsgruppe ab Januar 2020 einsetzt. Die Eckpunkte:

  • Oetinger erhebt keine Bearbeitungsgebühren mehr bei Remissionen − solange Handelsvertrteter die Buchhandlungen besuchen dürfen.
  • Alle Titel unter 10 Euro Ladenpreis können "körperlos" remittiert werden.
  • Im Gegenzug soll es Oetinger die Möglichkeit haben, "Schnellschüsse" unverlangt zuzusenden.
  • Remittenden können gebündelt über die VVA zurückgeschickt werden.

Mit in der Runde diskutierten die Buchhändlerin Iris Hunscheid (Vorsitzende IG Unabhängiges Sortiment), Michael Kursiefen (Schweitzer Fachinformationen; Sprecher der IG Pro) und Solvey Munk (Umbreit, Geschäftsleitung Vertrieb). Die Fragen stellte Christina Schulte, stellvertretende Chefredakteurin des Börsenblatts.  Alle waren sich einig, dass man die Remissionen senken, das Handling effizienter gestalten müsste. "Es gibt viele Stellschrauben, an denen wir zum Nutzen aller drehen könnten", erklärte Iris Hunscheid. Michael Kursiefen verwies auf das Remissionspapier der IG Pro, darin sei "alles gesagt", es müsse nur umgesetzt werden. Munk appellierte daran, bei jeder Remission genau hinzuschauen, ob sie nötig sei. mg

18.50 Uhr

Stand-Party am Börsenverein: So voll war es noch nie! Musik und Getränke stimmen, beim Tanzen würde noch mehr gehen. kuv

21.21 Uhr
Der Ticker endet heute an dieser Stelle, weil die Redaktion jetzt feiern geht: Beim Pop-up-Empfang feiern alle mit, von der Autorenstiftung Frankfurt bis zur Zürcher Hochschule für Künste, von den BücherFrauen zum Wallstein Verlag, von MVB bis S. Fischer und viele mehr! Für 50 Euro gibt es Schild und Bierkiste - mehr braucht es nicht, wo Buchmenschen feiern wollen. 

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