Zwei Ereignisse fallen im Oktober im Leben von Karin Schmidt-Friderichs zusammen: Ihr halbrunder Geburtstag (sie wird am 29.10. 65 Jahre alt) und das Ende ihrer erfolgreichen Vorsteherinnenzeit unmittelbar nach der Frankfurter Buchmesse; zu beidem will ich ihr von ganzem Herzen gratulieren!
Ich kann mich noch genau an den Zeitpunkt erinnern, als mich Karin Schmidt-Friderichs am Ende meiner Vorsteherzeit Anfang 2019 angerufen hat, um herauszubekommen, was ich davon halten würde, wenn sie sich auf das Vorsteher:innenamt bewerben würde. Was für eine Frage! Ich kannte "KSF" ja schon von einigen Gremiensitzungen - sie war unter anderem Vorsitzende der Stiftung Buchkunst und Vorsitzende des Berufsbildungsausschusses. Und schon in diesen Funktionen habe ich ihre Hartnäckigkeit und Durchsetzungsfähigkeit kennengelernt, mit der sie eigene Ideen und Vorstellungen vorantreiben kann und die wichtig sind in einem solchen Amt. Als es bei den Budgetverhandlungen um Kürzungen bei der Stiftung Buchkunst ging, setzte sie ihre zwei Hauptwaffen ein, um diese zu verhindern: Intelligenz und Charme. Natürlich hat sie sich am Ende durchgesetzt, und ihr Etat blieb bestehen.
Ihrem Telefonat folgte ein Besuch in Tübingen, und hier hatte KSF einen langen Fragenkatalog dabei, den sie systematisch abarbeitete. Ich konnte ihr den einen oder anderen Tipp geben, aber vor allem konnte ich ihr klarmachen, dass es kein Dreh- oder Handbuch für ein solches Amt gibt. Jede:r Vorsteher:in prägt das Amt durch seine/ihre Persönlichkeit, und KSF hat vom ersten Tag an bewiesen, dass sie das Rüstzeug dazu mitbrachte: Klugheit, Empathie, Branchenkenntnis und ein souveränes Auftreten.
Unvergessen ihre sicheren Auftritte und einfühlsamen Reden in der Paulskirche beim Friedenspreis, ihre gelungenen Moderationen bei den Buchtagen und ihre Präsenz bei manchmal schwierigen Gremiensitzungen. Dabei war ihr Start als Vorsteherin alles andere als leicht: Kaum im Amt, war sie von den brutalen Auswirkungen der Corona-Zeit betroffen und musste in den Krisenmodus: Buchhandlungen wurden geschlossen, die Buchmessen in Frankfurt und Leipzig konnten nicht stattfinden, das Aufstellen eines ausgeglichenen Budgets bei dramatisch einbrechenden Einnahmen bei den Wirtschaftsbetrieben und im Börsenverein wurde zur Herkulesaufgabe. Dazu mussten alle Prozesse im Verband auf Ihre Tauglichkeit in Pandemiezeiten hin überprüft und teilweise geändert werden. Und die Verleihung des Friedenspreises im Jahr 2020 an Amartya Sen fand vor gespenstischer Kulisse und leeren Reihen in der Paulskirche in Abwesenheit des Preisträgers rein virtuell statt.
All diese Herausforderungen hat KSF mit Grandezza gemeistert. Sie hat den Verband und die Branche in diesen schwierigen Zeiten souverän geführt und dazu beigetragen, dass – nach Corona – der Verband wieder in ruhigeres Fahrwasser geriet. Auch wenn von Ruhe in unserer Branche angesichts der großen Aufgaben, die den Verband seit seinem Bestehen herausfordern, ja nicht gesprochen werden kann. Als erst zweite Frau an der Spitze des Börsenvereins in 200 Jahren hat KSF jetzt zusammen mit ihrem Mann Bertram beschlossen, nochmals einen neuen Beginn zu wagen und ihren Verlag zu verkaufen. Sie wird diesen neuen Lebensabschnitt mit der gleichen Leidenschaft und Hingabe wie in ihrer Vorsteherinnenzeit meistern. Sie hat den Börsenverein nach außen hin hervorragend vertreten, wir werden sie in dieser Rolle vermissen!
Wir wünschen ihr zum Geburtstag und zur neuen beruflichen Orientierung alles Gute, und die ganze Branche dankt ihr für eine besondere und gelungene sechsjährige Amtszeit!