Interview mit Verleger Oliver Vogel zum Literaturnobelpreis 2025

"Es ist ein Glück für die Literatur"

9. Oktober 2025
Matthias Glatthor

László Krasznahorkai erhält den Literaturnobelpreis 2025 – auf Deutsch liegen seine Werke bei S. Fischer vor. Wir haben dem Verlegerischen Geschäftsführer Oliver Vogel dazu acht Fragen gestellt, die er schriftlich beantwortet hat.

Oliver Vogel

Dieser Autor will eine bessere Welt. Davon handelt dieses große Werk. Und erzählt davon, wie sich die Welt dabei in den Weg stellt und sich weigert, eine bessere zu werden.

Oliver Vogel, Verlegerischer Geschäftsführer von S. Fischer

Wie ist die Stimmung im Verlag?

Ganz gut, so weit. Es wurde kurz und heftig gejubelt, jetzt wird gearbeitet. Es gibt hier viel zu tun.

Hatten Sie schon Kontakt mit Ihrem Autor? Wie ist seine Reaktion auf den Literaturnobelpreis?

Klar. László Krasznahorkai war bei seinem Lektor Hans Jürgen Balmes zu Besuch, als Stockholm angerufen hat. Und ich habe mit ihm telefoniert. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob er sein Glück schon begriffen hat. Denn ja, es ist ein Glück, nicht nur für ihn, sondern für die Literatur, dass ein solches Werk gewürdigt wird.

Was besonders macht den Autor aus?

László Krasznahorkai ist vielleicht ein Extremist. Ein beeindruckender und freundlicher Extremist. Wir verstehen die Welt besser, wenn wir ihn lesen. Wir sehen sie, wie sie ist – schlimm nämlich. Aber: Wir werden freundlicher, wenn wir ihn lesen. Dieser Preis könnte insofern helfen: Es werden mehr Menschen ihn lesen und freundlicher werden. Das ist meine Hoffnung. Dass er das unterschreiben würde, bezweifle ich, so viel Einfluss würde er wohl bezweifeln – aber es würde ihn freuen, wenn es so wäre. Wenn die Freundlichkeit mehr Platz bekäme. Er bewundert die Schönheit dessen, was die Menschheit hervorbringt. Bei allem, was schief geht in dieser Welt, sagt er trotzdem: "Wenn ich wählen müsste zwischen einem Universum ohne Grundgerüst und der Menschheit als Grundgerüst, würde ich mich für die Menschheit entscheiden."

Dieser Autor will eine bessere Welt. Davon handelt dieses große Werk. Und erzählt davon, wie sich die Welt dabei in den Weg stellt und sich weigert, eine bessere zu werden. Was auf den ersten Blick aussieht wie eine Poetologie der Hoffnungslosigkeit ist für mich nichts anderes, als ein Werk der Hoffnung – auch wenn er das so wahrscheinlich nicht bestätigen würde. Es ist ein Werk, das getragen wird von einer leidenschaftlichen Sorge um die Welt. Wer wollte das in diesen Tagen nicht teilen?

Welches seiner Werke sollte man als erstes lesen?

"Herscht 07769" ist eine Blaupause der wachsenden AfD. Dass keiner was tut, dass es keiner sehen will, was da passiert, davon handelt dieses Buch.

Sind bei der Druckerei schon Nachdrucke veranlasst? Von allen oder ausgewählten Titeln Krasznahorkais?

Ja. Von allen Titeln.

Werden Sie auf den Covern einen Button zum Literaturnobelpreis anbringen?

Natürlich.

Soll der Messestand von S. Fischer auf der Frankfurter Buchmesse umgestaltet werden?

Ich weiß noch nicht, was wir genau machen, aber wir werden den Nobelpreis nicht verschweigen, denke ich.

Wird László Krasznahorkai auf die Buchmesse kommen?

Ja. Er wird am Dienstag, 14. Oktober, um 11 Uhr bei der Eröffnungspressekonferenz der Frankfurter Buchmesse sprechen.

Die Antwort auf die letzte Frage haben wir um 18 Uhr aktualisiert. Und das Interview gegenüber der ursprünglichen Fassung um zwei Fragen ergänzt.