Mara-Cassens-Preis 2016

Katharina Winkler gewinnt mit "Blauschmuck"

13. Dezember 2016
Redaktion Börsenblatt
Für ihren Debütroman "Blauschmuck" (Suhrkamp) erhält Katharina Winkler den "Mara-Cassens-Preis für den ersten Roman" 2016 des Literaturhauses Hamburg. Die Auszeichnung ist mit 15.000 Euro dotiert.

Die Preisträgerin wurde von einer ehrenamtlichen Leserjury aus 15 Mitgliedern des Literaturhaus e.V. bestimmt. Gelesen wurden 57 Romandebüts, die in 43 Verlagen erschienen sind. Wegen der mutigen Themenwahl und der stimmigen Sprache sei die Juryentscheidung auf "Blauschmuck" von Katharina Winkler gefallen, informiert das Literaturhaus Hamburg.

Der Roman erzählt auf knapp 200 Seiten die Lebensgeschichte der Ich-Erzählerin Filiz Lale und eröffne ein Panorama unterdrückter Frauen. Der titelgebende "Blauschmuck" sei ein Bild für die Überlebensstrategien der misshandelten Ehefrauen und ein Beispiel für die poetisierte Sprache. Gezeigt werde eine Realität, in der Vergewaltigungen, Schläge und psychische Gewaltausübung akzeptiert sind. "Filiz wächst mit ihren Eltern und neun Geschwistern in einem kurdischen Dorf in der Türkei auf. Mit zwölf Jahren verliebt sie sich in den wenig älteren Yunus, sie träumen von einem Leben im Westen. Gegen den Willen ihres Vaters heiraten sie. Fern der eigenen Familie werden Freiheitsträume zerschlagen: Gemeinsam mit ihren drei Kindern ist sie der physischen und emotionalen Brutalität ihres Mannes und ihrer Schwiegermutter ausgesetzt", so das Literaturhaus. Doch nach einer Eskalation der Gewalt gelinge Filiz die Befreiung aus körperlicher und psychischer Abhängigkeit. Winkler arbeitete zehn Jahre an ihrem Debüt, das auf wahren Begebenheiten gründet.

Aus der Jurybegründung: "Es ist Katharina Winkler perfekt gelungen, eine Sprache für das Erzählte zu finden: Die Sätze prasseln auf den Leser ein, wie vor Schlägen zuckt man vor der enorm harten Sprache zurück. Auf der anderen Seite lässt Katharina Winkler die Unbeugsamkeit und Unzerstörbarkeit von Filiz Lale sprachlich einprägsam durch eine sehr poetische Sprache fühlbar werden. Dass es Männer gibt, die meinen, Frauen in ihrer Macht fesseln zu dürfen, ist leider ein internationales und interkulturelles Problem. Katharina Winkler hat keinen Roman geschrieben gegen den Mann, die Türkei oder den Islam, sondern für die Frau. Der Roman ist ein starkes Plädoyer für Schwächere und Unterdrückte, damit fiel die Wahl hoffentlich auch im Sinne der leider verstorbenen Stifterin Mara Cassens."

Katharina Winkler wurde 1979 in Wien geboren und lebt in Berlin. Sie studierte Germanistik und Theaterwissenschaften. Sie war nominiert für den Debütpreis zum Österreichischen Buchpreis 2016 und erhielt das Literatur-Stipendium der Märkischen Kulturkonferenz für das Jahr 2017.

Die feierliche Preisverleihung findet am 10. Januar 2017 um 19.30 Uhr im Literaturhaus Hamburg statt. Die Preisträgerin sowie Holger Cassens als Vertreter der Mara und Holger Cassens Stiftung sind anwesend. Die Laudatio hält die Literaturkritikerin Sandra Kegel.

Zum Preis

Der "Mara-Cassens-Preis für den ersten Roman" des Literaturhauses Hamburg gilt als höchstdotierter Preis für einen deutschsprachigen Debütroman. Die Auszeichnung wird seit 1970 verliehen und ist der einzige Literaturpreis, der von einer Leserjury vergeben wird. Die Intention der im August 2015 verstorbenen Stifterin Mara Cassens war es, mit dem Preis Autorinnen und Autoren zu ermöglichen, "sich für eine gewisse Zeit ganz dem Schreiben zu widmen". Im Gedenken an Mara Cassens und ihr Wirken für die Literatur stiftet die Mara und Holger Cassens Stiftung den Preis weiterhin jährlich.

Preisträger der letzten Jahre sind Sarah Stricker (2013), Regina Scheer (2014) und Verena Boos (2015).