Hörbuch und Shortforms

Social Media meets Audio

2. Dezember 2025
Redaktion Börsenblatt

Die Verschmelzung von Social Media, Shortform-Content und der Creator Economy eröffnet dem Hörbuchmarkt neue Chancen. Chiara Scherz, Product Managerin bei Fabely, analysiert diese Entwicklungen – Teil 3 der Fabely-Miniserie zum Hörbuchmarkt.

Chiara Scherz, Bookwire

Chiara Scherz

Dynamiken beschleunigen sich

Im zweiten Teil unserer Miniserie zum deutschen Audiomarkt wurde deutlich, dass insbesondere Young-Adult- und New-Adult-Titel zu zentralen Wachstumstreibern geworden sind. Dieses Wachstum wird maßgeblich von digitalen Empfehlungskulturen getragen: "Communitys wie BookTok und Bookstagram prägen diese entscheidend, indem sie Leseerfahrungen öffentlich teilen, emotional aufladen und Trends beschleunigen."

Wie stark Social Media inzwischen die Dynamiken des Buch- und Audiomarkts beeinflusst, zeigt ein Blick auf aktuelle Zahlen von TikTok und Media Control: 2024 wurden über 25 Millionen durch TikTok empfohlene Bücher in Deutschland verkauft – mehr als doppelt so viele wie 2023. Ein weiterer Hinweis auf diese Entwicklung sind die TikTok Book Awards, die in diesem Jahr zum dritten Mal im Rahmen der Frankfurter Buchmesse verliehen wurden. Sie machen sichtbar, was in den Communitys längst Alltag ist: Literatur – und zunehmend auch Audio – zirkuliert und wächst über Shortform-Content (also kurze Social-Media-Videoclips), Creator-Empfehlungen und virale Trends. Neben Young Adult und New Adult existieren auch weitere Subcommunitys, zum Beispiel für queere oder feministische Literatur und für spezifische Genres wie Sachbuch oder Thriller. Diese Vielfalt macht den deutschen Buchmarkt nicht nur lebendiger, sondern eröffnet Verlagen und Plattformen neue Möglichkeiten, gezielt unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen.

Shortform-Content als Türöffner

Für viele junge Hörer:innen ist Shortform-Content der erste Kontakt mit neuen Titeln. Kurze Clips auf Social Media können Neugier wecken, Empfehlungen authentisch transportieren und den – durchaus auch kritischen – Austausch über Hörbücher anstoßen. Besonders wirksam ist dies, weil die Empfehlungen direkt von Menschen stammen, denen ihre Community vertraut. In den letzten Jahren ist die Zahl an (Micro-)Creator:innen, die ihre Leidenschaft für (Hör-)Bücher online teilen, rasant gestiegen. Sie posten nicht nur persönliche Tipps, sondern erzählen Geschichten rund um ihre Lese- und Hörerfahrungen, diskutieren Figuren und Tropes (also wiederkehrende Erzählmuster wie "Enemies to Lovers" oder "Friends to Lovers") und setzen ganze Trendbewegungen in Gang.

(Hör-)Bücher aus der Creator Economy

Viele Content Creator:innen möchten es jedoch nicht bei bloßen Empfehlungen belassen, sondern selbst aktiv werden und (Hör-)Bücher veröffentlichen. Dabei entstehen Werke, die direkt auf die Interessen ihrer Community zugeschnitten sind. Dies beschränkt sich nicht nur auf den Sachbuchbereich, in dem persönliche Erfahrungen oder Nischenthemen aufgegriffen werden, sondern erstreckt sich auch auf die Belletristik – wie der psychologische Liebesroman "Aura" von Phia Quantius und der Romantic-Suspense-Titel "Loverboy" von Antonia Wesseling beweisen.

Mit dem Schritt von Social Media ins Buchregal stellt sich auch die Frage: Wer spricht das zugehörige Hörbuch ein? Für viele Creator:innen ist das eigene Einlesen – ganz oder teilweise – ein logischer, wenn auch anspruchsvoller nächster Schritt. Beispiele hierfür sind Tara-Louise Wittwer mit "Nemesis‘ Töchter" und Josi Wismar mit "Fractured Fates". Das Einlesen ermöglicht ihnen, der Community noch näher zu kommen und die emotionale Tonalität ihres Werkes selbst zu vermitteln. Bei anderen Werken setzen die Verlage bewusst auf professionelle Sprecher:innen, die Figuren, Erzählungen und Emotionen mit hoher stimmlicher Präzision zum Leben erwecken können – so etwa Hamid Rashid mit "Freundschaft kennt kein Alter" und Inka Lindberg mit "we fell in love in october". Diese Vielfalt zeigt: Der Audiomarkt wird in diesem Segment zunehmend flexibler.

Vom Tonstudio in die Community

Immer mehr Sprecher:innen erkennen das Potenzial von Social Media, bauen eigene Communitys auf und teilen ihre Titel sowie Ausschnitte aus dem Tonstudio. Besonders im Romance-Bereich spielt ihre Stimme eine zentrale Rolle, da sie Charaktere und emotionale Botschaften lebendig werden lassen: Videos, in denen sie Passagen einlesen und einen Blick hinter die Kulissen zulassen, steigern nicht nur die Aufmerksamkeit für das Hörbuch, sondern stärken auch die Bindung zwischen Hörer:innen und Sprecher:innen – wie dieser virale Clip aus dem letzten Jahr zeigt.

Potenziale für den Hörbuchmarkt

Diese aktuellen Strömungen der Creator Economy und des Shortform-Contents zeigen deutlich: BookTok, Bookstagram und Co. eröffnen dem Hörbuchmarkt neue Wege, Hörbücher zu entdecken, zu empfehlen und emotional zu erleben. Dadurch können neue Zielgruppen erreicht und Nischen bedient werden. Die Verbindung von Social Media, Creator Economy und Audio ist also nicht nur ein kurzlebiger Trend, sondern ein langfristiger Motor für die Weiterentwicklung der Branche.

Über die Autorin

Chiara Scherz ist Product Managerin bei Fabely. Sie verantwortet die Kommunikationsmaßnahmen und sorgt für eine konsistente sowie zielgerichtete Präsenz über alle Kanäle hinweg. Gleichzeitig behält sie die strategische Weiterentwicklung der Plattform im Blick und verbindet Marketingimpulse mit Produktperspektiven. Zuvor arbeitete sie mehrere Jahre in Social-Media-Agenturen und sammelte umfassende Erfahrungen innerhalb der Creator Economy – im Influencer Marketing, in Public Relations und zuletzt in einem Creator-Verlag.